News

BFG: Einkünfte gem Art 14 oder Art 15 DBA-FL?

Bearbeiter: Stefan Pregesbauer

DBA-FL: Art 14, 15

BGBl II 215/2001

Abstract

Das BFG hatte darüber zu entscheiden, ob ein in Österreich ansässiger Energietechniker, der ein Einzelunternehmen im Fürstentum Liechtenstein (FL) betreibt, eine selbständige Arbeit gem Art 14 DBA-FL oder eine unselbständige Arbeit gem Art 15 DBA-FL ausübt. Eine Klassifizierung als selbständige Arbeit hätte für den Bf zu einer deutlich niedrigeren Steuerlast geführt, weil das DBA-FL für diese Einkünfte die Befreiungsmethode, für Einkünfte aus unselbständiger Arbeit hingegen die Anrechnungsmethode vorsieht. Dem BFG zufolge war das liechtensteinische Einzelunternehmen des Bf kein eigenständiges Unternehmen, sondern bildete ein einheitliches Unternehmen mit einer liechtensteinischen AG. Der Bf war daher als bei dieser AG unselbständig beschäftigt iSd Art 15 DBA-FL anzusehen.

BFG 3. 10. 2023, RV/1100067/2019

Sachverhalt

Der in Österreich ansässige Bf ist im Bereich des Niedrigenergiehausbaus tätig und erstellt raumklimatische Gebäudeoptimierungen und Energiekonzepte. Der Bf betreibt dazu ein Einzelunternehmen in Liechtenstein, das hauptsächlich für die T GmbH und T AG tätig wird. An der T GmbH ist der Bf insgesamt zu 80,6 % unmittelbar und mittelbar beteiligt. An der T AG ist der Bf insgesamt zu 89,8 % unmittelbar und mittelbar beteiligt. Die Erlöse des Bf kamen dabei in den relevanten Geschäftsjahren zu 95 % bis 99 % aus Aufträgen der T GmbH und der T AG. Der Bf war außerdem als Geschäftsführer und im Verwaltungsrat der T AG tätig. Es wurde auch vertraglich festgehalten, dass die T GmbH und die T AG Büroeinrichtungen und Versicherungsschutz bei Auftragsvergaben an den Bf entgeltlos zur Verfügung stellen müssen. Laut den vertraglichen Vereinbarungen war der Bf aber weder verpflichtet Aufträge anzunehmen noch sind die T GmbH und die T AG verpflichtet Aufträge anzubieten.

Wegen der Ähnlichkeit der Tätigkeit des Bf zu der eines Ziviltechnikers, wurde seine Tätigkeit in den Jahren 2006 bis 2008 und 2011 ursprünglich als selbständige Arbeit gem Art 14 DBA-FL durch die Finanzverwaltung qualifiziert. Das Bekanntwerden dieser Unternehmenskonstruktion führte aber zu einer Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich der Feststellung der ESt durch die Finanzverwaltung.

Entscheidung des BFG

Die Ansässigkeit des Bf in Österreich und die Erzielung von Einkünften des Bf aus einer Tätigkeit im FL waren unstrittig, sodass sich das BFG vor allem damit befassen musste, ob das Einzelunternehmen des Bf ein eigenständiger Betrieb ist oder obein einheitlicher Betrieb mit der T AG vorliegt, für welche der Bf hauptsächlich tätig war. Da im DBA-FL nicht definiert wird, wann ein einheitlicher Betrieb vorliegt, ist dies nach innerstaatlichem, österreichischem Recht zu beurteilen.

Ob ein einheitlicher Betrieb vorliegt, ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen, wobei auf die Verkehrsauffassung und die Betriebsverhältnisse abzustellen ist. Es kommt insbesondere auf die organisatorische, wirtschaftliche und finanzielle Verflechtung zwischen den einzelnen Betrieben im Einzelfall an (VwGH 22. 11. 1995, 94/15/0154). Merkmale für einen einheitlichen Betrieb sind dabei insbesondere: wirtschaftliche Über- und Unterordnung zwischen den Betrieben, Hilfsfunktion eines Betriebes gegenüber dem anderen, einheitliche Betriebsanschrift sowie räumliche Verflechtung, Verwendung gleicher Rohstoffe, gleicher Anlagen und desselben Personals und einheitliches Leistungsprogramm sowie räumliche Nähe (VwGH 28. 11. 2007, 2005/15/0034).

Die T AG nimmt an Ausschreibungen teil und vergibt die Aufträge anschließend an ihre Gesellschafter, die als Einzelunternehmer tätig sind. Daher liegt eine wirtschaftliche Über- und Unterordnung zwischen den Betrieben sowie ein einheitliches Leistungsprogramm vor. Büro- und Infrastruktureinrichtungen werden dem Bf von der T AG zur Verfügung gestellt, weshalb eine einheitliche Betriebsanschrift, eine räumliche Verflechtung sowie die Verwendung gleicher Anlagen und desselben Personals bestehen. Der Versicherungsschutz durch die T AG führt dazu, dass der Einzelunternehmer abgesichert wird wie ein Dienstnehmer. Da der Einzelunternehmer keinerlei Kosten gegenüber der T AG tragen muss, hat er auch kein unternehmerisches Risiko. Das Einzelunternehmen des Bf stellt daher keinen eigenständigen Betrieb dar.

Der Bf ist daher als Arbeitnehmer der T AG zu werten, an der er wesentlich beteiligt ist. Die Aufteilung des Besteuerungsrechte der Einkünfte des Bf richtet sich nach § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Besteuerung von Einkünften der Gesellschafter-Dienstnehmer liechtensteinischer Kapitalgesellschaften. Bei Dienstnehmern von Kapitalgesellschaften ist ungeachtet einer allfälligen Beteiligung an der Gesellschaft immer Art 15 DBA-FL anzuwenden.

Es bestehen vertragliche Bestimmungen zwischen dem Bf und der T AG, in denen festgelegt wird, dass kein Dienstverhältnis zwischen dem Bf und der T AG besteht. Weiters wurde zwischen dem Bf und der T AG vereinbart, dass über alle Aufträge Einzelvereinbarungen abgeschlossen werden und, dass der Bf an keine Weisungen der T AG gebunden ist. Nach dem BFG sind diese Bestimmungen aber unbeachtlich, da der Bf in Wahrheit eine klassische Geschäftsführertätigkeit für die T AG ausgeführt hat.

Selbst wenn das Einzelunternehmen einen eigenen Betrieb darstellen würde, wäre von einem Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des privaten Rechts gem § 22 BAO auszugehen. Im Bereich dieses Tatbestandes ist die Abgabenbehörde berechtigt und verpflichtet, bei der Erhebung der Abgaben von der Gestaltung der Vertragsparteien abzugehen (VwGH 6. 11. 1991, 89/13/0093). Ein Missbrauch ist dabei eine rechtliche Gestaltung, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung findet (VwGH 18. 10. 2006, 2003/13/0031).

Im konkreten Fall ist das Einzelunternehmen des Bf nur gegründet worden, damit dieser seine Einkünfte gem Art 14 DBA-FL qualifizieren kann. Das Einzelunternehmen hatte praktisch keine Aufwendungen und der Bf ist wesentlich an der T AG beteiligt. Einziges Ziel dieser Konstruktion war die Steuervermeidung, die aber keinen Niederschlag im tatsächlichen Geschehen hatte.

Die Beschwerde des Bf wurde daher abgewiesen und seine liechtensteinischen Einkünfte gem Art 15 DBA-FL klassifiziert. Da hinsichtlich der Klassifizierung der Einkünfte als solche nach Art 15 DBA-FL in der vorliegenden Konstellation noch keine Judikatur des VwGH vorliegt, ist eine ordentliche Revision zulässig. Eine Revision wurde aber noch nicht erhoben.

Conclusio

Die Merkmale eines einheitlichen Betriebes, wie sie im konkreten Fall angewendet wurden, sind auch in der Lit anerkannt (Marschner in Jakom, EStG16 [2023] § 4 Rz 3 ff). Der VwGH ist in seiner bisherigen Rsp in zahlreichen Fällen von einem einheitlichen Betrieb ausgegangen, wenn sich Betriebe nur ergänzt haben (Marschner in Jakom, EStG16 [2023] § 4 Rz 11 mwN). Im konkreten Fall führten der Bf und die T AG aber de facto sogar dieselbe Tätigkeit aus, sodass von einem einheitlichen Betrieb auszugehen war.

Während sich der konkrete Fall auf das Verhältnis zwischen Art 14 und Art 15 DBA-FL bezieht, besteht bereits höchstgerichtliche Rsp des VfGH und des VwGH zum Verhältnis zwischen Art 7 Abs 1 und Art 14 DBA-FL. Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist eine enge Auslegung von Art 14 DBA-FL im Verhältnis zu Art 7 Abs 1 DBA-FL geboten, um den allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu verletzen (VfGH 23. 6. 2014, SV 2/2013). Der VwGH hat außerdem festgestellt, dass eine freiberufliche Tätigkeit gem Art 14 DBA-FL ihre Selbständigkeit verliert, wenn sie mit einem Gewerbebetrieb gem Art 7 Abs 1 DBA-FL in einem engen sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang steht (VwGH 4. 9. 2014, 2014/15/0001). Diese Rsp könnte auch auf den vorliegenden Fall übertragen werden, da der Bf nicht gegenüber anderen unselbständig Beschäftigten bessergestellt werden sollte und die freiberufliche Tätigkeit durch das Vorliegen eines einheitlichen Betriebes ihre Selbständigkeit verloren hat.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35098 vom 21.02.2024