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BFG: Keine wirksame Zustellung in die Databox eines automatisiert generierten FinanzOnline-Accounts

Bearbeiter: Thomas Frenkenberger

BAO: §§ 98, 308

FinanzOnline-Verordnung 2006 (FOnV 2006): § 3

Unternehmensserviceportalgesetz: § 4

Abstract

Das BFG hatte sich mit der Rechtswirksamkeit der Zustellung in die Databox zu befassen. Der FinanzOnline-Zugang einer gemeinnützigen Stiftung war im Zuge der Registrierung für das Unternehmensserviceportal automatisiert ohne Zutun der Stiftung erstellt worden. Durch den einmaligen Einstieg in FinanzOnline wurde die elektronische Zustellung aktiviert, sodass in der Folge WiEReG-Erinnerungen und Zwangsstrafen an diese Databox versendet wurden. Nach tatsächlicher Kenntnisnahme der Dokumente wurden Wiedereinsetzungen in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis versucht, die durch das Finanzamt abgewiesen wurden. Im Verfahren vor dem BFG stellte sich nun heraus, dass bereits die Anmeldung zu FinanzOnline rechtswidrig gewesen war und die ursprünglichen Zustellungen nicht rechtswirksam waren.

BFG 2. 9. 2024, RV/2100221/2024

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) ist eine gemeinnützige Stiftung, die sich am 25. 11. 2021 für das Unternehmensserviceportal registrierte. Im Zuge der Registrierung wurde systemseitig automatisiert ohne Zutun der Bf ein FinanzOnline-Zugang für die Bf generiert. Die Bf loggte sich noch am selben Tag über das Unternehmensserviceportal auf FinanzOnline ein. Im Zuge dessen wurde die elektronische Zustellung aktiviert.

Am 2. 1. 2023 wurde die Bf über die FinanzOnline-Databox von der Abgabenbehörde unter Androhung einer Zwangsstrafe iHv 1.000 € aufgefordert die wirtschaftlichen Eigentümer iSd WiEReG nachzumelden. Da keine fristgerechte Meldung erfolgte, setzte die Abgabenbehörde am 24. 2. 2023 eine erste Zwangsstrafe iHv 1.000 € fest und drohte mit der Festsetzung einer weiteren Zwangsstrafe iHv 4.000 €, was am 18. 4. 2023 erfolgte. Da die Bf keine E-Mail-Adresse hinterlegt hatte, wurden die drei Schreiben in der Databox erst am 22. 5. 2023 tatsächlich abgerufen. Am 4. 7. 2023 beantragte die Bf Wiedereinsetzungen in den vorigen Stand wegen Fristversäumung zur Erhebung von Beschwerden gegen die Zwangsstrafenbescheide und brachte zeitgleich Beschwerden ein. Die Abgabenbehörde wies die Wiedereinsetzungsanträge ab. Nach ebenfalls abweisender Beschwerdevorentscheidungen wurden die Beschwerden gegen die Abweisung der Wiedereinsetzungen antragsgemäß dem BFG vorgelegt.

Entscheidung des BFG

Das BFG stellt nach erfolgter mündlicher Verhandlung und schriftlicher Auskunft der für die Schnittstelle Unternehmensserviceportal und FinanzOnline zuständigen Abteilung fest, dass die FinanzOnline-Databox am 25. 11. 2021 im Zuge der Online-Registrierung der Bf im Unternehmensserviceportal systemseitig automatisiert und ohne Zutun der Bf generiert wurde. Für eine solche Vergabe des FinanzOnline-Zuganges ist eine Rechtsgrundlage nach Auffassung des BFG nicht ersichtlich. § 3 Abs 1 FOnV 2006 (BGBl II 2006/97) in der damals gültigen Fassung (BGBl II 2020/122) legt fest, dass die Anmeldung zu FinanzOnline für juristische Personen ausschließlich persönlich zulässig ist. Auch dem Unternehmensserviceportalgesetz (BGBl I 2009/52 idF BGBl I 2021/142), sowie den auf Basis dieses Gesetzes ergangenen Verordnungen ist eine entgegenstehende Reglung nicht zu entnehmen.

Daraus folgt, dass die automatisierte Vergabe des FinanzOnline-Zugangs nicht rechtskonform war, sodass die in der Databox abrufbaren Dokumente auch nicht rechtswirksam zugestellt werden konnten. Die beiden als Zwangsstrafenbescheide intendierten Erledigungen sind mangels rechtswirksamer Zustellung als Bescheide rechtlich nicht existent geworden. Mangels Bescheidqualität der Dokumente, konnten auch die Beschwerdefristen, gegen deren Versäumung Wiedereinsetzung beantragt wurden, nicht zu laufen beginnen. Die Wiedereinsetzungsanträge hätten daher durch die Abgabenbehörde zurückgewiesen werden müssen (vgl zB VwGH 26. 6. 2007, 2006/13/0010; 24. 2. 2010, 2007/13/0126), weswegen die Abweisungsbescheide vom 1. 8. 2023 in diesem Sinne abzuändern waren. Mangels vorliegender hgRsp zur automatisierten FinanzOnline-Registrierung über das Unternehmensserviceportal, wurde die ordentliche Revision zugelassen.

Conclusio

Die Entscheidung des BFG zeigt einmal mehr die Tücken der elektronischen Zustellung, diesmal aber aus der Sicht der Finanzverwaltung. Damit Bescheide rechtswirksam elektronisch zugestellt werden können, muss das elektronische Postfach auch rechtskonform eingerichtet worden sein. Eine automatisierte Anmeldung im Zuge der Registrierung fürs Unternehmensserviceportal erfüllte diese Anforderungen nicht, weil für juristische Personen in der damals gültigen Fassung von § 3 FOnV 2006 im Wesentlichen nur eine persönliche Anmeldung vorgesehen war. Mangels rechtswirksamer Zustellung erlangten die Dokumente keinen Bescheidcharakter, sodass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht notwendig und daher mangels Erfolgsaussicht zurückzuweisen war. § 3 FOnV 2006 wurde inzwischen zwar geändert und die Möglichkeiten der Anmeldung zu FinanzOnline erweitert; eine automatisierte Erstellung des Zugangs im Wege der Registrierung für das Unternehmensserviceportal wird aber wohl weiterhin nicht davon umfasst sein, sodass diese auch nach neuer Rechtslage wohl rechtswidrig wäre.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35979 vom 17.10.2024