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BFG: Ende der Firmenwertabschreibung für ausländische Gruppenmitglieder

Bearbeiter: Yasmin Lawson

KStG 1988: § 9 Abs 7, § 26c Z 47

Abstract

Im März 2021 ging das BFG davon aus, dass eine abstrakte Beeinflussung des Kaufpreises für die Zwecke der Übergangsbestimmung des § 26c Z 47 KStG ausreichend ist. Das hätte eine Firmenwertabschreibung de facto für alle ausländischen Gruppenmitglieder (sofern sie vor dem 1. 3. 2014 erworben und bis 2015 in die Gruppe aufgenommen wurden) zugelassen. Anders beurteilte das der VwGH im November 2022. Nun erging die erste Entscheidung des BFG auf Basis dieser höchstgerichtlichen Rsp.

BFG 22. 3. 2023, RV/2100620/2022

Sachverhalt

Die Bf ist Mitglied einer Unternehmensgruppe. In den Jahren 2005 bis 2014 erwarb eine Schwesterngesellschaft der Bf, ebenfalls ein Gruppenmitglied, diverse Auslandsbeteiligungen. Die Beteiligungen gingen im Rahmen eines Umgründungsvorgangs im Jahr 2011 auf die Bf über. Die ausländischen Gesellschaften wurden ab dem Veranlagungsjahr 2014 in die Unternehmensgruppe aufgenommen. Die Bf machte ab deren Zugehörigkeit zur Unternehmensgruppe eine Firmenwertabschreibung gem § 9 Abs 7 iVm § 26c Z 47 KStG geltend. Nach Ansicht des Finanzamts waren im vorliegenden Fall die Voraussetzungen der Übergangsbestimmung nicht erfüllt und die Firmenwertabschreibung nicht zulässig. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Bf.

Entscheidung des BFG

Gem § 9 Abs 7 iVm § 26c Z 47 KStG ist eine Firmenwertabschreibung (bzw die Verwertung noch offener Fünfzehntel) an ausländischen Gruppenmitgliedern zulässig, wenn (1) die Beteiligung vor dem 1. 3. 2014 angeschafft wurde, (2) die Körperschaft spätestens für ein Wirtschaftsjahr, das im Jahr 2015 endet, in die Gruppe einbezogen wurde und (3) sich „der steuerliche Vorteil aus der Firmenwertabschreibung beim Erwerb der Beteiligung auf die Bemessung des Kaufpreises auswirken konnte“.

Die Bf selbst räumte in ihrem Vorbringen ein, dass eine konkrete Beeinflussung des Kaufpreises im Zeitpunkt der Anschaffung der Beteiligungen nicht vorlag. Sie brachte jedoch vor, dass diese Voraussetzung im Sinne einer abstrakten Möglichkeit zur Kaufpreisbeeinflussung zu verstehen sei. Diese sei ab dem Aufkommen der unionsrechtlichen Kritik im Jahr 2006 stets als gegeben anzusehen.

Dieses Argument überzeugte das BFG nicht. Unter Verweis auf die Entscheidung des VwGH vom 17. 11. 2022, Ro 2022/15/0023 sprach das BFG aus, dass eine Firmenwertabschreibung eine tatsächlich erfolgte Beeinflussung des Kaufpreises zwingend voraussetze.

Diese Voraussetzung sei auch nicht unionsrechtswidrig: § 26c Z 47 KStG sei eine bloße Vertrauensschutzregelung. Zwar dürfe eine Vertrauensschutzregelung nicht dazu führen, dass der Erwerb von Auslandsbeteiligungen schlechthin ausgeschlossen werde – das sei jedoch aufgrund des Kriteriums der „tatsächlichen Auswirkung auf den Kaufpreis“ gerade nicht der Fall. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH sei daher nicht notwendig.

Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen und, soweit ersichtlich, auch nicht erhoben.

Conclusio

Während die ersten beiden Kriterien des § 26c Z 47 KStG eindeutig sind, war es lange unklar, inwieweit sich eine potentielle Firmenwertabschreibung überhaupt auf den Kaufpreis von ausländischen Beteiligungen ausgewirkt haben konnte, die vor dem 1. 3. 2014 angeschafft wurden. Die Unionsrechtswidrigkeit der Einschränkung der Firmenwertabschreibung auf inländische Gesellschaften wurde schließlich erst am 6. 10. 2015 durch den EuGH in der Rs Finanzamt Linz, C-66/14 festgestellt.

Das BFG hatte § 26c Z 47 KStG im März 2021 noch weit ausgelegt: Nach damaliger Ansicht des BFG stellt der Wortlaut der Bestimmung auf eine abstrakte Möglichkeit einer Kaufpreisbeeinflussung ab, die aufgrund der unionsrechtlichen Bedenken fast immer gegeben war (BFG 19. 3. 2021, RV/7103647/2019). Anders beurteilte der VwGH kürzlich diese Fragestellung: Unter Verweis auf die Gesetzesmaterialien sah er in § 26c Z 47 KStG eine streng auszulegende Vertrauensschutzbestimmung (siehe Scharizer, 4. 3. 2023, LexisNexis Rechtsnews 33818). Dieser Würdigung schloss sich das BFG nun in seiner jüngsten Entscheidung an.

Ob eine solche Auslegung des § 26c Z 47 KStG, wie vom BFG behauptet, tatsächlich unionsrechtskonform ist, scheint zumindest zweifelhaft. Denn eine tatsächliche Auswirkung auf den Kaufpreis der Firmenwertabschreibung zu einem Zeitpunkt zu verlangen, zu dem diese für ausländische Gesellschaften schlicht nicht zustand, schließt diese faktisch zur Gänze vom Anwendungsbereich der Vertrauensschutzbestimmung aus.

Mit dieser Entscheidung ist jedenfalls die weite Auslegung des BFG in der Entscheidung vom 19. 3. 2021 als überholt anzusehen und eine Firmenwertabschreibung für ausländische Gesellschaften in den allermeisten Fällen unzulässig.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34164 vom 21.06.2023