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BFG: Kein Mängelbehebungsauftrag bei fehlender Unterfertigung des Gruppenantrags

Bearbeiter: Christian Knotzer

KStG: § 9 Abs 8 und Abs 9 TS 3

BAO: § 85 Abs 2

Abstract

Der Gruppenantrag iSd § 9 Abs 8 KStG ist von den gesetzlichen Vertretern des Gruppenträgers sowie aller einzubeziehenden inländischen Körperschaften zu unterfertigen. Dies gilt sinngemäß auch, wenn ein Gruppenmitglied erst nachträglich in die Gruppe einbezogen wird (§ 9 Abs 9 TS 3 KStG). Im vorliegenden Erkenntnis entschied das BFG, dass es sich bei Fehlen der „Unterfertigung“ um einen materiell mangelhaften Gruppenantrag handelt, der einem Mängelbehebungsauftrag (§ 85 Abs 2 BAO) nicht zugänglich ist. Die Unterfertigung ist nämlich Ausdruck der zivilrechtlichen Willensbildung zwischen den (beabsichtigten) Gruppengesellschaften und damit inhaltliches Tatbestandsmerkmal.

BFG vom 2. 6. 2021, RV/7103897/2020

Sachverhalt

Die DI-GmbH war Gruppenträger einer bereits seit 2016 bestehenden Unternehmensgruppe iSd § 9 KStG. Mit Schreiben vom 12. 12. 2018 stellte sie einen Antrag zum Einbezug einer ihrer weiteren Tochtergesellschaften (DB-GmbH) als Gruppenmitglied, mit Wirksamkeit ab dem Veranlagungsjahr 2018. Zu diesem Zweck reichte die DI-GmbH die Formulare G2 („Antrag auf Feststellung einer Unternehmensgruppe (Gruppenmitglied)“) und G4 („Antrag auf Feststellung einer Unternehmensgruppe (Finanzielle Verbindung des Gruppenträgers)“) beim Finanzamt ein. Das Formular G1 („Antrag auf Feststellung einer Unternehmensgruppe (Gruppenträger/Zweigniederlassung/Hauptbeteiligter)“) wurde dem Finanzamt hingegen nicht übermittelt. Die beiden eingereichten Formulare wurden jeweils vom gesetzlichen Vertreter der DI-GmbH unterschrieben. Auf dem Formular G2 waren verschiedene Angaben über die DB-GmbH vermerkt. Jedoch fehlte – trotz namentlicher Nennung – die Unterschrift des gesetzlichen Vertreters der DB-GmbH. Das Finanzamt wies den Gruppenantrag (ohne vorherigen Mängelbehebungsauftrag iSd § 85 Abs 2 BAO) zurück, da dieser die notwendigen Voraussetzungen nicht erfülle.

Entscheidung des BFG

Das BFG hatte nun darüber zu entscheiden, ob die fehlende Unterschrift des gesetzlichen Vertreters der DB-GmbH einer Mängelbehebung iSd § 85 Abs 2 BAO zugänglich ist und allenfalls ob bei Erweiterung der Unternehmensgruppe das Formular G1 nochmals einzureichen ist.

§ 9 Abs 8 TS 1 KStG verlangt, dass der Gruppenantrag von den gesetzlichen Vertretern des Gruppenträgers und aller einzubeziehenden inländischen Körperschaften unterfertigt wird. Dies gilt nicht nur bei der erstmaligen Bildung der Gruppe, sondern sinngemäß auch bei nachträglichem Eintritt eines Gruppenmitglieds (§ 9 Abs 9 TS 3 KStG). Da die Unterfertigung der gesetzlichen Vertreter der DB-GmbH (unstrittig) fehlte, liegt dem BFG nach ein mangelhafter Gruppenantrag vor. Fraglich war nun, ob dieser Mangel einer Mängelbehebung gem § 85 Abs 2 BAO zugänglich ist. Diese Frage verneint das BFG und stützt sich dabei in der rechtlichen Beurteilung zunächst auf einen Beitrag von Urtz aus 2008 (GeS 2008, 29 ff). In diesem Beitrag wird zwischen der „Unterfertigung“ iSd § 9 Abs 8 TS 1 (und TS 2) KStG und der „Unterschrift“ iSd § 85 Abs 2 BAO unterschieden. Nur letztere ist (dem Verständnis von Urtz und des BFG nach) einer Mängelbehebung zugänglich. Die „Unterfertigung“ iSd § 9 Abs 8 TS 1 (und TS 2) KStG soll nämlich die zivilrechtliche Willensbildung zwischen dem Gruppenträger und der Gruppenmitglieder gemeinsam eine Gruppe einzugehen zum Ausdruck bringen. Daraus wird deutlich, dass die „Unterfertigung“ ein inhaltliches Tatbestandsmerkmal darstellt. Fehlt die „Unterfertigung“, handelt es sich um einen materiellen Mangel, der einer Mängelbehebung iSd § 85 Abs 2 BAO nicht zugänglich ist.

Auch in dem Erk vom 25. 3. 2016, RV/2101685/2015, entschied das BFG, dass die (eigenhändige) Unterfertigung des Gruppenantrags durch alle vorgesehenen Personen eine zwingende Voraussetzung für die Berechtigung zur Stellung eines Gruppenantrags ist. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, ist ein Gruppenantrag unzulässig. Ein unzulässiger Gruppenantrag ist einem Mängelbehebungsverfahren nicht zugänglich.

Das BFG entschied somit, dass die Zurückweisung des Antrags zurecht erfolgte. Daher setzte sich das BFG auch nicht weiter mit der Frage auseinander, ob bei nachträglicher Erweiterung einer Unternehmensgruppe das Formular G1 nochmals einzureichen ist. Die (ordentliche) Revision ließ es zu.

Conclusio

Fehlt auf dem Gruppenantrag die Unterfertigung der gesetzlichen Vertreter der einzubeziehenden Körperschaft(en), ist der Gruppenantrag – nach dem Verständnis des BFG – mit einem materiellen Mangel behaftet. Dieser Mangel kann nicht gem § 85 Abs 2 BAO behoben werden. Wird daher nicht noch rechtzeitig ein mangelfreier (dh durch alle gesetzlichen Vertreter eigenhändig unterfertigter) Gruppenantrag eingereicht, können die Wirkungen der Gruppenbesteuerung für das im materiell mangelhaften Gruppenantrag genannte Jahr nicht eintreten. Für die Bildung einer Gruppe oder den Einbezug zusätzliche Gruppenmitglieder ist im Folgejahr ein neuerlicher (unterfertigter und auch sonst mangelfreier) Gruppenantrag erforderlich (vgl auch Galla in Damböck/Haunold/Huemer/Schuch, Gruppenbesteuerung 81).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31292 vom 05.08.2021