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BFG: Fonds für allgemeine Bankrisiken als Teil der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe

Bearbeiter: Ugur Bakir

BWG: § 43, § 57 Abs 3

StabAbgG: § 2 Abs 2 Z 2

Abstract

Das BFG hatte zu entscheiden, ob der Fonds für allgemeine Bankrisiken gem § 57 Abs 3 BWG von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe nach § 2 Abs 2 Z 2 StabAbgG abgezogen werden darf. Zu den Abzugsposten nach § 2 Abs 2 Z 2 StabAbgG zählen gezeichnetes Kapital und Rücklagen. Da der Fonds für allgemeine Bankrisiken nach Auffassung des BFG weder als gezeichnetes Kapital noch als Rücklage einzustufen ist, unterliegt er als Teil der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe gem § 2 Abs 1 StabAbgG. Wenn der Gesetzgeber diesen als abzugsfähigen Posten von der Bemessungsgrundlage hätte festsetzen wollen, so hätte er diesen in § 2 Abs 2 Z 2 StabAbgG anführen müssen, so das BFG. Die ordentliche Revision erklärte das BFG für zulässig und ist erhoben worden.

BFG 5. 11. 2024, RV/7102463/2023

Sachverhalt

Nach einer Außenprüfung bei der beschwerdeführenden Bank (idF Bf) war strittig, ob der Fonds für allgemeine Bankrisiken iSd § 57 Abs 3 BWG von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe gem § 2 Abs 2 Z 2 StabAbgG abgezogen werden darf. Die Bf zog in ihren Erklärungen zur Stabilitätsabgabe für die Jahre 2017–2020 den Fonds für allgemeine Bankrisiken gem § 2 Abs 2 Z 2 StabAbgG von der Bemessungsgrundlage ab. Die zuständige Behörde rechnete diese Bilanzposition in den erlassenen Bescheiden jedoch wieder hinzu, weil der Fonds für allgemeine Bankrisiken nicht ausdrücklich im Gesetz als Abzugsposten aufgezählt sei und daher nicht abgezogen werden könne. Die Bf hielt dagegen, dass der Fonds für allgemeine Bankrisiken aufgrund seiner Einstufung als Eigenkapital und seiner Ähnlichkeit zu Rücklagen abzugsfähig sein müsse.

Entscheidung des BFG

Nach § 2 Abs 1 StabAbgG bildet die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme eines Kreditinstituts die Grundlage für die Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe, welche um die in § 2 Abs 2 StabAbgG genannten Beträge zu reduzieren ist. Die Ermittlung der Bilanzsumme erfolgt gemäß den Vorgaben der §§ 43 ff BWG und der Anlage 2 zu § 43 BWG.

Die VO (EU) 575/2013 (Capital Requirements Regulation, CRR) definiert die Bestandteile des harten Kernkapitals. Nach Art 26 Abs 1 CRR zählen hierzu ua „sonstige Rücklagen“ (Art 26 Abs 1 lit e) sowie der „Fonds für allgemeine Bankrisiken“ (Art 26 Abs 1 lit f). Diese Positionen werden jedoch nur dann als hartes Kernkapital anerkannt, wenn sie dem Kreditinstitut uneingeschränkt und unmittelbar zur Deckung von Risiken oder Verlusten zur Verfügung stehen.

Gem § 57 Abs 3 BWG können Kreditinstitute auf der Passivseite ihrer Bilanz einen Fonds für allgemeine Bankrisiken bilden, der zur Abdeckung besonderer bankgeschäftlicher Risiken dient. Dieser Fonds muss jederzeit uneingeschränkt und sofort zur Verlustabdeckung verfügbar sein.

Zunächst stimmt das BFG der Bf insofern zu, als die Gesetzesmaterialien ausschließlich der Auslegung dienen und keine normative Wirkung entfalten. Im Übrigen sprechen der Wortlaut des Art 26 Abs 1 CRR sowie die unbeschränkte und sofortige Verfügung der Mittel aus dem Bilanzposten gem § 57 Abs 3 BWG dafür, dass der Fonds für allgemeine Bankrisiken zum Eigenkapital zählt und in seiner Funktion eine Ähnlichkeit mit Rücklagen aufweist.

Jedoch können gem § 2 Abs 2 Z 2 StabAbgG nur gezeichnetes Kapital und Rücklagen von der Bilanzsumme abgezogen werden. Der Fonds für allgemeine Bankrisiken erfüllt nach Ansicht des BFG weder die Kriterien für gezeichnetes Kapital noch für Rücklagen. Obwohl der Fonds Eigenkapital darstellt, hilft diese Eigenschaft nicht weiter, da nach den Materialien zum Ministerialentwurf zu § 2 StabAbgG (234/ME 24. GP) die Stabilitätsabgabe auf der um Eigenkapital und gesicherte Einlagen verminderten Bilanzsumme berechnet werden soll. Eine solche Berechnung würde auch den Bilanzgewinn einbeziehen, was jedoch nicht der Fall ist. Daher muss der Hinweis auf das Eigenkapital in den Materialien des Ministerialentwurfes als eine überschießende Vereinfachung gewertet werden. Zudem reicht die Ähnlichkeit des Fonds mit einer Rücklage nicht aus, um ihn als Rücklage für Zwecke des § 2 Abs 2 Z 2 StabAbgG zu subsumieren. Sowohl das BWG als auch die CRR differenzieren nämlich zwischen Rücklagen und den Fonds für allgemeine Bankrisiken.

Wäre es dem Gesetzgeber ein Anliegen gewesen, neben den Rücklagen nach Art 26 Abs 1 lit e CRR zusätzlich den Fonds für allgemeine Bankrisiken (Art 26 Abs 1 lit f CRR) von der Bemessungsgrundlage zur Stabilitätsabgabe abzuziehen, hätte er diesen explizit in das Gesetz aufgenommen. Alternativ hätte er die Formulierung in § 2 Abs 2 Z 2 StabAbgG weiter fassen müssen, anstatt sich auf den klaren Begriff „Rücklagen“ zu beschränken. Das BFG begründet dies damit, dass in den Gesetzmaterialien nur jene Bilanzposten aufgezählt werden, die ausdrücklich das Wort „Rücklage“ enthalten.

Conclusio

In der vorliegenden Entscheidung führte das BFG aus, dass es sich beim Fonds für allgemeine Risiken nach § 57 Abs 3 BWG um Eigenkapital handelt und mit einer Rücklage vergleichbar ist. Insb Art 26 Abs 1 lit f CRR ordnet diesen Posten dem Kernkapital zu, womit klargestellt wird, dass es sich dabei um einen Posten mit Rücklagencharakter handelt (vgl Perkounigg/Stecher in Dellinger [Hrsg], Bankwesengesetz: Kommentar9 § 57 BWG Rz 20). Im gleichen Zuge lehnt das BFG jedoch auf Grundlage einer Wortlautinterpretation des § 2 Abs 2 Z 2 StabAbgG die Einordnung des Fonds für allgemeine Bankrisiken als Abzugsposten gem § 2 Abs 2 Z 2 StabAbgG ab. Damit ist nach Ansicht des BFG der Rücklagenbegriff des § 2 Abs 2 Z 2 StabAbgG restriktiv zu verstehen und erfasst nur gezeichnetes Kapitel sowie Rücklagen. Das BFG stützte sich darauf, dass der Fonds sowohl nach CRR als auch nach BWG einen eigenen Gliederungsposten neben den Rücklagenposten darstellt.

In der Literatur erfährt das Erkenntnis des BFG jedoch Kritik, da das Gesetz mit dem Begriff „Rücklagen“ einen allgemeinen Begriff verwendet und somit nicht auf eine bestimmte Art von Rücklagen eingeschränkt ist. Zudem wird das Erkenntnis wegen des inkonsistenten Umganges mit den Gesetzesmaterialien kritisiert. Das BFG stellt zunächst klar, dass die Gesetzesmaterialien nicht abschließend zu verstehen sind. Trotzdem stützt sich das BFG im Schlussteil der Entscheidung darauf, dass der Fonds für allgemeine Bankrisiken nicht in den Gesetzesmaterialien genannt wird. Es leitet daraus ab, dass der Fonds daher nicht als Rücklage oder Eigenkapital im Sinne der relevanten Normen anzusehen sei. Der Widerspruch entsteht dadurch, dass das Gericht die Gesetzesmaterialien einerseits als nicht bindend und nicht vollständig erklärt, andererseits aber ihr Fehlen als entscheidendes Argument gegen die Anerkennung des Fonds heranzieht (vgl Edlbacher/Knesl, J./Renner, Fonds für allgemeine Bankrisiken ist Teil der Bemessungsgrundlage, BFGjournal 2024, 422 [423 ff]).

Angemerkt werden sollte auch die zeitliche Diskrepanz zwischen der Erlassung des StabAbgG im Jahr 2011 und der Verabschiedung der CRR im Jahr 2013. Da die CRR erst nach Inkrafttreten des StabAbgG (und damit freilich auch nach den ErläutRV) verabschiedet wurde, kann erklärt werden, weshalb der Fonds für allgemeine Bankrisiken nicht explizit als abzugsfähiger Posten in den ErlRV und dem StabAbgG genannt wird. Vor diesem Hintergrund erscheint es fraglich, den Gesetzesmaterialien zu § 2 Abs 2 Z 2 StabAbgG eine entscheidende Bedeutung beizumessen, da diese die Bestimmungen der CRR und deren Auswirkungen auf die rechtliche Einordnung des Fonds nicht berücksichtigen konnten.

Aufgrund fehlender hg Rsp zur gegenständlichen Streitfrage wurde die Revision zugelassen und auch erhoben.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36405 vom 18.02.2025