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Abstract
§ 50 Abs 2 Bundesbahngesetz enthält zahlreiche abgabenrechtliche Begünstigungen für die ÖBB-Infrastruktur AG (ÖBB-Infra). Aus diesem Grund ist die ÖBB-Infra auch von der Grunderwerbsteuer (GrESt) befreit. Im gegenständlichen Fall war umstritten, ob diese Steuerbefreiung nur für Grundstückserwerbe durch die ÖBB-Infra zur Anwendung kommt oder auch auf Grundstücksverkäufe durch die ÖBB-Infra. Nach dem BFG findet die in § 50 Abs 2 Bundesbahngesetz normierte Befreiung nur auf jene Fälle Anwendung, in denen der Grundstückserwerb durch die ÖBB-Infra erfolgt. Dies ergebe sich nach dem BFG bereits aus dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung, der im Lichte der Erläuterungen auch keine anderslautende Auslegung zulasse.
BFG 17. 9. 2024, RV/7103260/2019
Sachverhalt
Mit zivilrechtlichem Vertrag vom 9. 11. 2018 zwischen der ÖBB-Infra und dem Beschwerdeführer (Bf) übertrug der Bf der ÖBB-Infra mehrere Liegenschaften. Mit demselben Vertrag übertrug aber auch die ÖBB-Infra dem Bf mehrere Liegenschaften. Für den ersten Übertragungsvorgang, durch den die ÖBB-Infra Grundstücke von dem Bf erworben hat, war eine Gegenleistung iHv 4.703.320 € vereinbart. Für den zweiten Übertragungsvorgang von Grundstücken der ÖBB-Infra auf den Bf war eine Entschädigung iHv 938.100 € vereinbart.
Entscheidung des BFG
Strittig ist im Beschwerdefall, ob die in § 50 Abs 2 letzter Satz Bundesbahngesetz normierte Abgabenbefreiung bezüglich der GrESt nur aus Anlass der Grundstückserwerbe, die durch die ÖBB-Infra anfallen, zur Anwendung gelangt oder auch solche Grundstückserwerbe erfasst, bei denen der Erwerber von der ÖBB-Infra erwirbt.
Einer Auslegung des bereits eindeutigen Gesetzestextes („Grundstückserwerb durch die ÖBB-Infrastruktur AG“) in die von dem Bf beabsichtigte Richtung sei auch vor dem Hintergrund der ins Treffen geführten Erläuterungen zur fraglichen Novelle des Bundesbahngesetzes (BGBl I 2005/95) der Boden entzogen. Auch die gegenständlichen Erläuterungen sehen nur für den Fall eines Grundstückserwerbes durch die ÖBB-Infra eine Befreiung beider Vertragspartner von der GrESt vor (Erläut 227 BlgNR 24. GP 5 f). Begründung für diese beidseitige Befreiung ist, dass ansonsten die Abgabe auch vom Verkäufer zu leisten wäre und dieser sie entsprechend auf den Grundpreis umlegen würde. Dies würde zu einer Verteuerung der im öffentlichen Interesse zu errichtenden Schieneninfrastruktur führen.
Da im Falle eines Verkaufes von Grundstücksflächen durch die ÖBB-Infra diese veräußerten Flächen gerade nicht für die Schieneninfrastruktur benötigt werden, liegt es auf der Hand, dass in diesem Fall die sachliche Begründung für die Befreiung von der GrESt (öffentliches Interesse an der zu errichtenden Schieneninfrastruktur) nicht gegeben ist und der Gesetzgeber daher eine Befreiung für diese Fälle nicht gewährt. Die in § 50 Abs 2 Bundesbahngesetz normierte Befreiung finde daher lediglich auf die Fälle Anwendung, in denen der Grundstückserwerb durch die ÖBB-Infra erfolgt und nicht in jenen, in denen die ÖBB-Infra als Verkäuferin von Grundstücksflächen auftritt. Der Bf muss also die GrESt für die von ihm erworbenen Flächen entrichten.
Conclusio
Nach dem Wortlaut von § 50 Abs 2 Satz 1 Bundesbahngesetz ist „[d]ie ÖBB-Infrastruktur AG […] von bundesgesetzlichen Abgaben mit Ausnahme der Umsatzsteuer […] befreit“. § 50 Abs 2 letzter Satz Bundesbahngesetz stellt klar, dass sich „[d]ie Abgabenbefreiung […] in Bezug auf die Grunderwerbsteuer, die aus Anlass eines Grundstückserwerbes durch die ÖBB-Infrastruktur AG anfällt, auch auf den jeweiligen Vertragspartner“ erstreckt. Im Wortlaut des Gesetzes findet sich also kein Anzeichen dafür, dass auch bei einem Grundstücksverkauf durch die ÖBB-Infra der Vertragspartner von der GrESt befreit sein sollte.
Auch der VfGH hat sich bereits mit den abgabenrechtlichen Begünstigungen in § 50 Abs 2 Bundesbahngesetz befasst (VfGH 10. 12. 2014, G 133/2014). In dieser Entscheidung hat der VfGH ausgesprochen, dass die Befreiung der ÖBB-Infra von den Dienstgeberbeiträgen zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) verfassungskonform ist. Dies sei nach dem VfGH durch das besondere öffentliche Interesse an dem Bau und der Erhaltung der Eisenbahninfrastruktur sachlich gerechtfertigt. Bei einem Grundstücksverkauf – wie in der gegenständlichen Entscheidung des BFG – ist aber dieses besondere öffentliche Interesse gerade nicht erkennbar. Daher sprechen auch gleichheitsrechtliche Überlegungen für eine restriktive Auslegung der Befreiung und damit gegen eine Anwendung des § 50 Abs 2 Bundesbahngesetz auf Grundstückserwerbe, in denen die ÖBB-Infra als Veräußerer auftritt.
Das BFG hat im konkreten Fall die ordentliche Revision zugelassen. Der VwGH hat sich nämlich bisher nur zu § 50 Abs 2 Bundesbahngesetz iZm den Dienstnehmerbeiträgen zum FLAF befasst (VwGH 26. 4. 2017, Ro 2015/13/0013). Angesichts des klaren Wortlautes des Gesetzes sowie des klar identifizierbaren Zwecks der Befreiung, die nur Erwerbe durch die ÖBB-Infra als im öffentlichen Interesse stehend begünstigen soll, ist aber fraglich, ob eine Revision an den VwGH im gegenständlichen Fall erfolgversprechend wäre. Soweit ersichtlich, wurde auch keine Revision eingebracht.