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BFG: Kein Dreiecksgeschäft bei Angabe einer ungültigen UID-Nummer des Empfängers in der Rechnung

Bearbeiter: Benjamin Beer

UStG 1994 – Anhang (Zu § 29 Abs 8) Binnenmarktregelung: Art 25 Abs 4

MwStSyst-RL: Art 42 lit a, Art 197 Abs 1 lit b

Abstract

Das BFG hatte zu beurteilen, ob ein im grenzüberschreitenden Agrargroßhandel tätiges Unternehmen trotz der Angabe im Verlauf der Geschäftsbeziehung ungültig gewordener Empfänger-UID-Nummern in den Rechnungen die Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte nach Art 25 UStG in Anspruch nehmen kann. Nach Ansicht des BFG ist das nicht möglich, weil die Gültigkeit der UID-Nummer des Empfängers hierfür vorausgesetzt ist.

BFG 27. 6. 2023, RV/7104948/2019

Sachverhalt

Die Bf war eine inländische GmbH, welche als Teil eines Konzerns im Großhandel mit Agrarprodukten tätig war. Ihr Geschäftsmodell umfasste es unter anderem, Sojapellets im EU-Ausland einzukaufen, diese unmittelbar weiterzuverkaufen und durch externe Spediteure an Unternehmen in anderen EU-Mitgliedstaaten transportieren zu lassen.

Im vorliegenden Fall hatte sie Sojapellets in Italien und Slowenien eingekauft und an Unternehmen in Kroatien (2015) und Ungarn (2016) geliefert. Die Geschäftsbeziehungen zu den beiden Unternehmen hatte sie jeweils etwa ein Jahr vor den gegenständlichen Lieferungen aufgenommen. In den Rechnungen gab die Bf neben ihrer eigenen auch jeweils die UID-Nummer der Empfänger an und wies auf das Vorliegen eines ig Dreiecksgeschäftes und den daraus resultierenden Übergang der Steuerschuld auf die Leistungsempfänger hin.

Aufgrund der jeweiligen zeitlichen Begrenzung der UID-Nummern der Empfänger im MIAS-System – einer Suchmaschine der Europäischen Kommission, mit Hilfe derer die Gültigkeit von UID-Nummern überprüft werden kann – wurden diese nach dem 12. 5. 2015 (für das kroatische Unternehmen) und nach dem 28. 12. 2015 (für das ungarische Unternehmen) ungültig. Die Bf gab jedoch auch in bis zu etwa einem Monat später datierten Rechnungen die nunmehr ungültigen UID-Nummern an. Ob die USt durch die Empfänger tatsächlich entrichtet wurde, konnte nicht mehr festgestellt werden. Einige Monate nach Eintritt der Ungültigkeit der UID-Nummern endete die jeweilige Geschäftsbeziehung aufgrund der Zahlungsunfähigkeit des kroatischen und des ungarischen Unternehmens.

Das FA vertrat die Ansicht, dass infolge der Angabe von ungültigen UID-Nummern in den gegenständlichen Fällen keine Dreiecksgeschäfte vorliegen konnten, weswegen die Bf selbst die jeweilige USt zu entrichten hatte. Gegen die entsprechenden USt-Bescheide für die Jahre 2015 und 2016 richtete sich die Beschwerde der Bf. Nach abweisender BVE wandte sich die Bf an das BFG.

Entscheidung des BFG

Das BFG stellte zunächst fest, dass an den vorliegenden Transaktionen drei Unternehmer aus drei verschiedenen Mitgliedstaaten der EU beteiligt sind, die jeweils unter der UID-Nummer ihres Sitzstaates auftreten. Somit liegt ein Reihengeschäft vor. Sofern der Erwerber die Voraussetzungen des Art 25 UStG einhält, können demnach grds die Sondervorschriften für Dreiecksgeschäfte zur Anwendung gelangen. Dreiecksgeschäfte sind für den Erwerber insofern vorteilhaft, als der ig Erwerb im Bestimmungsstaat befreit wird, der fiktive ig Erwerb im Mitgliedstaat seiner UID-Nummer als besteuert gilt und die Steuerschuld für die im Bestimmungsstaat getätigte Lieferung auf den letzten Abnehmer übergeht.

Art 25 Abs 4 UStG setzt neben der Angabe der jeweiligen UID-Nummer des Erwerbers und des Empfängers auch den Hinweis auf das Vorliegen eines ig Dreiecksgeschäftes und die Steuerschuldnerschaft des Empfängers voraus. Die Bf wies auf das Vorliegen eines ig Dreiecksgeschäftes hin und gab ihre eigene gültige Erwerber-UID-Nummer an. Allerdings bezeichnete sie ungültige UID-Nummern der Empfänger, was zur Nichterfüllung des Tatbestandes des Art 25 Abs 4 UStG führt. Daher kann die Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte im Ergebnis nicht in Anspruch genommen werden.

Bei dem Hinweis des Erwerbers auf die Steuerschuldnerschaft des Empfängers (EuGH 8. 12. 2022, C-247/21, Luxury Trust Automobil GmbH, Rn 49) handelt es sich um eine materielle Voraussetzung für das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes iSd Art 42 lit a MwStSyst-RL (Art 25 Abs 4 TS 1 zweite Voraussetzung UStG). Hierfür ist – wie aus Art 197 Abs 1 lit b MwStSyst-RL (Art 25 Abs 5 UStG) hervorgeht – die Erteilung einer gültigen UID-Nummer in dem Mitgliedstaat, in dem die Lieferung bewirkt wird, erforderlich. Mangels gültiger UID-Nummer ist diese Voraussetzung im gegenständlichen Fall allerdings nicht erfüllt.

Dieses strenge materielle Erfordernis fußt auf der fakultativen Natur der Ausnahmeregelung für Dreiecksgeschäfte (EuGH 8. 12. 2022, C-247/21, Luxury Trust Automobil GmbH, Rn 55) und entspricht der Rsp des VwGH, wonach bei Begünstigungsbestimmungen der Begünstigte selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen hat, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (VwGH 18. 12. 2019, Ro 2018/15/0025). Die UID-Nummer wurde weiters nicht rückwirkend für ungültig erklärt, sodass die Bf vor Rechnungslegung diese im MIAS-System abfragen und nach Kenntnisnahme von der Ungültigkeit die Ausübung des Wahlrechts zu Gunsten des Dreiecksgeschäftes unterlassen hätte können. Dahingehend ist es auch unerheblich, ob die Bf – wie von ihr vorgebracht – allgemeine unternehmerische Sorgfaltspflichten in ihren Prozessen einhielt.

Da die Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte nicht in Anspruch genommen werden kann, hat die Bf einen ig Erwerb jeweils in Kroatien und Ungarn nach Art 3 Abs 8 erster Satz UStG vollendet, weil dorthin die Sojapellets schließlich geliefert werden. Außerdem verwirklicht sie jeweils einen ig Erwerb in Österreich, weil sie ihre österreichische UID-Nummer verwendete (Art 3 Abs 8 zweiter Satz UStG) und sie nicht nachweisen konnte, dass in Kroatien und Ungarn die USt entrichtet wurde. Daneben liegt jeweils eine ruhende Lieferung nach § 3 Abs 7 UStG in Kroatien und Ungarn vor, weil die Sojapellets den Abnehmern in Kroatien und Ungarn übergeben wurden und dort somit die Orte der Verschaffung der Verfügungsmacht lagen. Daher hat die Bf die USt zu entrichten.

Das BFG schloss sich somit der Ansicht des FA an und wies die Beschwerde ab. Mangels Rsp des VwGH zu der hier entscheidenden Frage, nämlich ob die Vereinfachungsbestimmung für Dreiecksgeschäfte trotz Angabe einer ungültigen Empfänger-UID-Nummer auf der Rechnung anwendbar sein kann, erklärte es die Revision für zulässig. Allerdings wurde letztere – soweit ersichtlich – nicht erhoben.

Conclusio

Die Angabe der UID-Nummer des Empfängers als zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines Reihengeschäftes geht aus dem Wortlaut des Tatbestands des Art 25 Abs 4 UStG hervor. Dass eine ungültige UID-Nummer hiervon grundsätzlich nicht erfasst sein kann, ist naheliegend. Anderenfalls könnte der Erwerber unter Angabe einer beliebigen Nummer die Erleichterungen des Dreiecksgeschäftes in Anspruch nehmen. Das würde zu einer erhöhten Betrugsanfälligkeit führen.

Im vorliegenden Fall, in welchem die UID-Nummer erst im Verlauf einer längeren Geschäftsbeziehung, die durch kontinuierliche Transaktionen gekennzeichnet war, ungültig wurde, ist diese Ansicht jedoch nicht unproblematisch. De facto hat sie nämlich zur Folge, dass vor jeder einzelnen Teillieferung die UID-Nummer eines jeden Geschäftspartners im MIAS-System abgefragt werden muss. Dadurch können Verwaltungsaufwendungen entstehen, die die Vorteile des Dreiecksgeschäftes kompensieren, wodurch sogar manche Geschäftsmodelle unprofitabel werden können. Gerade der margenschwache Agrargroßhandel wäre hiervon – so zumindest die Befürchtung der Bf – bedroht.

Im Ergebnis entsteht hier daher ein Spannungsfeld zwischen Vereinfachung und Sicherstellung des Erfüllens der materiellen Anforderungen. Ein Unternehmer muss sich entscheiden, ob er durch erhöhte Kontrollen die Einhaltung der Voraussetzungen für das Dreiecksgeschäft sicherstellen oder in Einzelfällen einen Verstoß dagegen hinnehmen möchte. Eine Übergangsregel, die dem Erwerber eine Schonfrist einräumt, innerhalb derer er die mittlerweile als ungültig im MIAS-System eingetragene UID-Nummer nicht gegen sich gelten lassen muss, könnte Abhilfe schaffen. Eine solche Bestimmung kennt etwa das Firmenbuchrecht (vgl § 15 Abs 2 UGB).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34623 vom 16.10.2023