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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
Abstract
Eine Gesellschaft schuldete Abgaben, wurde aber wegen Vermögenslosigkeit aus dem Firmenbuch gelöscht. Die Abgabenbehörde belangte daraufhin den ehemaligen Inhaber einer Generalvollmacht der Gesellschaft. Das BFG hatte nun zu prüfen, ob der ehemals Bevollmächtigte ein faktischer Geschäftsführer iSd § 9a BAO war und die übrigen Haftungsvoraussetzungen gegeben waren. Das BFG kam zum Ergebnis, dass eine Haftung dem Grunde nach besteht, betragsmäßig jedoch verringert wird, weil der faktische Geschäftsführer von manchen Abgabenansprüchen keine Kenntnis hatte.
BFG 13. 5. 2025, RV/7100440/2024
Sachverhalt
Der Bf war Generalbevollmächtigter einer Gesellschaft, die im Handel mit hochpreisigen Kfz tätig war. Eine Außenprüfung der Gesellschaft ergab, dass rund 94 % ihrer Lieferungen an Missing Trader erfolgten. Die Gesellschaft wurde im Mai 2023 wegen Vermögenslosigkeit aus dem Firmenbuch gelöscht, wobei der Bf nie als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen war. Am 6. 3. 2023 wurde ein Haftungsbescheid für die ausständigen Abgabenschulden der Gesellschaft an den Bf als faktischen Geschäftsführer erlassen. Am 9. 3. 2023 wurde hiergegen Beschwerde erhoben. Eine abweisende BVE erging am 18. 8. 2023, ein Vorlageantrag wurde am 22. 9. 2023 gestellt.
Entscheidung des BFG
Das BFG hält zunächst fest, dass es sich beim Bf um einen faktischen Geschäftsführer iSd § 9a BAO handelt. Der Bf setzte für die Gesellschaft mit Generalvollmacht Vertreterhandlungen wie die Unterfertigung von Kaufverträgen oder die Unterzeichnung von Anträgen auf Freigabe von Fahrzeugidentifikationsnummern. Damit handelt es sich beim Bf um einen faktischen Geschäftsführer, der die Geschäfte der Gesellschaft besorgte, auch wenn er nicht im Firmenbuch eingetragen war.
Nach dieser Feststellung geht das BFG näher auf die übrigen Voraussetzungen der Haftung nach § 9a BAO ein. Eine schuldhafte Pflichtverletzung liegt vor, da unrichtige Steuererklärungen abgegeben wurden und die Verschuldensvermutung für einen solchen Verstoß nicht entkräftet wurde. Auch die Kausalität des Pflichtverstoßes für die Uneinbringlichkeit wird vom BFG mit einer Kausalitätsvermutung bestätigt, die vom Bf nicht entkräftet wird. Das BFG erkennt jedoch Probleme bei der Kenntnis des Bf über den Abgabenanspruch. Laut höchstgerichtlicher Rsp (VwGH 11. 7. 2000, 2000/16/0227) muss dem Haftungspflichtigen von der Behörde über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis in einer Weise verschafft werden, dass eine Prüfung der Richtigkeit der Abgabenfestsetzung möglich ist. Manche Teile des Haftungsbetrags wurden dem Bf jedoch nicht zugestellt (Säumniszuschläge und Aussetzungszinsen). Von diesen Ansprüchen hatte der Bf keine Kenntnis, womit ein Tatbestandsmerkmal fehlt. Aus diesem Grund entfällt die Haftung im Ausmaß dieser Bestandteile. Das BFG vermindert somit den Haftungsbetrag entsprechend, bejaht aber eine Haftung dem Grunde nach. Eine Revision wurde nicht zugelassen.
Conclusio
Durch den Fehler der Abgabenbehörde, den Bf nicht über die ausständigen Säumniszuschläge und Aussetzungszinsen zu informieren, mindert sich die Haftungssumme des Bf. Diese Informationspflicht der Abgabenbehörde ergibt sich aus dem Recht des Haftungspflichtigen, Beschwerde zu erheben (Ritz/Koran, BAO8 [2025] § 248 BAO Rz 8). Der Haftungspflichtige würde sonst nicht wissen, weswegen er zur Haftung herangezogen wird, womit wirksamer Rechtsschutz nicht möglich wäre. Dies ist im Fall der Haftung des faktischen Geschäftsführers von besonderer Bedeutung, da dieser als nicht-organschaftlicher Vertreter nicht zwingend Einsicht in die Bücher der Gesellschaft hat. Im vorliegenden Fall bewirkt der Fehler der Abgabenbehörde im Ergebnis einen Unterschied von 98.323,05 €, da die Haftungssumme von 7.306.419,38 € auf 7.208.096,33 € reduziert wurde.