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DBA-Deutschland: Art 7, 15
Abstract
Im vorliegenden Erkenntnis ging es um einen österreichischen Arbeitnehmer, welcher innerhalb eines Jahres insgesamt weniger als 183 Tage auf einer Montagebetriebsstätte in Deutschland tätig war. Trotz mehrfacher Aufforderungen und einer erhöhten Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen, konnte kein Nachweis über das Besteuerungsrecht Deutschlands an den Lohneinkünften erbracht werden. Somit verbleibt nach Ansicht des BFG das Besteuerungsrecht an den Lohneinkünften in Österreich.
BFG 11. 7. 2024, RV/2100440/2018
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (Bf) ist ein in Österreich ansässiger Arbeitnehmer, der im Streitjahr 2013 immer wieder Dienstreisen, in Summe weniger als 183 Tage, zu einer Montagebetriebsstätte seines Arbeitgebers in Deutschland unternahm. Im Zuge seiner Arbeitnehmerveranlagung 2013 wurde der Bf dazu aufgefordert ua einen Besteuerungsnachweis aus Deutschland für sein Auslandsgehalt vorzulegen. Der Bf erläuterte daraufhin lediglich, dass bei Mitarbeitern auf Montagebetriebsstätten, die vor Ort tätig sind, von einer Kostentragung durch die Betriebsstätte auszugehen sei. Einen Nachweis, dass seine auf die deutsche Betriebsstätte entfallenden Gehaltsteile in Deutschland tatsächlich besteuert worden sind, erbrachte er jedoch nicht.
Im ergangenen Einkommensteuerbescheid führt das FA aus, dass die auf die Dienstreisen entfallenden anteiligen Lohneinkünfte im Ansässigkeitsstaat des Dienstnehmers zu besteuern seien. Art 15 Abs 2 DBA-Deutschland durchbricht das Arbeitsortprinzip durch eine Rückverweisung des Besteuerungsrechts an den Ansässigkeitsstaat. Da vom Bf kein hinreichender Nachweis erbracht wurde, dass die anteiligen Lohnkosten nicht von seinem österreichischen Arbeitgeber, sondern von einer in Deutschland gelegenen Betriebsstätte getragen wurden, behält Österreich als Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht.
Daraufhin erhob der Bf Beschwerde mit der Begründung, dass gem Art 7 DBA-Deutschland die Unternehmensgewinne, welche durch die Montagebetriebsstätte erzielt wurden, in Deutschland zu besteuern seien. Da die dadurch erforderliche Gewinnermittlung auch die Gehaltskosten beinhalte, seien diese indirekt durch die Betriebsstätte getragen worden. Auf die Frage der steuerlichen Erfassung seiner eigenen Einkünfte in Deutschland ging er nicht ein.
Aufgrund des weiterhin fehlenden Besteuerungsnachweises wurde die Beschwerde vom Finanzamt mit BVE als unbegründet abgewiesen. Daraufhin stellte der Bf fristgerecht einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das BFG.
Entscheidung
Die in Art 15 Abs 2 lit a DBA-Deutschland vorgesehene 183-tägige Schonfrist ist eine Bagatellregelung, welche dafür sorgt, dass das Besteuerungsrecht nur bei kurzen Auslandseinsätzen nicht vom Ansässigkeitsstaat auf den Tätigkeitsstaat übergeht. Zum einen ist die Nahebeziehung zum Tätigkeitsstaat bei einer kurzen Auslandstätigkeit nicht allzu groß. Zum anderen soll der Verwaltungsaufwand in Grenzen gehalten werden, da das geringfügige zusätzliche Steueraufkommen in keinem Verhältnis zum administrativen Aufwand steht. Der Tätigkeitsstaat darf nur dann sein Besteuerungsrecht auch bei kurzfristigen Aufenthalten behalten, wenn der dafür ausgezahlte Lohn den Unternehmensgewinn im Tätigkeitsstaat geschmälert hat.
Vorliegend war der Bf unstrittig weniger als 183 Tage in Deutschland auf der Montagebetriebsstätte tätig. Es handelt sich demnach nur um einen kurzfristigen Aufenthalt im Tätigkeitsstaat Deutschland, sodass das Besteuerungsrecht grds beim Ansässigkeitsstaat Österreich verbleiben würde. Aufgrund der Tragung der Vergütungen durch eine Betriebsstätte des Arbeitgebers im anderen Vertragsstaat iSv Art 15 Abs 2 lit c des DBA bleibt es jedoch grundsätzlich beim Besteuerungsrecht Deutschlands. Da der vorliegende Sachverhalt seine Wurzeln im Ausland hat, trifft den Bf allerdings eine erhöhte Mitwirkungspflicht gem § 115 Abs 1 BAO. Da er nicht nachweisen konnte, dass sein Lohn in Deutschland tatsächlich besteuert wurde, verletzte er dadurch seine Mitwirkungspflicht. Demnach kann das BFG dem Rechtsstandpunkt des FA nicht entgegentreten.
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Eine Revision gegen das Erkenntnis an den VwGH ist nicht zulässig.
Conclusio
Nach der Grundregel des Art 15 Abs 1 DBA-Deutschland (entspricht Art 15 Abs 1 OECD-MA) dürfen Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit, die ein in einem Vertragsstaat Ansässiger (Ansässigkeitsstaat) in einem anderen Vertragsstaat (Tätigkeitsstaat) erzielt, im Tätigkeitsstaat besteuert werden. Art 15 Abs 2 DBA-Deutschland (entspricht Art 15 Abs 2 OECD-MA) sieht jedoch demgegenüber vor, dass Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit nicht im Tätigkeitsstaat, sondern nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden dürfen, wenn die Nahebeziehung zum Tätigkeitsstaat, aufgrund einer nur kurzen Tätigkeit, nicht allzu groß ist (Waser in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA2 Art 15 Rz 4). Um ein ausschließliches Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates beizubehalten, müssen die Voraussetzungen des Art 15 Abs 2 OECD-MA kumulativ erfüllt werden, der Empfänger der Einkünfte darf sich demnach nicht länger als 183 Tage im Tätigkeitsstaat aufhalten (lit a) und die Vergütungen dürfen nicht durch einen im Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgeber (lit b) oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat (lit c) getragen werden. Kürzen also Lohnzahlungen über den Betriebsausgabenabzug beim (wirtschaftlichen) Arbeitgeber das Steueraufkommen des Tätigkeitsstaats, behält dieser das Besteuerungsrecht an den Lohnzahlungen bei.
Vorliegend konnte der Bf zwar nachweisen, dass sein Gehalt von der Betriebsstätte in Deutschland getragen wurde, womit das Besteuerungsrecht grds bei Deutschland verbleibt. Allerdings konnte er nicht nachweisen, dass dieses Gehalt auch tatsächlich in Deutschland besteuert wurde. Relevant ist die tatsächliche Besteuerung dabei aufgrund des Art 15 Abs 4 DBA-Deutschland (subject-to-tax-Klausel), der einer Grundlage in Art 15 OECD-MA entbehrt. Somit würden die Lohnzahlungen in Österreich nur von der Steuer befreit werden, wenn in Deutschland auch tatsächlich besteuert wurde.
Es ist infrage zu stellen, warum es im vorliegenden Fall an dem Bf lag, den Besteuerungsnachweis zu erbringen. Zwar trifft ihn aufgrund des Auslandssachverhalt nach § 115 Abs 1 BAO eine erhöhte Mitwirkungspflicht, allerdings besteht diese insoweit nicht, als internationale Amtshilfemöglichkeiten bestehen (s Ritz/Koran, BAO7 [2021] § 115 Rz 10 mwA). Da zwischen Deutschland und Österreich seit 1990 ein Amts- und Rechtshilfeabkommen (BGBl 1955/249) besteht, ist fraglich, warum das österreichische Finanzamt den Nachweis nicht selbst bei den deutschen Behörden angefragt hat, anstatt dies dem Bf aufzubürden.