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BFG: Kein Vorsteuerabzug für unentgeltlich zur Verfügung gestellte Bedürfnisanstalten

Bearbeiter: Greta Steinhoff

UStG 1994: § 12 Abs 1 Z 1, § 2 Abs 3

Abstract

Im vorliegenden Erkenntnis hatte das BFG zu entscheiden, ob für den Betrieb öffentlich zur Verfügung gestellter Bedürfnisanstalten durch eine Körperschaft öffentlichen Rechts (KöR) ein Vorsteuerabzug gem § 12 UStG zusteht. Da die Bedürfnisanstalten unentgeltlich der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, wird damit keine wirtschaftliche Tätigkeit im umsatzsteuerlichen Sinn begründet, weshalb das BFG das Recht auf Vorsteuerabzug verneint. Die unentgeltliche Bereitstellung der Bedürfnisanstalten erfolgt im Rahmen der hoheitlichen Tätigkeit der KöR, die außerhalb des Unternehmensbereichs liegt.

BFG 4. 3. 2025, RV/5100614/2022

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf), eine Gemeinde, betreibt in ihrem Gemeindegebiet insgesamt zehn Bedürfnisanstalten, von denen fünf entgeltlich und fünf unentgeltlich der Allgemeinheit zur Nutzung bereitgestellt werden. Die Bf hat in ihrer USt-Erklärung 2021 insgesamt einen Vorsteuerabzug (iZm sämtlichen Bedürfnisanstalten) iHv 49.008,43 € geltend gemacht, wovon ein Betrag von 36.159,08 € auf die kostenpflichtigen und ein Betrag von 12.849,35 € auf die kostenfreien Bedürfnisanstalten entfallen ist.

Das Finanzamt für Großbetriebe (FA) versagte den Vorsteuerabzug für die kostenfreien Bedürfnisanstalten unter Hinweis auf § 2 Abs 1 und 3 UStG, da die Zurverfügungstellung der Bedürfnisanstalten unentgeltlich erfolge und somit mangels Einkommenserzielungsabsicht keine unternehmerische Tätigkeit im umsatzsteuerlichen Sinne vorliege.

Hiergegen erhob die Bf Beschwerde mit dem Antrag, das BFG möge den Vorsteuerabzug auch im Zusammenhang mit den unentgeltlichen Bedürfnisanstalten anerkennen bzw in eventu den Bescheid zur neuerlichen Entscheidung an das Finanzamt zurückverweisen.

Entscheidung des BFG

Im gegenständlichen Verfahren hatte das BFG über die Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung einer KöR im Zusammenhang mit dem Betrieb öffentlicher Bedürfnisanstalten zu entscheiden. Es wurde dabei zunächst festgestellt, dass die Aufwendungen für die unentgeltlich betriebenen Bedürfnisanstalten keine Kostenelemente der kostenpflichtigen Anlagen darstellen, sondern eigenständig zu betrachten sind.

In rechtlicher Hinsicht hielt das BFG zunächst fest, dass der Betrieb von Bedürfnisanstalten durch eine KöR dem Grunde nach eine unternehmerische Tätigkeit iSd UStG darstellt. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Die Unternehmereigenschaft von KöR wird durch § 2 Abs 3 UStG näher geregelt. Demnach sind KöR nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 KStG) – sofern diese nicht gem § 5 Z 12 KStG von der Körperschaftsteuer befreit sind – sowie im Rahmen ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe unternehmerisch tätig.

Wie der VwGH zu einem inhaltlich vergleichbaren Sachverhalt ausgesprochen hatte, stellt der Betrieb von Bedürfnisanstalten durch die Bf grundsätzlich eine unternehmerische Tätigkeit iSd UStG dar (VwGH 18. 12. 2024, Ro 2022/13/0006). Dies allein begründet jedoch nicht notwendigerweise ein umfassendes Vorsteuerabzugsrecht für sämtliche im Jahr 2021 angefallenen Aufwendungen iZm allen zehn Bedürfnisanstalten. Für einen Vorsteuerabzug gem § 12 Abs 1 UStG ist vielmehr ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangsleistungen und steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen erforderlich (vgl etwa EuGH 4. 10. 2024, C-475/23, Voestalpine Giesserei Linz GmbH mwN; vgl auch VwGH 19. 4. 2023, Ra 2022/13/0085 mwN). Ein solcher Zusammenhang war nach dem BFG im Hinblick auf die unentgeltlich betriebenen Bedürfnisanstalten nicht gegeben, da für deren Nutzung kein Entgelt geleistet werde und daher keine besteuerten Ausgangsumsätze vorlagen. Zudem fehlte es an einer Verknüpfung der unentgeltlichen Bedürfnisanstalten mit den kostenpflichtigen – insb liege keine einheitliche Leistung oder ein systematisches Kombinationsangebot vor.

Vor diesem Hintergrund war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Die geltend gemachten Vorsteuern im Zusammenhang mit den unentgeltlich betriebenen Bedürfnisanstalten sind nicht abzugsfähig, da die zugrunde liegenden Aufwendungen außerhalb des Anwendungsbereichs der Umsatzsteuer erfolgen. Der kostenpflichtige Betrieb stellt zwar eine unternehmerische Tätigkeit dar, diese erstreckt sich jedoch nicht auf die kostenfrei angebotenen Leistungen. Eine ordentliche Revision wurde vom BFG nicht zugelassen, da die Entscheidung auf gesicherter höchstgerichtlicher Rechtsprechung beruht und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären war.

Conclusio

Das BFG bestätigt in seiner Entscheidung, dass der Betrieb von Bedürfnisanstalten durch eine KöR grundsätzlich als unternehmerische Tätigkeit iSd § 2 UStG zu qualifizieren ist. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des VwGH, wonach eine solche Betätigung dem Grunde nach zur Unternehmereigenschaft führen kann (VwGH 18. 12. 2024, Ro 2022/13/0006). Allerdings ist für den Vorsteuerabzug nach § 12 Abs 1 UStG zusätzlich ein konkreter Zusammenhang zwischen den bezogenen Eingangsleistungen und steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen erforderlich (vgl etwa EuGH 4. 10. 2024, C-475/23, Voestalpine Giesserei Linz GmbH mwN; vgl auch VwGH 19. 4. 2023, Ra 2022/13/0085 mwN). Im vorliegenden Fall wurde dieser Zusammenhang bei den unentgeltlich betriebenen Bedürfnisanstalten verneint.

Insgesamt verdeutlicht das Erkenntnis, dass der Betrieb kostenfreier öffentlicher Infrastruktureinrichtungen – selbst bei Einbindung in einen Betrieb gewerblicher Art – nicht in jedem Fall zur Vorsteuerabzugsberechtigung führt. Entscheidend bleibt stets die tatsächliche Verknüpfung mit entgeltlichen Leistungen im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36985 vom 31.07.2025