Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement der ÖStZ erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
GebG 1957: § 33 TP 20 Abs 1 lit b
Abstract
Das BFG hatte zu entscheiden, ob ein Ehepakt hinsichtlich eines Opting-out aus der Ehewohnung im Gegenzug für eine im Falle der Scheidung verpflichtende Ausgleichszahlung als gebührenpflichtiger Vergleich gem § 33 TP 20 Abs 1 lit b GebG zu qualifizieren ist. Im vorliegenden Fall wurde darin kein Vergleich gesehen, da über die Art und das Ausmaß der zukünftigen Rechtsfolgen kein Streit herrschte. Zudem lag auch kein für den Vergleich notwendiges beidseitiges Nachgeben der Parteien vor. Die Revision erklärte das BFG für zulässig.
BFG 8. 5. 2024, RV/7103358/2023
Sachverhalt
Der Bf schloss mit seiner Ehefrau am 22. 4. 2022 einen Ehevertrag ab, mit welchem die Vermögensverhältnisse im Fall einer Scheidung geregelt werden sollten. Die Eheleute vereinbarten den Ausschluss der Übertragung des Eigentums oder eines dinglichen Rechtes an der Ehewohnung gem § 87 Abs 1 EheG. Zudem verzichtete die Ehegattin auf ihren allfälligen Wohnungserhaltungsanspruch nach § 97 ABGB und verpflichtete sich zur Räumung der Wohnung und zum Auszug binnen einer genannten Frist (sog „Opting-Out“). Im Gegenzug verpflichtete sich der Bf, einen allfällig als eheliche Verbindlichkeit aushaftenden Kredit zur alleinigen Rückzahlung zu übernehmen sowie im Falle der Aufhebung, Nichtigerklärung oder Scheidung der Ehe bis zum 31. 12. 2045 zur Zahlung eines Betrages von 100.000 € bzw von 50.000 € ab 1. 1. 2046 an seine Ehefrau.
Dieser Schriftsatz wurde am 1. 8. 2024 zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten beim Finanzamt angezeigt. Gleichzeitig wurde vom Bf angemerkt, dass kein Vergleich iSd § 33 TP 20 GebG geschlossen wurde und somit keine Pflicht zur Abfuhr von Gebühren anzunehmen sei. Im Anschluss daran setzte das FA mit Bescheid vom 10. 11. 2022 fest, dass für die Errichtung des Ehevertrages eine Gebühr von 2 % gem § 33 TP 20 GebG zu entrichten sei.
Nach einer Beschwerdevorentscheidung durch die zuständige Behörde stellte der Bf einen Vorlageantrag.
Entscheidung des BFG
Das BFG befasst sich in der gegenständlichen Entscheidung mit der Frage, ob ein Opting-out als Vergleich der Gebühr gem § 33 TP 20 GebG zu unterwerfen ist.
In diesem Zusammenhang werden vom BFG zunächst die allgemeinen Voraussetzungen für die Gebührenpflicht eines Vergleichs erläutert. Das BFG führt aus, dass mangels einer Legaldefinition im GebG auf die zivilrechtliche Auslegung des Begriffs nach § 1380 ABGB zurückgegriffen werden muss. Demnach handelt es sich bei einem Vergleich um eine verbindliche Vereinbarung, mit der streitige Rechtsverhältnisse bereinigt werden sollen (VwGH 13. 5. 2004, 2004/16/0032). Diese Klarstellungsfunktion des Vergleichs umfasst nicht nur gegenwärtige Streitigkeiten, sondern auch Vereinbarungen in Bezug auf zukünftige Interessenskonflikte (VwGH 8. 9. 2010, 2008/16/0154). Ein Vergleich muss zudem zwingend ein entgeltliches Rechtsgeschäft darstellen (VwGH 29. 7. 2004, 2003/16/0117). In der Entscheidung wird außerdem festgehalten, dass ein Vergleich nur dann anzunehmen ist, wenn die Parteien streitige Rechte durch ein beidseitiges Nachgeben beseitigen, ua durch die Festsetzung neuer eindeutiger Verbindlichkeiten (VwGH 28. 2. 2007, 2006/16/0136). Das BFG zieht im Einklang mit der stRsp des VwGH den Schluss, dass demnach Ehepakte, die Vermögens- und Unterhaltsverhältnisse im Scheidungsfall festsetzen, unter gewissen Voraussetzungen als Vergleiche iSd § 33 TP 20 GebG qualifiziert werden können. Dies ist auch damit zu begründen, dass das Gesetz nicht im Einzelnen determiniert, welche Rechtsfolgen im Fall einer Scheidung eintreffen.
Bezüglich des Opting-out kam das BFG jedoch zu der Erkenntnis, dass die Klausel keinen gebührenpflichtigen Vergleich darstellt. Das BFG hat festgehalten, dass es sich beim Abweichen vom dispositiven Recht in Form einer verbindlichen Vorwegerklärung nicht um die Klärung eines zweifelhaften Rechts betreffend der Eigentumsübertragung handelt. Auch das gegenseitige Nachgeben der Parteien war nicht gegeben. Die betreffende Klausel soll festhalten, dass diese Wohnung im Zuge einer Scheidung nicht in die gerichtliche Aufteilung einzubeziehen ist. Die Ehewohnung stand bei Errichtung des Ehevertrags im Alleineigentum des Bf. Da die Wohnung somit nie Eigentum der Ehegattin war, gab sie diesbezüglich auch keine Rechte zugunsten ihres Gatten auf. Ein beidseitiges Nachgeben ist in dieser Konstellation deshalb zu verneinen.
Zur Möglichkeit des Opting-out gibt es noch keine höchstgerichtliche Judikatur. Das BFG hat die Revision für zulässig erklärt.
Conclusio
Die Entscheidung des BFG steht im Einklang mit der Rsp und Literatur. ISd stRsp kann ein Ehepakt gds als Vergleich qualifiziert werden (VwGH 25. 11. 1999, 99/16/0021). Im vorliegenden Fall war fraglich, ob auch die Ausübung des Opting-out aus den ehelichen Anprüchen iSd § 87 Abs 1 EheG und § 97 ABGB als gebührenpflichtiger Vergleich zu qualifizieren ist.
Zur rechtlichen Qualität des sog „Opting-out“ liegt noch keine Judikatur des VwGH vor. Allerdings hat sich das BFG damit bereits befasst und entschieden, dass diesfalls kein gebührenpflichtiger Vergleich vorliegt (BFG 18. 5. 2018, RV/7101539/2014; BFG 19. 12. 2023, RV/5100940/2021): „Verpflichtet sich der Ehegatte, dessen Wohnung durch Notariatsakt gemäß der Opting-out Regelung des § 87 EheG idF des FamRÄG 2009, BGBl. I Nr. 75/2009, aus der nachehelichen Aufteilung ausgeschlossen wurde, im Fall der Scheidung, Nichtigerklärung oder Aufhebung der Ehe eine Ausgleichszahlung […] an die Ehegattin zu zahlen, liegt kein Vergleich vor.“
Da die Liegenschaft nie im Eigentum der Gattin des Bf gestanden hat, sie daher auch kein Eigentumsrecht im Falle der Trennung zugunsten ihres Gatten „aufgegeben“ hätte, sondern ihr lediglich eine Ausgleichszahlung zugestanden werden soll, lag kein Nachgeben vor.