News

BFG: Gebührenbefreiung für Verträge über Miete von Wohnräumen erfasst auch kurzfristige Beherbergungsverträge

Bearbeiter: Dominic Krenn

GebG: § 33 TP 5 Abs 4 Z 1

Abstract

Das BFG hatte zu entscheiden, ob die Gebührenbefreiung für Verträge über die Miete von Wohnräumen nach § 33 TP 5 Abs 4 Z 1 GebG auf einen Pachtvertrag eines Apartmenthotels anwendbar ist. Dabei hatte das BFG über zwei Rechtsfragen abzusprechen. Einerseits war fraglich, ob die Gebührenbefreiung für Wohnraummieten auch kurzfristige Beherbergungsverträge erfasst. Andererseits war zu prüfen, ob die Gebührenbefreiung auch auf den vorliegenden Pachtvertrag, der bloß den Abschluss von Beherbergungsverträgen ermöglicht, anwendbar ist. Infolge einer historischen Interpretation und unter Berücksichtigung der bisherigen VwGH-Judikatur zur Auslegung des Begriffes „Wohnräume“ gelangte das BFG zur Entscheidung, dass auch kurzfristige Vermietungen zu Beherbergungszwecken von der Gebührenbefreiung erfasst sind. Zur zweiten Rechtsfrage sprach das BFG aus, dass auf die sachliche Bestimmung, also den objektbezogenen Nutzen des Bestandobjekts abzustellen ist, weshalb die Befreiung auch für den gegenständlichen Pachtvertrag von Bedeutung sei. Das BFG hob den angefochtenen Bescheid ersatzlos auf und ließ die Revision zu.

BFG 29. 11. 2023, RV/7104160/2019

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) schloss am 28. 6. 2018 einen Pachtvertrag über ein Apartmenthotel ab, wodurch sie als Pächterin zum Betrieb eines Hotels verpflichtet wurde. Das Pachtobjekt verfügt über 134 Gästezimmer, die alle mit Wohn- und Schlafbereich, einem Kochbereich und einer Waschmöglichkeit in Form eines Waschtrockners ausgestattet sind. Überdies enthält das Apartmenthotel verschiedene Gastronomieeinrichtungen und Kfz-Stellplätze. In Summe nimmt die reine Wohnfläche des Apartmenthotels rund 70 % der Gesamtfläche ein. Die Verpächterin brachte dem Finanzamt (FA) mit Schriftsatz vom 16. 11. 2018 den Abschluss des Pachtvertrages zur Anzeige und beantragte die Festsetzung der Rechtsgeschäftsgebühr. Folglich wurde die Rechtsgeschäftsgebühr für den zugrundeliegenden Pachtvertrag (vorläufig) mit rd € 406.000 festgesetzt. Dagegen erhob die Bf Beschwerde und führte aus, dass auf den vorliegenden Fall die Gebührenbefreiung für Verträge über die Miete von Wohnräumen nach § 33 TP 5 Abs 4 Z 1 GebG anwendbar sei. Insb würde der Pachtgegenstand ein Gebäude betreffen, das überwiegend zu Wohnzwecken gebraucht wird. Zusätzliche Dienstleistungen wie etwa Zimmerreinigung oder Verköstigung würden im Gegensatz zum normalen Hotelbetrieb weitaus weniger angeboten werden. Nachdem die Bf das Unterlassen einer BVE beantragte, wurde die Beschwerde direkt dem BFG vorgelegt.

Entscheidung des BFG

Im beschwerdegegenständlichen Fall ist strittig, ob die Gebührenbefreiung für Verträge über die Miete von Wohnräumen gem § 33 TP 5 Abs 4 Z 1 GebG auf den gegenständlichen Pachtvertrag anwendbar ist. Hierfür bedarf es zunächst der Auslegung des Begriffes „Wohnräume“. Unter Berücksichtigung der historischen Interpretation ergibt sich, dass nach § 33 TP 5 Abs 4 Z 1 GebG idF vor BGBl I 2017/147 (dh vor 11. 11. 2017) „Verträge über die Miete von Wohnräumen bis zu einer Dauer von drei Monaten“ gebührenbefreit waren. Den Regierungsmaterialien zufolge sollte dadurch eine Belastung des Fremdenverkehrs mit Gebühren aus Bestandverträgen vermieden werden (vgl ErläutRV 338 BlgNR 14. GP 11). Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass bereits nach der Rechtslage vor der Novelle BGBl I 2017/147 die Vermietung von Hotel-, Pensions-, Apartment- oder ähnlichen Nächtigungsmöglichkeiten aus Gebührensicht als Vermietung von Wohnraum und daher gebührenbefreit anzusehen waren. Die Unterscheidung zwischen kurzfristigen und darüber hinausgehenden Mietverträgen von Wohnräumen hat der Gesetzgeber durch die Änderung mit dem BGBl I 2017/147 aufgegeben, weshalb nunmehr sämtliche Wohnraummietverträge gebührenbefreit sind. Daher gelten auch zu Beherbergungszwecken vermietete Räumlichkeiten gebührenrechtlich als Wohnraummietverträge und sind gebührenbefreit. Dies deckt sich zudem mit der Judikatur des VwGH, wonach als Wohnräume jene Gebäude oder Gebäudeteile gelten, die überwiegend Wohnzwecken dienen (vgl VwGH 29. 6. 2022, Ro 2021/16/0005). Unstrittig dient das gegenständliche Pachtobjekt überwiegend Wohnzwecken, zumal die reine Wohnfläche rd 70 % der Gesamtfläche beträgt. Das Anbieten von zusätzlichen Leistungen (Verköstigungs- oder Reinigungsleistungen) mag zwar für ertragsteuerliche oder gewerberechtliche Zwecke von Bedeutung sein, ist aber für die gebührenrechtliche Einordnung nicht maßgeblich, weil diese Leistungen – wie im vorliegenden Fall – nur als ergänzende Leistungen gelten. Außerdem überwiegen diese Leistungen nicht den Wohnzweck des Pachtobjektes.

Überdies ist die Gebührenbefreiung auch auf Verträge anwendbar, die nicht unmittelbar der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses dienen. Unter Berücksichtigung der VwGH-Rsp (vgl VwGH 18. 8. 2020, Ra 2020/16/0077) ist „die sachliche Bestimmung des Bestandobjekts maßgeblich“. Daher unterliegt auch der zugrundeliegende Pachtvertrag der Gebührenbefreiung nach § 33 TP 5 Abs 4 Z 1 GebG, obwohl der Bf dadurch erst die Möglichkeit eröffnet wird, Beherbergungsverträge für Wohnbedürfnisse abzuschließen. Durch die vertragliche Verpflichtung, wonach die Bf ein Apartmenthotel zu betreiben hat, ist davon auszugehen, dass die Räumlichkeiten Wohnzwecken dienen werden.

Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Pachtvertrag von der Befreiungsbestimmung des § 33 TP 5 Abs 4 Z 1 GebG erfasst, weshalb der Festsetzungsbescheid (ersatzlos) aufzuheben war. Da es zur Rechtsfrage, ob § 33 TP 5 Abs 4 Z 1 GebG auch Beherbergungsräumlichkeiten erfasst, keine einschlägige hg Rsp gibt, wurde die Revision zugelassen. Amtsrevision wurde bereits erhoben.

Conclusio

Das BFG hat in der vorliegenden Entscheidung erstmalig ausgesprochen, dass die Befreiungsbestimmung für Verträge über die Miete von Wohnräumen gem § 33 TP 5 Abs 4 Z 1 GebG idF nach BGBl I 2017/147 (in Kraft seit 11. 11. 2017) auch auf kurzfristige Wohnraumüberlassungen und daher auch für Beherbergungsverträge anwendbar ist (siehe dazu auch Kraxberger, immo aktuell 2023, 247). Das BFG setzt sich in seiner Entscheidung mit zwei Rechtsfragen auseinander. Zum einen kommt das BFG durch Auslegung des Begriffes „Wohnräume“ zum Ergebnis, dass sich die Befreiungsbestimmung auch auf Beherbergungsräumlichkeiten erstreckt. Diese Ansicht steht auch im Einklang mit dem Schrifttum, wonach das überwiegende Dienen zu Wohnzwecken faktisch zu verstehen ist. Insb kommt es dabei weder auf die Widmung, die objektive Eigenschaft oder die grundsätzliche Absicht der Vertragsparteien an (vgl Lehner/Schaffer in Bergmann/Pinetz (Hrsg), GebG2 [2020] § 33 TP 5, Rz 225). Da die reine Wohnfläche des Apartmenthotels im gegenständlichen Fall beinahe 70 % ausmacht, sah das BFG das Kriterium des „überwiegenden Wohnnutzens“ als erfüllt an. Zum anderen erkennt das BFG, dass sich die Gebührenbefreiung auch auf den vorliegenden Pachtvertrag erstreckt, der zwar noch nicht unmittelbar zur Befriedigung eines Wohnbedürfnisses dient, aber der Pächterin den Abschluss von Beherbergungsverträgen ermöglicht. Der Verweis des BFG auf die VwGH-Judikatur zu Seniorenheimen erscheint überzeugend, weil der VwGH in dieser Entscheidung auf die sachliche Bestimmung, also den objektbezogenen Nutzen des Bestandobjekts abstellt (vgl VwGH 18. 8. 2020, Ra 2020/16/0077). Daher wird die Gebührenbefreiung bereits für vorgeschaltete Bestandverträge wie den hier vorliegenden Pachtvertrag bejaht. Andernfalls würde es zu einer Überwälzung der Rechtsgeschäftsgebühren auf Verträge kommen, durch die unmittelbar Wohnraum zur Verfügung gestellt wird (siehe auch Kraxberger, immo aktuell 2023, 247 [248]).

Da bereits Amtsrevision erhoben wurde, darf die Entscheidung des VwGH mit Spannung erwartet werden. Bestätigt der VwGH die Entscheidung des BFG käme diesem Fall erhebliche Bedeutung zu, weil dadurch auch Verträge für die kurzfristige Überlassung von Wohnräumen von der Gebührenbefreiung nach § 33 TP 5 Abs 4 Z 1 GebG erfasst wären.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35161 vom 07.03.2024