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BFG: Gegenverrechnung Pflegegeld mit Heimkosten

Bearbeiter: Sarah Brandlhofer

EStG 1988: §§ 34 Abs 6, 35

Abstract

Das BFG hat darüber entschieden, ob und gegebenenfalls wie die Gegenverrechnung des Pflegegeldes mit den Kosten eines stationären Aufenthalts in einer Pflegeeinrichtung bei Ermittlung einer außergewöhnlichen Belastung zu erfolgen hat. Dabei kam es zu dem Ergebnis, dass bei einer im Jahr zeitlich nur teilweisen Unterbringung auch das erhaltene Pflegegeld nur anteilsmäßig anzurechnen ist.

BFG 24. 3. 2023, RV/3100017/2022

Sachverhalt

Die zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits verstorbene Beschwerdeführerin (Bf) bezog im Jahr 2019 Pensionseinkünfte und Pflegegeld. In den Monaten Februar bis Oktober wurden der Bf Kosten für Tagespflege bzw Heimhilfe verrechnet. Ab 15. Oktober war die Bf in einem Altenwohn- und Pflegeheim niedergelassen. Dafür überwies der Versicherungsträger jeweils 80 % des Pensions- und Pflegegeldes an das Land Tirol als Mindestsicherungsträger. Darüber hinaus verrechnete der Betreiber des Altenwohn- und Pflegeheims der Bf Heimkosten für das Jahr 2019. Diese Heimkosten führte die Bf in ihrer Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2019 als außergewöhnliche Belastung an. Das Finanzamt Österreich erkannte diese Kosten jedoch nicht zur Gänze an und kürzte sie um das steuerfreie Pflegegeld.

Entscheidung des BFG

Die Bf hat anstelle des Freibetrags die Möglichkeit gem § 35 Abs 5 EStG gewählt, die tatsächlichen Kosten aus dem Titel einer Behinderung geltend zu machen. Demnach erfolgt eine Berücksichtigung der außergewöhnlichen Belastung ohne Selbstbehalt gem § 34 Abs 6 EStG, sofern die Voraussetzungen einer Behinderung gem § 35 Abs 1 EStG vorliegen und sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen übersteigt. Jedoch ist unklar, in welchem Umfang die Gegenverrechnung des Pflegegeldes zu erfolgen hat. Während das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung eine Aliquotierung ablehnte, wird in der Literatur eine andere Meinung vertreten. Wenn die Unterbringung in einem Heim nur für einen Teil des Jahres erfolgt, hat auch nur eine teilweise Gegenverrechnung des Pflegegeldes zu erfolgen (Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 34 Rz 48). Dieser Ansicht schließt sich auch das BFG an. Das Pflegegeld soll den Bezieher:innen die täglich notwendige Pflege gewährleisten, unabhängig davon, ob diese zuhause oder stationär in Anspruch genommen wird.

Im vorliegenden Fall wurde daher den für Oktober bis Dezember in Rechnung gestellten Heimkosten nicht das gesamte Pflegegeld gegenverrechnet, sondern nur jenes für den Zeitraum des stationären Aufenthaltes. Der Beschwerde wurde dennoch nur teilweise Folge gegeben, da noch die Haushaltsersparnis abzuziehen war. Der übersteigende Betrag bilde dann laut BFG die außergewöhnliche Belastung. Die von Februar bis September in Rechnung gestellte Tagespflege und Heimhilfe sei mit dem für diesen Zeitraum gewährten Pflegegeld gedeckt, weshalb sich hier nach der Gegenverrechnung keine weitere außergewöhnliche Belastung ergebe. Eine Revision wurde in Ermangelung höchstgerichtlicher Entscheidungen als zulässig beurteilt.

Conclusio

Die nur anteilige Gegenverrechnung des Pflegegeldes entspricht dem Zweck des § 34 EStG, da dies andernfalls Personen mit Pflegegeldbezug überproportional belasten und damit ungleich behandeln würde. Schließlich würde bei Gegenverrechnung des gesamten Pflegegeldes auf die Heimkosten ein geringerer Betrag für die häusliche Pflege zur Verfügung stehen. In einem gleichartigen Fall kam das BFG zu einem ähnlichen Ergebnis (BFG 9. 3. 2021 RV/7100091/2021). Bisher gibt es noch keine VwGH-Entscheidung zur Frage, in welcher Höhe das Pflegegeld gegenzuverrechnen ist. Die Bf hat keine Revision eingebracht.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34151 vom 16.06.2023