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Abstract
Das BFG hatte sich mit der steuerlichen Behandlung freiwilliger Abfertigungen bei Beendigung eines Dienstverhältnisses und gleichzeitiger Neuanstellung in der Tochtergesellschaft des ehemaligen Dienstgebers auseinanderzusetzen. Strittig war, ob die Dienstverhältnisse tatsächlich aufgelöst wurden, oder ob diese nur auf die Konzerntöchter übergegangen sind. Nur bei tatsächlicher Auflösung des Dienstverhältnisses steht die begünstigte Besteuerung der freiwilligen Abfertigung nach § 67 Abs 6 EStG zu.
BFG 15. 12. 2022, RV/7102339/2022
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf) ist eine im Bereich der Beratung tätige GmbH. In den Jahren 2011 und 2012 wurden die Dienstverhältnisse mit mehreren Dienstnehmern beendet, die direkt im Anschluss daran bei 100%igen Tochtergesellschaften der Bf als Geschäftsführer angestellt wurden. Die Angestellten wurden bei der Sozialversicherung jeweils ab- und angemeldet. Die Urlaubs- und gesetzlichen Abfertigungsansprüche nach der Abfertigung alt wurden von den neuen Konzerndienstgebern übernommen. Zusätzlich wurde den Dienstnehmern eine freiwillige Abfertigung iHv drei Monatsgehältern ausbezahlt. Die Abfertigungen wurden durch die Bf als begünstigte Bezüge iSd § 67 Abs 6 EStG klassifiziert.
Im Zuge einer GPLA wurde die 6%ige Besteuerung der Bezüge nicht anerkannt. Die Betriebsprüfung und im weiteren Verfahren die Abgabenbehörde machten ua geltend, dass die Dienstverhältnisse nicht tatsächlich beendet, sondern von den Konzerntochtergesellschaften übernommen worden waren. Mangels Beendigung des Dienstverhältnisses könne die Begünstigung des § 67 Abs 6 EStG nicht angewendet werden. Selbst bei Annahme eines neuen Dienstverhältnisses, liege keine begünstigte Abfertigung iSd § 67 Abs 6 EStG vor, da es durch mehrere Dienstgeberwechsel im Konzern zu einer kumulierten Inanspruchnahme der Begünstigungen von freiwilligen und gesetzlichen Abfertigungen kommen könne. Nach abweisender Beschwerdevorentscheidung wurde das Verfahren dem BFG vorgelegt.
Entscheidung des BFG
Das BFG geht zunächst auf die durch die Abgabenbehörde vorgebrachte „kumulierte Begünstigung“ durch freiwillige Abfertigungen bei Dienstgeberwechseln im Konzern ein. Während die alten Dienstverträge vor dem 1. 1. 2003 geschlossen wurden und daher der Abfertigung alt unterliegen, wäre für die 2011 und 2012 neu geschlossenen Dienstverhältnisse grundsätzlich die Abfertigung neu einschlägig. Unterliegen Dienstverhältnisse der Abfertigung neu, sind freiwillige Abfertigungen nach Tarif zu besteuern (siehe § 67 Abs 6 letzter Satz EStG im für die Entscheidung maßgeblichen Zeitraum, heute § 67 Abs 6 Z 7 EStG). § 46 Abs 3 Z 2 BMSVG sieht jedoch vor, dass bei einem Dienstgeberwechsel innerhalb des Konzerns, die alten Abfertigungsregelungen inkl der begünstigten Besteuerung der freiwilligen Abfertigungen weiterhin anwendbar sind. Die Dienstnehmer können daher – neben der am Ende Ihrer gesamten Konzerntätigkeit zustehenden gesetzlichen Abfertigung – auch noch eine freiwillige Abfertigung beim Wechsel innerhalb des Konzerns mit dem Sondersteuersatz nach § 67 Abs 6 EStG beziehen. Diese kumulative Begünstigung ist allerdings rechtlich unproblematisch, wie der VwGH bereits in einem ähnlich gelagerten Verfahren entschieden hat (VwGH 25. 7. 2018, Ro 2017/13/0006).
Hinsichtlich der tatsächlichen Beendigung der Dienstverhältnisse hält das BFG fest, dass die Tätigkeiten als Angestellte der Bf und als Geschäftsführer der Konzerntochtergesellschaften nicht vergleichbar sind, weil sie sich in Bezug auf Gehalt, Weisungsgebundenheit und Arbeitszeiten unterscheiden. Es handelt sich im vorliegenden Fall also nicht nur formal, sondern auch nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt um zwei unterschiedliche Dienstverhältnisse. Die einvernehmlichen Auflösungen und Neuanstellungen wurden jeweils bilateral zwischen Dienstnehmer und betroffener Gesellschaft geschlossen. Es liegen daher keine Drei-Parteien-Vereinbarungen, sondern tatsächlich beendete und mit anderen Vertragsparteien neu geschlossene Dienstverhältnisse vor. Die Nachversteuerung der freiwilligen Abfertigung war daher rechtswidrig und die Haftungsbescheide für 2011 und 2012 waren ersatzlos aufzuheben.
Auch die auf die Bezüge festgesetzten Dienstgeberbeiträge waren zu berichtigen, da gem § 41 Abs 4 lit b FLAG ua die in § 67 Abs 6 EStG genannten Bezüge nicht zur Beitragsgrundlage des Dienstgeberbeitrags gehören. Der Beschwerde war infolgedessen stattzugeben und die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. Da die Abgabenbehörde dennoch außerordentliche Revision eingelegt hat, bleibt eine allfällige Entscheidung des VwGH abzuwarten.
Conclusio
Das BFG folgt in seinem Erkenntnis der Rsp des VwGH, wonach bei Übergang der Abfertigungsansprüche auf den neuen Dienstgeber eine freiwillige Abfertigung bis zu einem Jahresviertel unabhängig von einer späteren gesetzlichen Abfertigung steuerbegünstigt möglich ist (VwGH 25. 7. 2018, Ro 2017/13/0006). Das bedeutet, dass diese Bezüge gem § 67 Abs 6 EStG nur mit 6 % zu besteuern sind und gem § 41 Abs 4 lit b FLAG auch kein Dienstgeberbeitrag zu entrichten ist. Zu beachten ist, dass sich die Dienstgeberbeitragsbefreiung nach der stRsp des VwGH auch auf Abfertigungen iSd § 67 Abs 6 EStG bezieht, die nicht dem Sondersteuersatz unterliegen (VwGH 1. 9. 2015, 2012/15/0122).
Die streitgegenständliche Frage, ob jeweils tatsächlich neue Dienstverhältnisse geschlossen wurden, ist eine Frage der Beweiswürdigung, sodass die aus diesem Erkenntnis gewonnenen Schlüsse nur eingeschränkt auf andere Sachverhalte umgelegt werden können (man denke etwa daran, dass im vorliegenden Fall die Dienstnehmer zu Geschäftsführern bestellt wurden). Auffällig ist allerdings, dass der erkennende Dreiersenat bei der Untersuchung einer allfälligen Drei-Parteien-Vereinbarung einzig darauf abgestellt hat, wer formal Vertragspartei der Auflösung und der Neuanstellung war. Gerade im Konzern eröffnet aber eine allzu formale Sichtweise einen möglichen Gestaltungsspielraum für die beteiligten Personen.