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BFG: Firmenwertabschreibung für Gruppenmitglieder im EU-Ausland

Bearbeiter: Franziska Uedl

KStG 1988: § 9 Abs 7, § 26c Z 47

Abstract

Im vorliegenden Fall hatte das BFG zu beurteilen, ob die Firmenwertabschreibung für ein ausländisches Gruppenmitglied nach § 9 Abs 7 iVm der Übergangsbestimmung des § 26c Z 47 KStG geltend gemacht werden konnte.

BFG 19. 3. 2021, RV/7103647/2019

Sachverhalt

Im Jahr 2008 erwarb die Bf von konzernfremden natürlichen Personen zunächst 90 % der im EU-Ausland ansässigen A-GmbH. In den Jahren 2009 und 2013 erwarb die Bf weitere Anteile der A-GmbH von einer konzernfremden Gesellschaft und bezog die nunmehr 100 % Konzerntochter ab 2015 in eine Unternehmensgruppe iSd § 9 KStG ein. Für die Jahre 2015 und 2016 wurde eine Firmenwertabschreibung für die A-GmbH geltend gemacht, die sich betragsmäßig aus den positiven Firmenwerten der Anteilskäufe in 2008 und 2013 sowie dem negativen Firmenwert aus dem Anteilskauf in 2009 zusammensetzte.

Im Zuge einer Außenprüfung wurde Einsicht in die Verträge und die dazugehörigen Unterlagen betreffend den Kauf des ausländischen Gruppenmitglieds genommen sowie Kenntnis über die Höhe des Kaufpreises und über die Überlegungen zum Kaufpreis erlangt. Strittig war sodann die Kaufpreisbeeinflussung der Firmenwertabschreibung, die nach der Übergangsbestimmung des § 26c Z 47 KStG Voraussetzung für die die weitere Geltendmachung der Firmenwertabschreibung für das genannte ausländische Gruppenmitglied ist. Dabei verwies die belangte Behörde auf die KStR Rz 1110c, wonach lediglich die Fünfzehntel aus der Anschaffung im Jahr 2013 abziehbar seien.

Die rechnerische Richtigkeit der betragsmäßigen Höhe der Firmenwertabschreibung war zwischen den Vertragsparteien unstrittig.

Entscheidung des BFG

Das BFG verwies zunächst auf das VwGH Erkenntnis vom 10. 2. 2016, 2015/15/0001, in dem sich der VwGH mit der wortgleichen Vorgängerbestimmung des § 9 Abs 7 KStG auseinandersetzte und die Firmenwertabschreibung auf Basis der Niederlassungsfreiheit auch für EU-Gruppenmitglieder bestätigte. Das BFG stellte sohin fest, dass die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung der Firmenwertabschreibung unstrittig vorlagen: Die Beteiligung an der im EU-Ausland ansässigen A-GmbH wurde vor dem 1. März 2014 von konzernfremden Verkäufern erworben; die Berechnung und gleichmäßige Verteilung des Firmenwerts erfolgte korrekt und das ausländische Gruppenmitglied wurde im Jahr 2015 in die Unternehmensgruppe einbezogen. Die Frist zur Einbeziehung iSd § 26c Z 47 KStG war demnach gewahrt. Strittig war daher nur die Kaufpreisbeeinflussung durch die Norm.

Nach den Erläuterungen zum AbgÄG 2014 kann der Kaufpreis nur dann durch den steuerlichen Vorteil der Firmenwertabschreibung beeinflusst werden, „wenn der Erwerber bei Erwerb der Beteiligung zweifelsfrei davon ausgehen konnte, dass für diese Beteiligung eine Firmenwertabschreibung zusteht“ (ErläutRV aaO). Das BFG stellte darauf bezogen fest, dass bei dieser Auslegung die Firmenwertabschreibung iZm ausländischen Gesellschaften jedoch faktisch ausgeschlossen wäre, weil der Wortlaut des § 9 Abs 7 KStG bis heute unverändert nur betriebsführende unbeschränkt steuerpflichtige Beteiligungskörperschaften erfasst. Das für beschränkt steuerpflichtige Beteiligungskörperschaften klarstellende VwGH-Urteil (siehe oben) wurde erst am 4. März 2016 im RIS veröffentlicht. Erst ab diesem Zeitpunkt könnte daher zweifelsfrei mit einer Zulässigkeit der Firmenwertabschreibung gerechnet werden. Das BFG teilte die iZm diesem Auslegungsergebnis in der überwiegenden Literatur geäußerten unionsrechtlichen Bedenken.

Entgegen dieser Auslegung stellt nach Ansicht des BFG der Wortlaut des § 26c Z 47 KStGwenn sich der steuerliche Vorteil aus der Firmenwertabschreibung beim Erwerb der Beteiligung auf die Bemessung des Kaufpreises auswirken konnte“ nur auf eine abstrakte Möglichkeit der Kaufpreisbeeinflussung ab. Dass die abstrakte Möglichkeit einer Beeinflussung nur dann möglich sein soll, wenn der Käufer zweifelsfrei mit einer Zulässigkeit der Firmenwertabschreibung rechnet ergibt sich nach Ansicht des BFG weder aus dem Gesetzeswortlaut, noch erscheint es angesichts des in den Erläuterungen angeführten verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutzes erforderlich oder zweckmäßig, das hochgradig unbestimmte Abstellen auf eine potentielle Möglichkeit einer Kaufpreisbeeinflussung im Interpretationswege eng auszulegen, insbesondere dann, wenn wie dargestellt, eine solche Auslegung zu unionsrechtlichen Bedenken hinsichtlich des Vorliegens eines Verstoßes gegen Primärrecht führen würde.

Darüber hinaus führte das BFG ins Treffen, dass nach § 26c Z 47 KStG kein bestimmtes Ausmaß für eine Kaufpreisbeeinflussung erforderlich ist; sich auch der Umstand, dass keine Firmenwertabschreibung zulässig ist, auf den Kaufpreis auswirken kann; und, dass in der Literatur bereits Jahre vor den strittigen Beteiligungserwerben unionsrechtliche Bedenken gegen den Ausschluss der Firmenwertabschreibung für Beteiligungen im EU-Ausland geäußert wurden. Angesichts der vom VwGH für unionswidriges nationales Recht entwickelten Verdrängungswirkung, die keinen Akt des Gesetzgebers erfordert, kann laut BFG angenommen werden, dass sich die, wenn auch noch vage, jedenfalls aber gegeben erscheinende Möglichkeit einer Firmenwertabschreibung bereits auf Beteiligungserwerbe im EU-Ausland ab dem Jahr 2004 zumindest geringfügig ausgewirkt haben kann. Dies gelte noch viel mehr für Beteiligungserwerbe ab dem Jahr 2008: Aus dem VwGH Erkenntnis vom 10. 2. 2016, 2015/15/0001 sei nämlich erkennbar, dass es bereits Streitfälle vor dem verfahrensgegenständlichen Jahr 2008 gab. Die Möglichkeit einer, wenn auch unter Umständen minimalen Kaufpreisbeeinflussung muss folglich vorhanden sein.

Dass die Bf aus kaufmännischer Vorsicht mit der Einbeziehung der Beteiligung in die Unternehmensgruppe bis nach Ergehen des EuGH-Urteils vom 6. Oktober 2015, C-66/14 Finanzamt Linz zugewartet hat, ist für die Geltendmachung der Firmenwertabschreibung nicht schädlich, zumal weder § 9 Abs 7 noch § 26c Z 47 KStG diesbezügliche Ausschlussfristen zu entnehmen sind.

Conclusio

Das Urteil betrifft zwar nur Anteilserwerbe vor dem 1. 3. 2014, dennoch gibt es aufgrund der Verteilung der Firmenwertabschreibung über 15 Jahre zahlreiche Altfälle in der Praxis.

Anhand der angeführten Sachverhaltsdarstellung war unklar, ob die von der Bf behauptete Kaufpreisbeeinflussung entsprechend dokumentiert war. Nach der sehr weiten Auslegung des BFG von § 26c Z 47 KStG ist jedoch nicht auf das individuelle Rechtsgeschäft abzustellen, sondern darauf, ob die abstrakte Möglichkeit der Kaufpreisbeeinflussung gegeben war. Nach Ansicht des BFG ist dies für sämtliche Fälle ab dem Jahr 2004, somit ab Beginn der ersten aus der Literatur ersichtlichen unionsrechtlichen Bedenken gegen den Ausschluss der Firmenwertabschreibung für EU-Auslandsbeteiligungen, zu bejahen. Rückblickend dürfte daher die mögliche Kaufpreisbeeinflussung fast immer vorliegen.

Auf Basis dieses Urteils sind die Aussagen der KStR Rz 1110c kritisch zu hinterfragen: Nach Ansicht der Finanzverwaltung kann „bei der Anschaffung von Beteiligungen an ausländischen Gruppenmitgliedern grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, dass die Firmenwertabschreibung im Kaufpreis der ausländischen Beteiligung Niederschlag fand, da für eine solche Beteiligung gesetzlich keine Firmenwertabschreibung vorgesehen war“. Diese Aussage trifft für Fälle ab dem Jahr 2004 nach dem vorliegenden Urteil des BFG nicht mehr zu. Damit ist wohl auch die Fiktion, dass nur dann von einer möglichen Kaufpreisbeeinflussung auszugehen sein wird, wenn Steuerpflichtige „bei erstmaliger Abgabe der Steuererklärung für das Jahr der Einbeziehung einer im EU-/EWR-Ausland ansässigen Körperschaft in die Unternehmensgruppe die Firmenwertabschreibung erkennbar geltend gemacht haben“ hinfällig. Auch die 3-Jahresfrist für die Einbeziehung ab Erwerb ist auf Basis des Urteils nicht zu beachten (Hinweis: Eine Revision der Finanzverwaltung ist bisher noch nicht erfolgt).

Auf Basis des Urteils gilt mE außerdem auch die Verwaltungspraxis hinsichtlich inländischer Beteiligungen nicht, wonach bei Aufnahme der Beteiligung außerhalb der 3-Jahres-Frist in die Unternehmensgruppe der Einfluss des steuerlichen Vorteils in die Kaufpreisüberlegungen nachzuweisen ist (KStR Rz 111oa).

Anzumerken ist, dass Entscheidungen von Gerichten keine Wiederaufnahmegründe (keine Tatsachen) iSd § 303 BAO darstellen (vgl Ritz, BAO6 § 303 Rz 23; zu verfahrensrechtlichen Fragen iZm der Nachholung der Firmenwertabschreibung ausländischer Gruppenmitglieder vgl insb Blum, SWI 2015, 334). Für offene Veranlagungen könnten Firmenwertabschreibungen jedenfalls noch nachgeholt werden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31119 vom 01.07.2021