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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
EStG 1988: § 4 Abs 2 Z 2, § 28 Abs 7, § 30 Abs 4
Abstract
Das BFG hatte zu entscheiden, ob die Fehlerberichtigung gem § 28 Abs 7 iVm § 4 Abs 2 Z 2 EStG auch für bereits verjährte Jahre möglich ist. Aufgrund des Vorliegens des Neuerungstatbestandes von § 303 Abs 1 lit b BAO ist dies im Rahmen der Ermessensausübung möglich. Die Berichtigung wirkt jedoch nicht als ex tunc-Korrektur für die nicht berichtigbaren Jahre. Daher war auch keine pauschale Einkünfteermittlung gem § 30 Abs 4 EStG nach der Berichtigung zulässig.
BFG 26. 2. 2025, RV/7102183/2023
Sachverhalt
Der Bf erwarb im Oktober 2000 den Hälfteanteil an einer Liegenschaft um 394.646,95 € (50 % des Gesamtkaufpreises von 789.293,90 €). In den folgenden Jahren wurden diverse Investitionen getätigt und in weiterer Folge als Herstellungsaufwendungen gem § 28 Abs 3 EStG beschleunigt geltend gemacht. Die Investitionen wurden im Rahmen einer Außenprüfung der Miteigentümerschaft für die Jahre 2007–2013 teilweise als Instandsetzungsaufwendungen qualifiziert und die beschleunigte Abschreibung für diese daher nicht anerkannt. Diese Umqualifizierung des ursprünglich begünstigt abgeschriebenen Herstellungsaufwands wurde dann durch das Erkenntnis BFG 5. 7. 2023, RV/7100523/2023 bestätigt. Zudem wurde in diesem Erkenntnis ein mit Vertrag vom 6. 12. 2002 geschlossenes Mietverhältnis zwischen dem Bf und der Miteigentümerschaft ertragsteuerlich nicht anerkannt. Mieterlöse und zusammenhängende Werbungskosten wurden entsprechend gekürzt.
Am 30. 9. 2014 veräußerte der Bf schließlich seinen Anteil an der Liegenschaft um 900.000,00 €. Als Einkünfte aus privater Grundstücksveräußerung wurde die Einkommensteuer durch Selbstberechnung gem § 30 Abs 3 EStG mit 127.849,00 € festgesetzt. Aufgrund der vorherig erwähnten Außenprüfung wurde die ImmoESt auf einen Betrag von 86.754,13 € reduziert. Der Bf bringt vor, dass die nach § 28 Abs 3 EStG geltend gemachten Abschreibungsfünfzehntel auch für die Jahre 2001–2006 ex tunc zu korrigieren seien und die Liegenschaft daher als Altgrundstück der Pauschalbesteuerung gem § 30 Abs 4 EStG unterliegen müsse.
Entscheidung des BFG
Das BFG widmete sich zunächst der Frage, ob die Ergebnistangenten 2007–2014 laut BFG 5. 7. 2023, RV/7100523/2023 zu berücksichtigen sind. Im Einkommensteuerverfahren besteht eine Bindung an die Feststellung von Einkünften durch gem § 188 BAO erlassene Feststellungsbescheide (vgl Ritz/Koran, BAO7 [2021] § 192 Tz 3). Der Feststellungsbescheid wurde gem § 295 Abs 1 iVm § 279 Abs 1 zweiter Satz BAO vom BFG rechtmäßig geändert (vgl VwGH 9. 11. 1983, 83/13/0088) und die Einkünfte sind dementsprechend anzupassen.
Gem § 28 Abs 7 EStG kommt bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Bestimmung über Fehlerberichtigung für bereits verjährte Jahre, in diesem Fall 2001–2006, gem § 4 Abs 2 Z 2 EStG zur Anwendung. Aufgrund der Übergangsbestimmung des § 124b Z 225 EStG ist die Anwendung aber nur auf Veranlagungszeiträume ab 2003 möglich. Auch Aufwendungen, die ihre Wurzel in Zeiträumen vor 2003 haben, wie die hier vorliegenden Investitionen, können korrigiert werden (vgl VwGH 29. 9. 2022, Ro 2022/15/0011, Rz 32). Der für Zu- und Abschlag nach § 4 Abs 2 Z 2 EStG notwendige Verfahrenstitel (vgl VwGH 29. 9. 2022, Ro 2022/15/0011, Rz 34) ergibt sich durch das Vorliegen des Neuerungstatbestands gem § 303 Abs 1 lit b BAO. Die Feststellungsverfahren für die Jahre 2007–2013 wurden aufgrund der durch die Außenprüfung hervorgekommenen neuen Tatsachen wiederaufgenommen. Da die Fehler in den Jahren 2003–2006 den identen Sachverhalt betreffen, ist die Fehlerberichtigung auch aus diesem Gesichtspunkt möglich. Die Fehlerberichtigung gem § 28 Abs 7 iVm § 4 Abs 2 Z 2 EStG ist mangels Billigkeitsgründen zugunsten des Bf und zur Sicherstellung der gesetzmäßigen Einbringung der Abgaben beginnend im Jahr 2007 legitim.
Nach § 30 Abs 4 EStG unterliegen Grundstücke einer (günstigen) Pauschalbesteuerung, wenn sie zum 31. 3. 2012 nicht steueranhängig waren. Vor dem AbgÄG 2012 hat die Spekulationsfrist bei Grundstücken grundsätzlich zehn Jahre betragen, somit würde das Grundstück, da es vor dem 31. 3. 2002 erworben wurde, unter diese Pauschalbesteuerung für Altgrundstücke fallen. Aufgrund der Herstellungsaufwendungen gem § 28 Abs 3 EStG innerhalb von zehn Jahren seit Anschaffung verlängert sich die Spekulationsfrist auf fünfzehn Jahre und der Verkauf der Liegenschaftsanteile unterläge der Regelung für Neugrundstücke gem § 30 Abs 3 EStG. Die Fehlerberichtigung gem § 28 Abs 7 iVm § 4 Abs 2 Z 2 EStG führt allerdings nicht zu einer ex tunc-Korrektur, sondern nur dazu, dass durch Zu- und Abschläge die Auswirkungen im ersten nicht verjährten Jahr korrigiert werden. Die Geltendmachung der Herstellungsaufwendungen bleibt in den vorherigen rechtskräftigen Jahren bestehen. Aufgrund der Übergangsbestimmungen in § 124b Z 225 EStG wäre eine Fehlerkorrektur ohnehin nicht in allen Jahren möglich. Im Ergebnis bleiben die Herstellungs-Fünfzehntel in den Jahren 2001 und 2002 unberichtigt bestehen. Da keine Rechtsprechung des VwGH bzgl der Auswirkung einer nachträglichen Fehlerberichtigung gem § 28 Abs 7 iVm § 4 Abs 2 Z 2 EStG auf die Art der Einkünfteermittlung im Rahmen der privaten Grundstücksveräußerung vorhanden ist, wurde eine ordentliche Revision zugelassen.
Conclusio
Ist ein Grundstück am 31. 3. 2012 steuerverfangen gewesen oder nach diesem Datum angeschafft worden, handelt es sich um ein sog Neugrundstück (vgl Kanduth-Kristen et al [Hrsg], Jakom EStG18 [2025] § 30 Rz 47). Der Begriff „Steuerverfangenheit“ ist mit „Steuerhängigkeit“ gleichzusetzen (vgl Kampitsch, taxlex 17, 303). Ein Grundstück erfüllt diese Voraussetzung, wenn die zehn- oder fünfzehnjährige Spekulationsfrist am Stichtag noch nicht abgelaufen war (vgl Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg], EStG24 § 30 Rz 258).
War ein Grundstück am 31. 3. 2012 nicht mehr steuerverfangen, handelt es sich um ein Altgrundstück. Für ein solches ist die Einkünfteermittlung pauschal nach § 30 Abs 4 EStG möglich (vgl Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 [2024] § 30 Rz 3). Dies soll der Vorbeugung von Schwierigkeiten bei der Abschreibungskostenermittlung und der rückwirkenden Einbeziehung der im Altvermögen enthaltenen stillen Reserven dienen (vgl Kanduth-Kristen et al, Jakom EStG18 § 30 Rz 71). Zur pauschalen Berechnung der Einkünfte werden fiktive Anschaffungskosten iHv grundsätzlich 86 % des Veräußerungserlöses fingiert und vom Veräußerungserlös abgezogen (vgl Kanduth-Kristen et al, Jakom EStG18 § 30 Rz 71). Es findet somit keine pauschale Besteuerung auf Basis einer Durchschnittbetrachtung statt, sondern die Einkünfte werden anhand von gesetzlich vermuteten Anschaffungskosten ermittelt (vgl Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 § 30 Rz 291). Um zu verhindern, dass sich dies negativ für den Steuerpflichtigen auswirkt, steht eine Option zur Regeleinkünfteermittlung in § 30 Abs 5 EStG zur Verfügung (vgl Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 § 30 Rz 291).
Im vorliegenden Fall betrug die Spekulationsfrist mangels Berichtigung der Herstellungs-Fünfzehntel der Jahre 2001 und 2002 15 Jahre und das Grundstück war daher am 31. 3. 2012 steuerverfangen. Somit bestand keine Möglichkeit einer pauschalen Einkünfteermittlung nach § 30 Abs 4 EStG.