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BFG: Kein Werbungskostenabzug bei pandemiebedingtem Homeoffice

Bearbeiter: Juliane Beverungen

EStG: §§ 16 Abs 1 Z 7a, 20 Abs 1 Z 2 lit d

Abstract

Strittig war, ob die Anordnung des Arbeitgebers, während der Corona-Pandemie von zu Hause zu arbeiten, dazu berechtigt, die Kosten für ein privates Arbeitszimmer als Werbungskosten gem § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG geltend zu machen. Das BFG entschied, dass kein Werbungskostenabzug möglich ist, da zum einen die Heimarbeit bloß aufgrund einer Anordnung des Arbeitgebers, nicht aber des Gesetzgebers geschah, und zum anderen der Tätigkeitsmittelpunkt nicht ins Homeoffice verschoben wurde. Hier wird auf eine typisierende Betrachtung abgestellt, nicht aber auf die Gegebenheiten des Einzelfalls.

BFG 31. 1. 2024, RV/7100140/2023

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf) ist bei einer IT-Tochtergesellschaft einer großen Versicherungsgesellschaft angestellt. In deren Bürogebäude in Wien steht ihm ein Arbeitsplatz dauerhaft zur Verfügung. Der Bf ist Gruppenleiter, somit obliegt ihm ua die Mitarbeiterführung, die Koordination von Ausbildungsprogrammen und die Kundenberatung.

Im Zuge der Corona-Pandemie wurde die Zutrittskarte des Bf für das Wiener Bürogebäude von März bis Mai 2020 gesperrt und er wurde von seinem Arbeitgeber angehalten, von zu Hause zu arbeiten. Mitte Juni 2020 wurde dann der Bürobetrieb unter Vorlagen wieder aufgenommen, allerdings wurde im November aufgrund einer erhöhten Terrorgefahr wiederum eine Empfehlung ausgesprochen, für einige Tage zu Hause zu arbeiten.

Der Bf hatte ab März bis Ende 2020 fast ausschließlich von seinem privaten Arbeitszimmer aus gearbeitet und sich dafür einen Bürosessel und einen schwenkbaren Bildschirmarm angeschafft. Der Dienstvertrag des Bf legt als Dienstort Wien fest, eine Regelung zur Homeoffice-Arbeit ist allerdings nicht enthalten.

Entscheidung

Gem § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG können Ausgaben für ein privates Arbeitszimmer und dessen Einrichtung nicht abgezogen werden, außer dieses bildet den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen. Hier ist ein materieller Schwerpunkt maßgebend, wobei in Zweifelsfällen darauf abzustellen ist, ob das Arbeitszimmer für mehr als die Hälfte der Tätigkeit genutzt wird (VwGH 18. 10. 2012, 2008/15/0236; 25. 7. 2013, 2011/15/0104; 30. 6. 2015, 2013/15/0165).

Ein Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit liegt vor, wenn das Arbeitszimmer für die Tätigkeit notwendig ist. Diese Notwendigkeit ist typisierend zu beurteilen und nicht nach dem jeweiligen Einzelfall (s Peyerl in Kanduth-Kristen/Marschner/Peyerl/Ebner/Ehgartner, Jakom EStG16 § 20 Rz 51). Laut stRsp kann das private Arbeitszimmer nicht den Tätigkeitsmittelpunkt bilden, wenn ein Arbeitsplatz beim Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird und der Arbeitnehmer somit freiwillig im Homeoffice arbeitet (VwGH 18. 10. 2017, Ra 2016/13/0028; 16. 12. 2003, 2001/15/0197; 7. 10. 2003, 99/15/0203; 30. 6. 2015, 2013/15/0165; 8. 5. 2003, 2000/15/0176).

Grundsätzlich arbeitete der Bf freiwillig im Homeoffice, da es kein gesetzliches Gebot bezüglich einer Heimarbeit gab und die Sperre des Wiener Bürogebäudes durch den Arbeitgeber lediglich vorübergehend und von kurzer Dauer war. Weiterhin erfordert die Führungsposition, die der Bf als Gruppenleiter ausübt, bei einer typisierenden Betrachtung bestimmte Präsenzanforderungen in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers. Aufgrund dessen bestehen bei einer typisierenden Betrachtung erhebliche Zweifel von einer Verlagerung des Tätigkeitsschwerpunktes aufgrund einer pandemiebedingten Homeoffice-Tätigkeit auszugehen (s BFG 10. 1. 2023, RV/7103002/2022).

Weiterhin führt eine bloß vorübergehende Unbenutzbarkeit der Räumlichkeiten des Arbeitgebers nicht dazu, dass ein privates Arbeitszimmer notwendig wird. Diese Ansicht ist auch dadurch zu unterstreichen, dass die Sperrung der Büroräume lediglich zwei Monate anhielt, was einen vernachlässigbaren kurzen Zeitraum darstellt. Ein eigens ausgestattetes Arbeitszimmer aufgrund der Pandemie erscheint daher weder angemessen noch notwendig (s BFG 10. 1. 2023, RV/7103002/2022). Der BFG betont, dass genau für diese Fälle § 16 Abs 2 Z 7a EStG eingeführt wurde; außerdem profitierte der Bf weiterhin von der Pendlerpauschale und dem Pendlereuro. Demnach liegt kein zum Werbungskostenabzug berechtigendes Arbeitszimmer im ertragsteuerlichen Sinn vor.

Das BFG lehnt die Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision ist nicht zulässig, da es bereits umfangreiche Judikatur des VwGH zu den Voraussetzungen an ein privates Arbeitszimmer gibt.

Conclusio

Der Bf hat Werbungskosten für sein privates Arbeitszimmer geltend gemacht. Dieser Abzug wurde vom BFG verneint, da der Bf lediglich freiwillig im Homeoffice gearbeitet habe, da es an einer gesetzlichen Grundlage für die Heimarbeit gefehlt hat. Dass der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer durch die Sperrung der Zutrittskarten faktisch zum Ausweichen auf das Homeoffice gezwungen hat, wurde nicht weiter beachtet.

Weiterhin geht das BFG davon aus, dass bestimmte Präsenzanforderungen an eine Führungsperson gestellt werden können, die dafür sorgen, dass sich der Tätigkeitsmittelpunkt nicht ins Homeoffice verlagert, was aber von § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG vorausgesetzt wird. Dies ist auch die vorherrschende Verwaltungs- und Literaturmeinung (s Peyerl, in Kanduth-Kristen/Marschner/Peyerl/Ebner/Ehgartner, Jakom EStG16 § 20 Rz 51; LStR 329). Demnach ist davon auszugehen, dass bei bestimmten Berufsbildern der Werbungskostenabzug für ein häusliches Arbeitszimmer pauschal ausgeschlossen ist, unabhängig von den Gegebenheiten des Einzelfalls.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35316 vom 17.04.2024