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UStG 1994: § 1 Abs 1 Z 3
Abstract
Der Beschwerdeführer (Bf) verbrachte ein Fahrzeug für einen längeren Zeitraum aus der Schweiz nach Österreich, meldete dies aber nicht ordnungsgemäß bei der Grenzzollstelle an. Gem § 1 Abs 1 Z 3 UStG entsteht eine Einfuhrumsatzsteuerschuld, wenn eine Ware – wie hier ein Kfz – wegen eines Verstoßes gegen die zollrechtlichen Verpflichtungen (Art 79 Abs 1 UZK) in das Zollgebiet der Union, also über die erste innerhalb des Zollgebiets liegende Zollstelle hinaus verbracht wird. Mit der Verbringung kann auch angenommen werden, dass die Ware in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt ist und somit einem Verbrauch, daher dem mit MwSt belasteten Vorgang, zugeführt werden konnte. Der Bf hatte daher Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) für das Fahrzeug zu entrichten.
BFG 7. 5. 2024, RV/1200020/2021
Sachverhalt
Der in Großbritannien ansässige Beschwerdeführer (Bf) fuhr am 25. 2. 2020 mit seinem in der Schweiz zugelassenen Kfz zum Zweck eines Familienbesuchs nach Österreich (Ö). Eine Anmeldung zu einem Zollverfahren bei der Grenzzollstelle anlässlich der Einreise erfolgte nicht. Während einer zwischenzeitlichen Rückkehr nach Großbritannien wurde das Fahrzeug in einem Hotel in Ö abgestellt. Am 19. 5. 2020 verbrachte der Bf das Fahrzeug wieder in die Schweiz.
Entscheidung des BFG
Die Festsetzung der EUSt ist zu Recht erfolgt, weil die Einfuhr von Gegenständen nach § 1 Abs 1 Z 3 UStG ein der EUSt unterliegender steuerbarer Umsatz ist. Eine Einfuhr liegt vor, wenn ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland gelangt. Der Steueranspruch tritt zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Einfuhr des Gegenstands erfolgt (Art 70 MwSt-Syst-RL). Unterliegen die eingeführten Gegenstände Zöllen, treten Steuertatbestand und Steueranspruch zu dem Zeitpunkt ein, zu dem Tatbestand und Anspruch für diese Abgaben entstehen (Art 71 Abs 1 Unterabs 2 MwSt-SystRL). Steuertatbestand und die Entstehung des Steueranspruches der EUSt können daher mit dem Tatbestand und der Entstehung des Anspruchs bei Zöllen verknüpft werden. Deshalb kann neben der Zollschuld eine MwSt-Pflicht bestehen, wenn aufgrund eines Fehlverhaltens, das zur Entstehung der Zollschuld führte, angenommen werden kann, dass die fraglichen Waren in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt sind (EuGH 18. 1. 2024, C-791/22, Hauptzollamt Braunschweig).
Im konkreten Fall ist die Zollschuld wegen eines zollrechtlichen Fehlverhaltens nach Art 79 Abs 1 UZK entstanden, bei dem das fragliche Fahrzeug über die erste im Zollgebiet der Union liegende Zollstelle hinausgelangt ist. Damit ist gleichzeitig auch der MwSt-Anspruch entstanden (EuGH 29. 4. 2010, C-230/08, Dansk Transport og Logistik). Das Fahrzeug wurde nach Ö eingeführt und nur hier zum Zweck eines Familienbesuchs verwendet. Das Fahrzeug ist nicht in einen anderen Mitgliedstaat gelangt, insb auch nicht in den Ansässigkeitsstaat des Bf (GB).
Der Bf geht davon aus, dass es für die Entstehung der EUSt neben dem physischen Verbringen in das Zollgebiet auch eines Eingehens in den Wirtschaftskreislauf zum Verbrauch benötigt und somit das bloße Fahren mit einem Fahrzeug zu einem Ort innerhalb der Union noch nicht zur Entstehung der EUSt führen kann. Das Fahrzeug müsse dauerhaft benutzt werden oder die eingeführte Ware müsse Gegenstand einer Lieferung sein.
Diese Ansicht des Bf entspricht aber nicht der Rsp des EuGH (7. 4. 2022, C-489/20, Kauno teritorinė muitinė). Außerdem besteht bereits bei Verwendung eines unversteuerten Drittlandfahrzeuges im Zollgebiet der Union Wettbewerb mit einem in der Union versteuerten Fahrzeug. Im konkreten Fall ist das Fahrzeug iSd § 1 Abs 1 Z 3 UStG nach Ö eingeführt worden und konnte daher zu einem mit MwSt belasteten Vorgang führen. Damit ist zum Einfuhrzeitpunkt neben der Zollschuld auch die Einfuhrumsatzsteuerschuld entstanden.
Conclusio
Auf den ersten Blick mag es merkwürdig erscheinen, dass eine Person, die ein Auto nach Ö verbringt, hier im Inland mehrere Monate abstellt und dann zurück in die Schweiz bringt, EUSt entrichten muss. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der Fahrzeuginhaber gem Art 79 Abs 1 lit a UZK iVm Art 79 Abs 3 lit a UZK Zollschuldner geworden ist, weil der Fahrzeuginhaber seine zollrechtlichen Verpflichtungen verletzt hat, indem er das Fahrzeug nicht ordnungsgemäß angemeldet hat. Daran ändert auch nichts, dass für das Fahrzeug des Bf ein Präferenzzollsatz von 0 % vorgesehen ist. Nach § 26 Abs 1 UStG gelten die Rechtsvorschriften für Zölle auch sinngemäß für die EUSt. Auch der EuGH hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass die Mitgliedstaaten ermächtigt sind, den Tatbestand bei Zöllen mit dem Steuertatbestand der EUSt zu verknüpfen (EuGH 8. 9. 2022, C-368/21, Hauptzollamt Hamburg; 18. 1. 2024, C-791/22, Hauptzollamt Braunschweig; je mwN). Somit ist im konkreten Fall neben der Zollschuld auch die Einfuhrumsatzsteuerschuld entstanden.
Rsp des VwGH bezüglich der EUSt in vergleichbaren Fällen besteht noch nicht. Nach der gegenständlichen Entscheidung des BFG war die EUSt betreffende Rechtsfrage aber in der Rsp des EuGH ausreichend geklärt. Die ordentliche Revision wurde daher für unzulässig erklärt. Es wurde aber dennoch außerordentliche Revision beim VwGH einbracht (beim VwGH anhängig zu Ra 2024/16/005). Insofern bleibt abzuwarten, ob sich der der VwGH dem konkreten Fall annehmen wird.