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GebG 1957: § 33 TP 5 Abs 1 und Abs 3
Abstract
§ 33 TP 5 Abs 1 GebG 1957 normiert die Gebührenpflicht von Bestandverträgen. Die Höhe der Bemessungsgrundlage für die Gebühr hängt davon ab, ob der Bestandvertrag auf bestimmte oder unbestimmte Dauer abgeschlossen wird. Im vorliegenden Fall wurde ein Bestandvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, der durch den Vermieter bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 MRG beendet werden konnte. Nach Ansicht des BFG war dieser Bestandvertrag trotzdem (für Zwecke des GebG 1957) als auf bestimmte Dauer abgeschlossen anzusehen, weil der Eintritt von Kündigungsgründen derart unwahrscheinlich war, dass eine beliebige Auflösung des Vertrages nicht möglich war.
BFG 8. 10. 2024, RV/7101448/2020
Sachverhalt
Der Beschwerdeführerin (Bf) ist am 27. 3. 2017 vom Land A ein Baurecht iSd Baurechtsgesetzes bis zum 31. 7. 2049 eingeräumt worden, um die darauf befindliche Liegenschaft (Sonderschule) zu sanieren und dann an das Land A zu vermieten. Mit Mietvertrag vom 1. 8. 2019 vermietete die Bf dem Land A die sanierte Sonderschule und es wurde vereinbart, dass dieser nicht dem MRG unterliegt. Der Mietvertrag begann mit 18. 7. 2019 und wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Die Bf als Vermieterin war nur berechtigt, das Mietverhältnis aus einem wichtigen Grund iSd § 30 Abs 2 MRG zu kündigen. Zudem wurde ein Kündigungsverzicht des Mieters bis zum 31. 7. 2049 vereinbart. Der monatliche Mietzins betrug 94.162,81 €. Dieser Betrag erhöhte oder verringerte sich um jeweils 430 € pro Monat für die Dauer des Kündigungsverzichts, falls sich die Baukosten um je 100.000 € erhöhen oder verringern sollten. Fraglich war, ob der Mietvertrag zwischen der Bf und dem Land A auf bestimmte oder auf unbestimmte Dauer iSd GebG 1957 abgeschlossen wurde. Die Bf sah den Mietvertrag als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen an. Das Finanzamt war hingegen von einer bestimmten Dauer des Mietvertrags ausgegangen, was zu einer Erhöhung der Gebühr gem § 33 TP 5 Abs 3 GebG 1957 führte. Das BFG hatte darüber zu entscheiden, ob der Mietvertrag auf bestimmte oder unbestimmte Dauer iSd GebG abgeschlossen wurde.
Entscheidung des BFG
Die Gebühr von Bestandverträgen beträgt gem § 33 TP 5 Abs 1 GebG 1957 1 % von der Bemessungsgrundlage. Diese wiederum ist davon abhängig, ob der Bestandvertrag auf unbestimmte oder bestimmte Dauer abgeschlossen worden ist: bei unbestimmter Vertragsdauer beträgt sie das 3-Fache des Jahreswertes; bei bestimmter Vertragsdauer beträgt sie – abhängig von der Befristung – höchstens das 18-Fache des Jahreswertes. Für die Feststellung von bestimmter oder unbestimmter Vertragsdauer ist maßgeblich, ob beide Vertragsteile für eine bestimmte Dauer gebunden sind oder nicht. Besteht ein beliebiges Auflösungsrecht eines Vertragspartners, ist der Vertrag demnach in seiner Dauer unbestimmt (VwGH 8. 4. 1964, 0840/62). Ein formal auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Vertrag ist jedoch in seiner Dauer bestimmt, wenn dieser vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem einseitig beendet werden kann (VwGH 16. 10. 2024, 2011/16/0169). Bei einer vertraglichen Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG ist keine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit gegeben, weshalb von einer unbestimmten Vertragsdauer auszugehen ist. Allerdings ist auch in einem solchen Fall zu prüfen, ob realistischerweise nur einzelne der vereinbarten Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 MRG überhaupt auf den Vertrag anwendbar sind. Ist das der Fall, ist von einer bestimmten Dauer des Bestandvertrags auszugehen (VwGH 29. 8. 2024, Ra 2022/16/0042 mwN).
Bei dieser Prüfung sind nicht nur die auf das konkrete Bestandverhältnis anwendbaren Kündigungsgründe heranzuziehen. Vielmehr ist zusätzlich zu prüfen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Kündigungsgrundes und einer damit einhergehenden Kündigung ist. Nach Ansicht des BFG sind die vereinbarten Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG entweder überhaupt nicht einschlägig, setzen vertragswidriges Verhalten voraus oder ist dessen Eintritt derart unwahrscheinlich, dass nicht von einer beliebigen Auflösbarkeit gesprochen werden kann. Zudem kann die Mieterin den Vertrag für die gesamte Dauer des Baurechts nicht kündigen. Insofern ist aus gebührenrechtlicher Sicht von einem auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandvertrag auszugehen, so das BFG. Daher ist der achtzehnfache Jahreswert als Bemessungsgrundlage festzusetzen.
Conclusio
Die Bestimmung der Vertragsdauer nach § 33 TP 5 Abs 3 GebG 1957 erfolgt nach dem tatsächlichen Vertragsinhalt und nicht bloß nach der formal bestimmten Vertragsdauer im Bestandvertrag selbst (VwGH 16. 10. 2014, 2022/16/0042). Das Erk zeigt somit sehr gut auf, dass ein formal auf unbestimmte Dauer abgeschlossener Bestandvertrag sehr wohl für Zwecke des § 33 TP 5 Abs 3 GebG 1957 auch als auf bestimmte Dauer abgeschlossen gelten kann. Umgekehrt kann ein auf bestimmte Dauer abgeschlossener Bestandvertrag auch als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen gelten, wenn beide Vertragsteile über eine beliebige Kündigungsmöglichkeit verfügen (Lehner/Schaffer in Bergmann/Pinetz, GebG2 § 33 TP 5 Rz 175–176). Somit besteht eine Abweichung der zivilrechtlichen Ausgestaltung des jeweiligen Bestandvertrags von dessen gebührenrechtlicher Behandlung. Damit ein dem Ausgangsfall vergleichbarer Bestandvertrag auch aus gebührenrechtlicher Sicht als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen anzusehen ist, bedarf es des konkreten Nachweises eines wahrscheinlich realisierbaren Kündigungsgrundes (vgl Pinetz/Schaffer, Bestimmte vs unbestimmte Vertragsdauer von Mietverträgen gemäß § 33 TP 5 GebG – Kehrtwende in der Rechtsprechung des VwGH? SWK 2019, 37 [43]). Da der Bestandvertrag nicht dem MRG unterlag, wäre es möglich gewesen, im Rahmen der Dispositionsfreiheit entsprechende Kündigungsgründe zu vereinbaren, um aus gebührenrechtlicher Sicht ebenfalls von einer unbestimmten Dauer des Bestandvertrags zu sprechen. Bei dem MRG unterliegenden Bestandverträgen wäre diese Vorgehensweise durch die zwingenden Bestimmungen des MRG jedoch verhältnismäßig schwieriger. IdZ s ausfl zu möglichen verfassungsrechtlichen Problemen Kehrer, Die Bestandvertragsgebühr (§ 33 TP 5 GebG): Eine gleichheitswidrige Sonderabgabe, ÖStZ 2018, 470 (477 f).