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BFG: Keine Verfassungswidrigkeit von § 16 Abs 1 COFAG-NoAG hinsichtlich der Verzinsung der Rückerstattung ab dem Zeitpunkt der Auszahlung

Bearbeiter: Stefan Pregesbauer

COFAG-NoAG: § 16 Abs 1

Abstract

Die beschwerdeführende Gesellschaft (Bf) wandte sich gegen die Festsetzung von Zinsen auf COFAG-Rückerstattungen mit der Begründung § 16 Abs 1 COFAG-NoAG führe rückwirkend eine Verzinsung ohne vorherige Rechtsgrundlage ein. Das BFG entschied jedoch, dass die Verzinsung unions- und innerstaatlichem Recht entspricht, da sie dazu dient, einen unrechtmäßig erlangten Wettbewerbsvorteil zu neutralisieren. § 16 Abs 1 COFAG-NoAG ist nicht verfassungswidrig, da die Verzinsung weder einen atypischen Vermögenseingriff darstellt noch ein schutzwürdiges Vertrauen auf Zinsfreiheit oder einen späteren Beginn des Zinsenlaufes bestand. Bedenken wegen des gleichheitsrechtlichen Vertrauensschutzes wurden nicht festgestellt, da die Bf bereits bei der Gewährung der Beihilfen mit einer verzinsten Rückforderung rechnen musste. Der Gesetzgeber handelte außerdem im Rahmen seines Gestaltungsspielraums.

BFG 20. 1. 2025, RV/7103637/2024

Sachverhalt

Die beschwerdeführende Gesellschaft (Bf) wandte sich mit einer Bescheidbeschwerde gegen die Bescheide, mit denen Zinsen für COFAG-Rückerstattungen festgesetzt worden waren, an das BFG. Rechtsgrundlage für diese Verzinsung ist § 16 Abs 1 COFAG-NoAG, wonach der Rückerstattungsbetrag ab dem Zeitpunkt der Auszahlung bis zur Bekanntgabe des Festsetzungsbescheides mit einem Zinssatz von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz pro Jahr zu verzinsen ist. § 16 Abs 1 COFAG-NoAG ist am 1. 8. 2024 rückwirkend in Kraft getreten. Davor hat keine explizite Rechtsgrundlage zur Verzinsung dieser Rückerstattungen bestanden. Nach Ansicht der Bf sei erst durch den wegen Verfassungswidrigkeit bekämpften § 16 Abs 1 COFAG-NoAG rückwirkend eine Verzinsung von Rückforderungen für Zeiträume vor dem 1. 8. 2024 eingeführt worden.

Entscheidung des BFG

Nach dem EuGH besteht die Verpflichtung, unionsrechtswidrige Beihilfen mit Zinsen zurückzufordern. Nur wenn eine rechtswidrige Beihilfe mit Zinsen zurückgefordert wird, kann der zu Unrecht erlangte Wettbewerbsvorteil neutralisiert werden (Eisenberger/Holzmann, Das COFAG-Neuordnungs- und Abwicklungsgesetz – ein kritischer Überblick, SWK 2024, 1178). Es obliegt den nationalen Gerichten, das innerstaatliche Recht so weit wie möglich in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Unionsrechts auszulegen, wobei der ihnen bei der Ausgestaltung zukommende Entscheidungsspielraum im Sinne des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität anzuwenden ist (EuGH 12. 5. 2021, C‑844/19, technoRent International; Holzmann, EuGH bejaht die Verzinsung von Vorsteuergutschriften, AVR 2021, 88).

Im konkreten Fall wurde die Bf durch die später als rechtswidrig erkannten Beihilfen bereichert, denn sie erlangte dadurch einen Wettbewerbsvorteil. Die Rückforderung mit Zinsen entspricht insofern dem innerstaatlichen Recht immanenten, bereicherungsrechtlichen Regeln und dem unionsrechtlichen Postulat zur Neutralisierung eines ungerechtfertigt erlangten Wettbewerbsvorteils. Vor dem Hintergrund des innerstaatlichen Rechts betrachtet, ergibt sich, dass Zinsen ein zumeist in Geld zu leistendes Entgelt für die Überlassung vertretbarer Sachen sind. Die Zinsenhöhe wird dabei in Prozent des Kapitals berechnet.

Die Ansicht der Bf, wonach verpflichtende Rückerstattungen von erhaltenen COFAG-Beihilfen bis zum Inkrafttreten des COFAG-NoAG am 1. 8. 2024 ohne Zinsen zu leisten gewesen wären, weil keine der verschiedenen Verordnungen des Bundesministers für Finanzen gem § 3b Abs 3 ABBAG-Gesetz (§ 2 Abs 9 COFAG-NoAG) eine Pflicht zur Verzinsung von Rückerstattungsansprüchen beinhaltet habe, ist insofern nicht entscheidend. Allein die Nichterwähnung einer Verzinsung, wie sie einer objektiven Rechtsfolge der allgemeinen Rechtslage entspricht, um mögliche Zinsvorteile auszugleichen, schließt keineswegs das Zustehen von gesetzlichen Zinsen aus. Dasselbe gilt für die Selbstanzeige der Bf bezüglich zweier unrichtiger, zu hoch berechneter Förderanträge, über deren Rückzahlung eine Korrespondenz geführt wurde, ohne dass über allfällige Zinsen gesprochen wurde. In keiner der gegenständlich relevanten Verordnungen gem § 2 Abs 9 COFAG-NoAG wird übrigens eine Verzinsung explizit ausgeschlossen.

§ 16 Abs 1 COFAG-NoAG verwirklicht also, indem er die Verzinsung der Rückerstattung ab dem Zeitpunkt der Auszahlung explizit ausspricht, keine verfassungsrechtlich verpönte, echte Rückwirkung eines Steuergesetzes, die nachträglich an schon früher verwirklichte Tatbestände steuerliche Folgen knüpfen und dadurch die Rechtsposition des Steuerpflichtigen mit Wirkung für die Vergangenheit verschlechtern würde. Ein verfassungsrechtlich bedenklicher Verstoß gegen den Gleichheitssatz kann nicht festgestellt werden, weil eine Verzinsung ab dem Tag der Überlassung des Kapitals dem gewöhnlichen Ergebnis der allgemeinen Rechtslage entspricht und keinen atypischen Vermögenseingriff von erheblichem Gewicht verwirklicht. Ein Vertrauen auf Zinsfreiheit oder einen anderen zinsenauslösenden Zeitpunkt ist sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig ist (BFH 7. 8. 2024, IV R 22/23). Weiters hätte die Bf bereits im Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe davon ausgehen müssen, dass sie diese im Falle eines rechtswidrigen Empfangs mit Zinsen ab Kapitalüberlassung zurückzahlen würde müssen, weshalb eine Verletzung des Vertrauensschutzgedankens nicht besteht (VfGH 2. 10. 2024, V 42/2024 ua). Darüber hinaus ist dem Gesetzgeber auch noch – wie der VfGH im Zusammenhang mit der Gewährung finanzieller Maßnahmen durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) wiederholt zum Ausdruck gebracht hat – bei der Ausgestaltung staatlicher Beihilfen von Verfassungs wegen ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet (VfGH 2. 10. 2024, V 42/2024 ua). Gegen die Verzinsung des Rückforderungsbetrages bestehen also keine gleichheitswidrigen Bedenken.

Die Revision wurde nicht für zulässig erklärt, da Bedenken zur Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes keine vom VwGH nach Art 133 Abs 4 B-VG zu lösende Rechtsfrage sind. Soweit dies ersichtlich ist, wurde auch keine außerordentliche Revision an den VwGH oder Entscheidungsbeschwerde nach Art 144 B-VG an den VfGH eingebracht.

Conclusio

Die Verzinsung von COFAG-Rückerstattungen dient der Neutralisierung eines unrechtmäßig erlangten Wettbewerbsvorteils und entspricht dem unionsrechtlichen Gebot der Rückforderung rechtswidriger Beihilfen. Aufgrund der Rsp des EuGH (12. 5. 2021, C‑844/19, technoRent International) hat kein schutzwürdiges Vertrauen der Bf auf Zinsfreiheit bestanden. Insb stellt die Verzinsung keine verfassungsrechtlich verpönte Rückwirkung dar, weil durch die Rsp des EuGH kein schutzwürdiges Vertrauen auf Zinsfreiheit bestand. Da die Rechtslage zur Verzinsung der COFAG-Rückerstattungen unklar war, lag kein berechtigtes Vertrauen auf die Rechtslage vor (Klokar in Kofler/Lang/Rust/Schuch/Spies/Staringer [Hrsg], Steuerpolitik und Verfassungsrecht [2023] 222 ff).

Weil die Bf bereits bei der Gewährung der COFAG-Beihilfen mit einer möglichen verzinsten Rückforderung rechnen musste, liegt keine Verletzung des gleichheitsrechtlichen Vertrauensschutzes vor. Außerdem wäre eine Rückwirkung auch dann zulässig, wenn sie durch besondere Umstände verlangt wird (Klokar in Kofler/Lang/Rust/Schuch/Spies/Staringer [Hrsg], Steuerpolitik und Verfassungsrecht [2023] 226 f). Die Bedenken der Bf hinsichtlich einer unzulässigen rückwirkenden Regelung und eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz liegen daher nicht vor.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36639 vom 18.04.2025