Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement der ÖStZ erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
EStG: §§ 67 Abs 6, 8, 10
FLAG: § 41 Abs 4 lit b
Abstract
Zahlungen aus Sozialplänen werden einkommensteuerrechtlich grundsätzlich unter § 67 Abs 8 lit f EStG subsumiert. Im Falle von „freiwilligen Abfertigungen der fiktiven individuellen Kündigungsfrist“ im Rahmen des Sozialplans stellt sich zunächst die Frage, ob diese nicht als Kündigungsentschädigung iSd Abs 8 lit b leg cit einzustufen sind. Selbst wenn dies verneint wird, muss in der Folge geklärt werden, ob trotz Anwendung der genannten Bestimmung weiterhin ein „sonstiger Bezug“ iSd § 67 Abs 6 EStG vorliegt, der nach § 41 Abs 4 lit b vom Dienstgeberbeitrag (DB) sowie dem Zuschlag zum DB (DZ) befreit ist. Diese streitgegenständlichen Fragen hat das BFG im Lichte der stRsp des VwGH zu Gunsten des Stpfl beantwortet.
BFG 19. 7. 2023, RV/7101445/2018
Sachverhalt
In den Jahren 2013 bis 2015 lagen bei der Bf Sozialpläne vor, die die Auswirkungen des Personalabbaus für die betroffenen Dienstnehmer (DN) mindern sollten. Darin war ua vorgesehen, dass die Dienstverhältnisse jener Personen, die den Sozialplan annahmen, einvernehmlich aufgelöst werden. In den Sozialplänen wurden auch Leistungen aus der „freiwilligen Abfertigung der fiktiven individuellen Kündigungsfrist“ vereinbart.
Im Jahr 2018 fand bei der Bf eine Außenprüfung statt. Im Rahmen dessen wurde bei der Bf hinsichtlich der Jahre 2013 bis 2015 ua die Feststellung getroffen, dass insbesondere die Auszahlungen aus der „freiwilligen Abfertigung der fiktiven individuellen Kündigungsfrist“ zu Unrecht nach §§ 67 Abs 8 lit f iVm Abs 6 EStG abgerechnet worden seien. Begründend wurde ausgeführt, dass eine Zahlung für den Verzicht auf Arbeitsleistung für künftige Lohnzahlungszeiträume unter § 67 Abs 8 lit b und Abs 10 EStG zu subsumieren gewesen wäre. Damit wären auch keine Befreiungen von Lohnnebenkosten iSd § 41 Abs 4 FLAG und § 5 Abs 2 KommStG zur Anwendung gekommen. Gegen einen Teil der entsprechenden Bescheide des FA erhob die Bf Beschwerde. Konkret strittig war die gegenständliche Steuerfreiheit der Sozialplanzahlungen hinsichtlich des DB sowie des DZ.
Entscheidung des BFG
Das BFG hält zunächst fest, dass die strittigen Zahlungen keine Kündigungsentschädigungen iSd § 67 Abs 8 lit b EStG darstellen. Selbst wenn ebenso ein Zusammenhang mit der Auflösung des Dienstverhältnisses besteht, sind bei Kündigungsentschädigungen im Vergleich zu Sozialplanzahlungen andere, wirtschaftliche Hintergründe ausschlaggebend. Da bilaterale Verhandlungen idR die Basis für Kündigungsentschädigungen bilden, liegen in solchen Fällen keine sonstigen Bezüge iSd § 67 Abs 6 EStG vor (vgl VwGH 19. 4. 2018, Ra 2017/15/0073).
Bei Zahlungen und Vereinbarungen, die auf Sozialplänen beruhen, liegen hingegen zwischen Betriebsrat und Dienstgeber abgeschlossene Betriebsvereinbarungen vor, die wesentliche Nachteile für DN aus strukturellen Änderungen des Unternehmens abfedern sollen. Die gegenständlichen Zahlungen beruhen auf beschlossenen Sozialplänen und stehen mit der Auflösung des Dienstverhältnisses in ursächlichem Zusammenhang. Damit stellen auch „freiwillige Abfertigungen der fiktiven individuellen Kündigungsfrist“ Bezüge dar, die unter § 67 Abs 8 lit f EStG zu subsumieren sind. Der Verweis auf Abs 6 innerhalb dieser Bestimmung stellt klar, dass freiwillige Zahlungen aus einem Sozialplan bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses grundsätzlich zu den sonstigen Bezügen iSd § 67 Abs 6 EStG zählen. Folglich unterliegen diese Leistungen nach § 41 Abs 4 lit b FLAG auch nicht den Lohnnebenkosten, selbst wenn die Lohnsteuerbegünstigung nach § 67 Abs 6 EStG konkret nicht zur Anwendung kommt (vgl VwGH 22. 9. 2005, 2001/14/0034).
Diese Ansicht findet in der stRsp des VwGH Bestätigung. Hinsichtlich der Kommunalsteuer hat das Höchstgericht in der Entscheidung VwGH 22. 9. 2005, 2001/14/0034 bereits festgestellt, dass freiwillige Abfertigungen nicht der Kommunalsteuer zu unterziehen sind. Seither sind dem weitere Erkenntnisse hinzugetreten, die bestätigen, dass freiwillige Abfertigungen von der Bemessungsgrundlage zum DB samt DZ unabhängig von einer einkommensteuerlich begünstigten Besteuerung ausgenommen sind (VwGH 1. 9. 2015, 2012/15/0122; 21. 9. 2016, 2013/13/0102). Auch freiwillige Abfertigungen aus Sozialplänen stellen grundsätzlich Zahlungen gem § 67 Abs 6 EStG dar (VwGH 7. 12. 2020, Ro 2020/13/0013). Entsprechend war im vorliegenden Fall kein DB und DZ festzusetzen.
Mangels Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war eine Revision gegenständlich nicht zulässig.
Conclusio
Freiwillige Abfertigungen sind in der jüngeren Rsp immer wieder Gegenstand von höchstgerichtlichen Verfahren gewesen. Der VwGH stellte idZ mit Erkenntnis vom 7. 12. 2020, Ro 2020/13/0013 (mit Verweis auf Shubshizky, Neuregelung zur Besteuerung von „Golden Handshakes“, SWK 9/2014, 450 [454]), fest, dass freiwillige Abfertigungen auch im Rahmen von Sozialplänen sonstige Bezüge iSd § 67 Abs 6 EStG darstellen. Eine damit zusammenhängende Thematik war auch Gegenstand der jüngeren Rsp des VfGH: in der E vom 16. 3. 2022, G 228/2021-8 hat das Höchstgericht das Abzugsverbot des § 20 Abs 1 Z 8 EStG aufgehoben. Die damalige Regelung sah vor, dass freiwillige Abfertigungen nur begrenzt abzugsfähig waren und verstieß nach dem Erkenntnis des VfGH gegen das objektive Nettoprinzip. Die mit BGBl I 2022/194 eingeführte Neuregelung ermöglicht den Abzug aller Abfertigungen, soweit sie die Grenzen des § 67 Abs 6 Z 1 bis 3 EStG nicht übersteigen. Sozialpläne iSd § 109 Abs 1 Z 1 bis 6 ArbVG werden seitdem überhaupt nicht mehr von dem Abzugsverbot erfasst.
Im Lichte dieser Rsp wirkt es nicht überraschend, dass diese Rechtsansicht auch auf andere Gesetze durchschlägt: Sowohl in § 41 Abs 4 lit b FLAG als auch in § 5 Abs 2 KommStG wird direkt auf § 67 Abs 6 EStG verwiesen, womit eine generelle Einordnung unter „sonstige Bezüge“ auch die Anwendbarkeit dieser Bestimmungen (und damit die Befreiung von diesen Lohnnebenkosten) zur Folge hat (vgl auch VwGH 22. 9. 2005, 2001/14/0034 und VwGH 1. 9. 2015, 2012/15/0122). Der Einwurf des FA, dass die gegenständlichen Abfertigungen Kündigungsentschädigungen iSd § 67 Abs 8 lit b EStG darstellen sollen, wirkt angesichts des Umstandes, dass es sich um Zahlungen auf Grundlage eines Sozialplans handelt, nicht überzeugend und vermag damit auch an der Anwendbarkeit der eben genannten Befreiungen nichts zu ändern.