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BFG: Höhe der Stabilitätsabgabe bei Verschmelzung von Kreditinstituten

Bearbeiter: Eric Coenen

Stabilitätsabgabegesetz (StabAbgG): §§ 2 Abs 5, 5 Abs 2 Z 1

Abstract

Kreditinstitute mit einer Konzession nach dem BWG unterliegen der Pflicht, eine Stabilitätsabgabe abzuführen (§ 1 StabAbgG). Die Höhe der abzuführenden Stabilitätsabgabe bemisst sich vorrangig anhand der Bilanzsumme des Kreditinstituts des Vorjahres. Erfolgt allerdings eine Verschmelzung von mehreren Kreditinstituten, so stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt das übergegangene Vermögen beim übernehmenden Kreditinstitut zur Bemessung der Höhe der Stabilitätsabgabe zu berücksichtigen ist. Nach Ansicht des BFG ist das übergegangene Vermögen erst ab dem Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch bei dem Rechtsnachfolger zu berücksichtigen und nicht bereits mit dem Folgetag des Umgründungsstichtags.

BFG 1. 2. 2023, RV/6100061/2022

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) ist ein Kreditinstitut mit einer Konzession nach dem BWG. Der Bilanzstichtag dieses Kreditinstituts ist der 31. 12. Auf die Bf waren vier verschiedene Bankbetriebe in Form von Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften verschmolzen worden: A Bank mit dem Stichtag 31. 12. 2014, B Bank mit dem Stichtag 31. 12. 2015, C Bank und D Bank jeweils mit dem Stichtag 31. 12. 2016. Die Eintragungen der Verschmelzungen im Firmenbuch erfolgten jeweils zwischen Juli und Oktober des Folgejahres. Zur Berechnung der für Kreditinstitute mit Konzession abzuführenden Stabilitätsabgabe wurden diese vier Verschmelzungen von der Beschwerdeführerin erst ab dem Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch berücksichtigt. Damit bezog sie die Bilanzsummen der verschmolzenen Bankbetriebe ebenso ab diesem Tag in die Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe mit ein. Das Finanzamt hingegen berücksichtigte das übergegangene Vermögen bereits ab dem dem Umgründungsstichtag folgenden Tag in der Bemessungsgrundlage der Bf. Daraus ergaben sich verschiedene Zeitpunkte, zu denen das übergegangene Vermögen der auf die Bf verschmolzenen Bankbetriebe bei der Bf zur Berechnung der Stabilitätsabgabe berücksichtigt wurden. Strittig war somit, welche Vermögenswerte der Bemessungsgrundlage der Bf ab welchem Zeitpunkt zuzurechnen waren.

Entscheidung des BFG

Kreditinstitute mit Konzession nach dem BWG unterliegen gem § 1 Stabilitätsabgabegesetz (StabAbgG) einer Stabilitätsabgabe. Gem § 2 StabAbgG ist die Bemessungsgrundlage für diese Abgabe grundsätzlich die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme des Kreditinstituts. Diese Bemessungsgrundlage wird im Regelfall aus dem arithmetischen Mittel von vier Vierteljahreswerten der Bilanzsumme des Vorjahres berechnet. Im Fall von Umgründungen soll zur Berechnung der Höhe der Stabilitätsabgabe auf den Rechtsnachfolger abgestellt werden, sofern auch dieser ein Kreditinstitut ist. In solchen Fällen ist gem § 2 Abs 5 StabAbgG das übertragende Vermögen dann grundsätzlich beim Rechtsvorgänger in Abzug zu bringen. Das Finanzamt sah im Wortlaut dieser Bestimmung den Anlass, das Vermögen der auf die Bf verschmolzenen Bankbetriebe bei der Bf bereits ab dem Folgetag des Umgründungsstichtags zu erfassen und stellte somit nicht auf die zivilrechtliche Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch ab. Das FA ging somit entsprechend den Gesetzesmaterialien davon aus, dass die umgründungssteuerrechtliche Rückwirkungsfiktion zur Anwendung gelangt und deshalb das übergegangene Vermögen in der juristischen Sekunde zwischen dem 31. 12. und dem 1. 1. des Folgejahres beim Rechtsnachfolger zuzurechnen und beim Rechtsvorgänger in Abzug zu bringen sei (siehe in diesem Sinne auch die ErläutRV 981 BlgNR 24. GP 107 f).

Das BFG hingegen argumentiert, dass die hier entscheidungserhebliche Bestimmung des § 2 Abs 5 StabAbgG nur dann anwendbar sein kann, falls ein abweichendes Geschäftsjahr vorliegt und der Stichtag folglich nicht der 31. 12. ist. Die Ansicht des BFG, die umgründungssteuerrechtliche Rückwirkungsfiktion nicht zum Tragen kommen zu lassen, stützt sich vor allem darauf, dass vielmehr eine bilanzielle Betrachtung anzulegen sei, die eine solche Rückwirkung ausschließe (das BFG nimmt überwiegend Bezug auf die Ausführungen von Kirchmayr/Hristov, Auswirkungen von Umgründungen auf die Stabilitätsabgabe, taxlex 2012, 81 [82]). Für diese Auslegung des § 2 Abs 5 StabAbgG spricht laut BFG zum einen die Tatsache, dass das StabAbgG überwiegend unternehmensrechtliche und nicht abgabenrechtliche Begrifflichkeiten verwendet. Zum anderen werde im StabAbgG auf den Zeitpunkt des Vermögensübergangs abgestellt, nicht aber auf den Umgründungsstichtag selbst.

Zusätzlich zur Stabilitätsabgabe haben Kreditinstitute auch eine Sonderzahlung zu entrichten (§ 5 StabAbgG). Zur Höhe dieser Sonderzahlung führt das BFG aus, dass der in § 5 Abs 1 Z 2 StabAbgG genannte Verweis auf die sinngemäße Anwendung des § 2 Abs 5 StabAbgG dann anwendbar sein soll, wenn der Abgabenanspruch bei dem übertragenden Kreditinstitut erst nach dem Zeitpunkt seines Untergangs entstehen würde. Zudem ist durch die Einführung dieser Sonderzahlung ein Wahlrecht vom Gesetzgeber bis zum 31. 1. 2017 gewährt worden, wonach der Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld vom Kreditinstitut bestimmt werden konnte. Dadurch bestünde die Möglichkeit, einen Freibetrag bei dem übertragenden Kreditinstitut auszunutzen, welcher beim übernehmenden Kreditinstitut bereits ausgereizt war. Daher solle trotz zivilrechtlichen Untergangs der B Bank zum Zeitpunkt der erstmaligen Ausübung dieses Wahlrechts im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung der Freibetrag bei der B Bank auszunutzen sein. Die ordentliche Revision ist anhängig.

Conclusio

Das BFG verneint im vorliegenden Erkenntnis die Anwendbarkeit der umgründungssteuerrechtlichen Rückwirkungsfiktion für die Berechnung der Stabilitätsabgabe. Es bejaht – trotz gegenteiliger Ausführungen in den Gesetzesmaterialien (vgl ErläutRV 981 BlgNR 24. GP 107 f) – den Übergang des Vermögens ab dem Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch und nimmt folglich eine bilanzielle Betrachtungsweise an. Dabei stützt sich das BFG überwiegend auf die Ausführungen von Kirchmayr/Hristov, taxlex 2012, 81 (82), die die umgründungssteuerrechtliche Rückwirkungsfiktion ablehnen und vielmehr den bilanziellen Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums als maßgeblichen Zeitpunkt heranziehen (ausführlicher dazu Kirchmayr/Hristov, Auswirkungen von Umgründungen auf die Stabilitätsabgabe, in FS Jud [2012] 333 [334 ff]). Diese Ausführungen erscheinen stimmig: Der Zweck der Bestimmung des § 2 Abs 5 StabAbgG liegt vor allem in der Verhinderung von Konstruktionen, durch die die Stabilitätsabgabe umgangen werden könnte. Eine Umgehung der Stabilitätsabgabe ist hier allerdings nicht denkbar, vielmehr geht es bloß um die Frage, zu welchem Zeitpunkt das Vermögen beim Rechtsnachfolger zu berücksichtigen ist. Auch der starke Bezug des Gesetzes zum Bilanzrecht legt eine solche bilanzielle Betrachtungsweise nahe. Somit liegt nach Ansicht des BFG ein Anwendungsfall des § 2 Abs 5 StabAbgG für die Jahre ab 2014 nur bei einem abweichenden Geschäftsjahr vor.

Anderes gilt hingegen etwa beim Übergang von einem allfälligen Mindestkörperschaftsteuerguthaben der übertragenden Gesellschaft: Dieses geht bereits mit dem Folgetag des Verschmelzungsstichtags auf die übernehmende Gesellschaft über (VwGH 8. 4. 2022, Ro 2021/13/0015; dazu Coenen, Frühestmöglicher Anrechnungszeitpunkt verschmelzungsbedingt übergegangener Mindestkörperschaftsteuer, ecolex 2022, 751 [751 f]). Dieser zeitliche Übergang entspricht auch dem Grundsatz des Umgründungssteuerrechts, wonach der Rechtsnachfolger das Vermögen der übertragenden Gesellschaft mit dem Folgetag des Umgründungsstichtags erwirbt (dazu Kofler/Six in Kofler [Hrsg], UmgrStG12 [2023] § 3 Rz 34).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34391 vom 17.08.2023