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BFG erneut zur Qualifikation von Steuerberatungskosten bei Selbstanzeige als Sonderausgaben

Bearbeiter: Michael Hubmann

EStG 1988: § 18 Abs 1 Z 6

Abstract

Nach einer aufhebenden Entscheidung durch den VwGH hatte das BFG nunmehr zu entscheiden, in welchem konkreten Ausmaß ein abgabenrechtlicher Vertreter eines Vereins Steuerberatungskosten, die im Zuge einer Selbstanzeige für den Verein entstanden sind, in seiner eigenen Einkommensteuererklärung als Sonderausgaben gem § 18 Abs 1 Z 6 EStG geltend machen kann. Bemerkenswert ist hierbei insb der Umstand, dass die im Rahmen einer auf die Selbstanzeige folgenden GPLA angefallenen Steuerberatungskosten nicht als Sonderausgaben abzugsfähig sind. Da der VwGH hierfür keine Begründung lieferte, legte das BFG nun eine solche nach.

BFG 5. 9. 2023, RV/7102539/2023

Sachverhalt

Der Bf war von April 2016 bis Juni 2017 Präsident eines Sportvereins. Zuvor übte er von Juni 2014 bis März 2016 die Funktion des Schriftführers und ab Februar 2015 auch jene des zweiten Obmann-Stellvertreters aus. Nach den Statuten des Vereins wird dieser nach außen vom Präsidenten und vom geschäftsführenden Obmann vertreten. 2017 erstattete der Bf für sich, für vier weitere Funktionäre und für den Verein Selbstanzeige, weil an die beim Verein angestellten Sportler in den Jahren 2011‒2017 über die steuerfreien Pauschalen des § 3 Abs 1 Z 16c EStG hinaus Zahlungen geleistet worden sind, ohne dass Lohnkonten geführt wurden und die Lohnsteuer entrichtet worden wäre. Kenntnis hatte der Bf von diesen Vorgängen ab 2015. Die Tragung der Abgabenrückstände im Rahmen der Selbstanzeige wurde zwischen dem Bf und den anderen Funktionären aufgeteilt. Die durch die Selbstanzeige anfallenden Steuerberatungskosten iHv € 72.272,06 hat der Bf allein getragen. Er unternahm weder für die Abgaben noch für die ihm erwachsenden Beratungskosten Regressanstrengungen gegenüber dem Verein. Im Anschluss an die Selbstanzeige wurde beim Verein eine GPLA durchgeführt, woraus weitere Steuerberatungskosten iHv € 1.650,‒ erwuchsen. Der Bf machte sodann in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2018 € 73.922,06 an Sonderausgaben für Steuerberatungskosten iZm der Selbstanzeige und GPLA des Vereins geltend. Das FA versagte deren Abzugsfähigkeit zur Gänze, weshalb der Bf Beschwerde erhob. Das BFG sprach anschließend aus, dass die Steuerberatungskosten dem Grunde nach Sonderausgaben darstellen, die dem Bf als potenziell für den Verein Haftungspflichtigem erwuchsen (BFG 2. 8. 2022, RV/7100628/2021). Auch die Beratungskosten einer Selbstanzeige sind grundsätzlich voll abziehbar. Es könnten aber nur die Beratungskosten für den Zeitraum 2015‒2017 als eigene Steuerberatungskosten des Bf gewertet werden. Da der Bf sich zudem um keinen Regress beim Verein bemühte, ist nach Abwägung des abgabenrechtlichen Interesses als Haftender und des persönlichen Interesses am Vereinserhalt nur die Hälfte der auf die Jahre 2015–2017 entfallenden Ausgaben als Sonderausgaben abzuziehen. Somit bejahte das BFG eine Abzugsfähigkeit nur für 25,75 % des ursprünglich geltend gemachten Betrags. Die hiergegen erhobene Amtsrevision führte zur Aufhebung der Entscheidung des BFG (VwGH 28. 6. 2023, Ro 2023/13/0002). Nach Ansicht des VwGH ist zwar der Hälfteteilung zuzustimmen, nicht aber der Einschränkung auf die für den Zeitraum 2015‒2017 angefallenen Beratungskosten. Zudem müssten die im Rahmen der GPLA angefallenen Beratungskosten exkludiert werden. Das BFG hatte nun über die aufgrund der Aufhebung durch den VwGH wieder unerledigte Beschwerde erneut zu entscheiden.

Entscheidung des BFG

Aufwendungen, die dadurch veranlasst sind, dass eine Selbstanzeige samt damit verbundener Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen erstellt wird, sind als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Das hat nunmehr auch der VwGH – der Ansicht des BFG folgend – bestätigt (VwGH 28. 6. 2023, Ro 2023/13/0002, Rz 45). Das BFG hebt hervor, dass der VwGH auch der vorgenommenen Hälfteteilung im vorliegenden Fall zustimmt. Die Übernahme der Verfahrenskosten durch den Bf stellt eine Handlung dar, die zu gleichen Teilen seinem Eigeninteresse entspringt wie auch aus seiner im Gesellschaftsverhältnis als Vereinsmitglied gelegenen Stellung wurzelt. Daher ist die Abziehbarkeit auf die Hälfte der geltend gemachten Steuerberatungskosten einzuschränken. Der Ansicht des Bf, dass die Aussagen des VwGH (verweisend auf VwGH 28. 6. 2023, Ro 2023/13/0002, Rz 42) dahin gehend zu interpretieren seien, dass die gesamten Steuerberatungskosten als Sonderausgaben abziehbar sind, kann nicht gefolgt werden. Nach der Ansicht des BFG im Vorerkenntnis, sind die Ausgaben für die Selbstanzeige nur in jenem Ausmaß anzuerkennen, in dem zumindest eine grundlegende Wahrscheinlichkeit der Haftungsinanspruchnahme besteht, weshalb die Beratungskosten für den Zeitraum vor 2015 nicht anerkannt wurden. Nach der Ansicht des VwGH ist aber bereits ein hypothetisches Haftenmüssen ausreichend, weil der Ermessensspielraum der Abgabenbehörde die Einschätzung des Bf über die Wahrscheinlichkeit, in Anspruch genommen zu werden, als spekulativ erscheinen lasse. Es sind daher die Steuerberatungskosten für den gesamten Zeitraum (2011–2017) anzuerkennen.

Abzuziehen sind lediglich die Kosten der abgabenrechtlichen Betreuung des Vereins in der auf die Selbstanzeige folgenden GPLA. Wie das BFG ausführt, begründet der VwGH dies im aufhebenden Erkenntnis jedoch nicht näher (verweisend auf VwGH 28. 6. 2023, Ro 2023/13/0002, Rz 45). Die GPLA ist eine Folge der Selbstanzeige, da diese in der Regel dazu dient, seitens der Behörde die Vollständigkeit der Selbstanzeige zu überprüfen. Weshalb bezogen auf diese tatbestandswesentliche Überprüfung das eigene Rechtsschutzinteresse des potenziell Haftenden derart herabgesetzt sein sollte, dass die damit zusammenhängenden Ausgaben nicht mehr als Steuerberatungskosten abziehbar sind, ist nach Ansicht des BFG auf den ersten Blick nicht ersichtlich. Das gänzliche Abzugsverbot für die laufende Steuerberatung muss – nach Ansicht des BFG – wohl darin begründet sein, dass für laufende abgabenrechtliche Belange derjenige aufzukommen hat, dessen Abgaben betroffen sind. Der Verein hatte hinreichend finanzielle Mittel, die im Zuge der GPLA-Prüfung angefallenen Kosten iHv € 1.650,‒ selbst zu tragen. Nach Ansicht des BFG bleibt das Erkenntnis des VwGH in sich schlüssig, wenn es so verstanden wird, dass die Übernahme der GPLA-Beratungskosten durch ein Vereinsmitglied zur Gänze causa societatis erfolgt.

Im Ergebnis werden die vom Bf geltend gemachten Steuerberatungskosten daher – nach Abziehen der GPLA-Beratungskosten und Hälfteteilung – iHv € 36.136,03 als Sonderausgaben anerkannt. Die Revision wurde nicht zugelassen und soweit ersichtlich auch nicht außerordentlich erhoben.

Conclusio

Die vorliegende Entscheidung des BFG setzt im fortgesetzten Verfahren die vom VwGH im aufhebenden Erkenntnis (VwGH 28. 6. 2023, Ro 2023/13/0002) geäußerte Rechtsansicht um und erläutert, wie die Aussagen des VwGH zu interpretieren sind. Es blieb bislang mangels genauer Aufschlüsselung der Kostenzusammensetzung in den bisherigen Erkenntnissen zudem noch unklar, ob der Bf durch die Aufhebung nun eigentlich besser oder schlechter gestellt wurde als vor der Amtsrevision (vgl hierzu auch Borns/Hubmann, SWK 2023, 988 [993]). Wie sich anhand der vorliegenden Entscheidung zeigt, hat der Bf von der Amtsrevision erheblich profitiert, weil ihm nun nicht nur 25,75 %, sondern rd 48,88 % der ursprünglich geltend gemachten Steuerberatungskosten als Sonderausgaben anerkannt werden. Das BFG liefert nunmehr auch eine mögliche Begründung für die – vom VwGH ohne weitere Erklärungen vorgenommene – Exklusion der mit der GPLA in Zusammenhang stehenden Beratungskosten. Bemerkenswert ist, dass diese Begründung des BFG, wonach die Kostenübernahme im Fall der GPLA-Betreuung zur Gänze causa societatis erfolgte und deshalb nicht abzugsfähig ist, aber auch die Abzugsfähigkeit der restlichen Steuerberatungskosten in Zweifel zieht. Mangels jeglicher Regressbemühungen gegenüber dem Verein hält die Übernahme der restlichen Steuerberatungskosten nämlich keinem Fremdvergleich stand und dürfte daher ebenfalls zur Gänze causa societatis erfolgt sein.Demnach wäre die gesamte Kostenübernahme eine verdeckte Einlage, die keine Sonderausgaben iSd § 18 EStG begründen kann (s Borns/Hubmann, SWK 2023, 988 [992 f]).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34734 vom 14.11.2023