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Abstract
Die Hauptwohnsitzbefreiung des § 30 Abs 2 Z 1 EStG ist in Bezug auf die das Gebäude umgebende Bodenfläche, die zusammen mit dem Gebäude als Einheit „bebautes Grundstück“ angesehen wird, größenmäßig beschränkt. Laut VwGH-Rsp ist dem begünstigten Eigenheim „Grund und Boden“ nur in jenem Ausmaß zuzuordnen, das „üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist“. Das BFG hatte im Folgeverfahren zur VwGH-Entscheidung vom 29. 3. 2017, Ro 2015/15/0025, Rechtsnews 23521, über das Ausmaß des von § 30 Abs 2 Z 1 EStG mitbefreiten Grundstückes zu entscheiden. Das BFG sah das Ausmaß eines üblicherweise erforderlichen Baugrundstückes im Sinne einer typisierenden Betrachtungsweise im Ausmaß von maximal 1.000 m2 als ausreichend und angemessen an.
BFG 10. 2. 2020, RV/2100879/2018
Sachverhalt
Die Bf, Frau A, ist als Erbin Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehegatten, Herrn B. Herr B war Eigentümer einer Liegenschaft in Graz, auf der ein Wohnhaus mit einer großen Gartenanlage stand. Er hat das Haus laut unbestrittener Melderegisterdaten von 5. 4. 2002 bis 12. 9. 2012 als Hauptwohnsitz genutzt. Am 31. 5. 2012 unterzeichnete Herr B einen Kaufvertrag über die Veräußerung der Liegenschaft, die im selben Jahr dem Käufer übergeben wurde. Im Kaufvertrag wurde kein gesondertes Entgelt für Gebäude und Grundstück vereinbart. Das FA unterwarf die Veräußerung der Liegenschaft der Immobilienertragsteuer.
Verfahrensgang und Rechtsfrage
Das BFG stellte mit Erkenntnis vom 17. 4. 2015, RV/2101044/2014 fest, dass die gesamte Veräußerung unter die Hauptwohnsitzbefreiung des § 30 Abs 2 EStG fällt. Der VwGH hob diese Entscheidung mit Erkenntnis vom 29. 3. 2017, Ro 2015/15/0025 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf: Die Hauptwohnsitzbefreiung erstrecke sich nämlich nur auf den Teil des Grund und Bodens, der als Bauplatz unbedingt erforderlich sei. In weiterer Folge trug das BFG dem FA auf, den Gesamtverkaufspreis in einen Anteil, der auf das Gebäude entfällt, und einen Anteil, der auf den Grund entfällt, aufzuteilen. Im daraufhin erlassenen und in diesem Verfahren gegenständlichen Bescheid beließ das FA den Anteil des Kaufpreises, der auf das Gebäude und den mitveräußerten Grund und Boden im Ausmaß von insgesamt 1.000 m2 entfällt, mit Hinweis auf Rz 6634 EStR 2000 steuerfrei.
Strittig ist, wie hoch im Rahmen der Befreiungsbestimmung des § 30 Abs 2 Z 1 EStG der Grund und Boden-Anteil (Quadratmeterfläche), der „üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist“ und dem begünstigten Eigenheim zuzuordnen ist, angesetzt werden kann.
Erwägungen des BFG
Das BFG betont die laut VwGH in Bezug aufgrund und Boden vorherrschende größenmäßige Beschränkung der Befreiungsbestimmung des § 30 Abs 2 Z 1 EStG: Befreit sei nicht die gesamte, das Gebäude umgebende Bodenfläche. Dem begünstigten Eigenheim sei „Grund und Boden“ vielmehr nur in jenem Ausmaß zuzuordnen, das „üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist“. Welche Grundstücksgröße üblicherweise für einen Bauplatz erforderlich ist, sei nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen. Die Verkehrsauffassung müsse dabei laut BFG wohl im Sinne einer typisierenden Betrachtungsweise für das gesamte Bundesgebiet gelten, da der VwGH in seinem Erkenntnis eine Anknüpfung an das konkrete Grundstück abgelehnt habe.
Zur Beurteilung der Verkehrsauffassung im Sinne einer typisierenden Betrachtungsweise eigne sich laut BFG die bisherige Verwaltungspraxis: Rz 6634 EStR 2000 sieht in Anlehnung an die Rsp des VwGH zum GrEStG ein 1.000 m2-großes Grundstück als üblicherweise für einen Bauplatz erforderlich an. Da der Zweck der Ausnahmebestimmung des § 30 Abs 2 Z 1 EStG darin bestehe, dass der Veräußerungserlös ungeschmälert zur Anschaffung eines neuen Hauptwohnsitzes zur Verfügung stehen soll (ErlRV 1680, BlgNR 26. GP, 8), sei es dem BFG zufolge nicht unrichtig anzunehmen, dass das BMF die Größe so gewählt habe, dass alle durchschnittlichen Wohnhäuser erfasst sind. Der Großteil der Wohnhäuser, der auf einem „üblichen Bauplatz“ steht, dürfte daher mit einem bis zu 1.000 m2 großen Grundstück verbunden sein. Der angefochtene Bescheid wurde gemäß § 279 BAO abgeändert. Die Revision an den VwGH nach Art 133 Abs 4 B-VG war zulässig, wurde jedoch nicht erhoben.
Conclusio
Das BFG sieht es als unproblematisch an, wenn im Hinblick auf die Hauptwohnsitzbefreiung gem § 30 Abs 2 Z 1 EStG das Ausmaß eines üblicherweise erforderlichen Baugrundstückes im Sinne einer typisierenden Betrachtungsweise im Ausmaß von maximal 1.000 m2 als ausreichend und angemessen erachtet wird. Es ist anzunehmen, dass das BFG (wie bereits in den Erkenntnissen vom 18. 3. 2019, RV/5101362/2017 und vom 23. 12. 2019, RV/7101984/2019) auch zukünftig 1.000 m2 als „üblicherweise erforderlich“ beurteilen wird.