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DBA Österreich-Serbien: Art 15
Abstract
Das BFG hatte im vorliegenden Fall zu entscheiden, ob Krankheitstage im Zuge der Aufteilung der Besteuerungsrechte für laufenden Arbeitslohn gem Art 15 DBA Österreich-Serbien zu berücksichtigen sind. Der Beschwerdeführer arbeitete im Jahr 2017 an 111 Tagen in Österreich und an 9 Tagen in Serbien. Zudem verbrachte er 96 weitere Tage in Serbien im Krankenstand. Das BFG kam zum Ergebnis, dass das Besteuerungsrecht ausschließlich anhand der tatsächlichen Arbeitstage im Verhältnis 111 zu 9 auf Österreich und Serbien aufzuteilen war.
BFG 8. 1. 2025; RV/7103916/2020
Sachverhalt und Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf) verlegte im Jahr 2017 seinen Wohnsitz von Serbien nach Österreich. Er war während dieser Zeit bei einem österreichischen Arbeitgeber angestellt. Dabei war er im Jahr 2017 insgesamt an 120 Tagen im Rahmen des Dienstverhältnisses für diesen Arbeitgeber tätig. Von diesen 120 Tagen arbeitete er an 111 Tagen in Österreich und an 9 Tagen in Serbien. An 96 weiteren Tagen befand er sich im Krankenstand. Diese Tage verbrachte der Beschwerdeführer in Serbien. Das Finanzamt teilte das Besteuerungsrecht für die nichtselbständigen Einkünfte 111 zu 9 auf Österreich und Serbien auf. Der Beschwerdeführer war hingegen der Meinung, dass auch die Tage im Krankenstand in Serbien für Zwecke der Aufteilung berücksichtigt werden müssen. Zudem war die Aufteilung einer Bonuszahlung für Leistungen im Jahr 2016 umstritten, die im Jahr 2017 ausbezahlt wurde.
Entscheidung des BFG
Im Zuge der Ermittlungen durch das BFG stellte sich heraus, dass der Beschwerdeführer bereits seit dem Jahr 2012 einen (Neben-)Wohnsitz in Österreich unterhielt und demnach bereits seit dem Jahr 2012 in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig war. Die Ansässigkeit für Zwecke des DBA wurde aber erst ab 2017 Österreich zugerechnet, weil der Bf in diesem Jahr den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen nach Österreich verlegte.
Das BFG zieht für die Aufteilung der Besteuerungsrechte nach Art 15 DBA Österreich-Serbien zuerst das vom BFH entwickelte Konzept der „vereinbarten“ Arbeitstage heran. Das sind die Kalendertage pro Jahr, abzüglich der Tage an denen der Arbeitnehmer nicht zu arbeiten verpflichtet ist (mit Verweis auf Waser in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA2 [2019] Art 15 Rz 53 mwN). Nach der Rechtsprechung des BFH zählen dabei auch Urlaubstage, Samstage, Sonn- und gesetzliche Feiertage nicht zu den „vereinbarten“ Arbeitstagen (BFH 29. 1. 1986, I R 22/85; 23. 2. 2005, I R 13/04). Nach Ansicht des BFG sind aber auch Tage des Krankenstandes von den „vereinbarten“ Arbeitstagen abzuziehen (mit Verweis auf Waser in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA2 [2019] Art 15 Rz 54; Weninger, SWI 2006, 342 [342 ff]). Daher war die Aufteilung der Besteuerungsrechte im Verhältnis der tatsächlich gearbeiteten Tage, also 111 zu 9 auf Österreich und Serbien vorzunehmen.
Zur Bonuszahlung vertritt das BFG die Ansicht, dass die Aufteilung der Besteuerungsrechte nicht auf Basis der Tätigkeitstage im Jahr 2017, sondern auf Basis der Tätigkeitstage im Jahr 2016 vorgenommen werden sollte. Diese Tätigkeitstage waren kausal für die Ausbezahlung des Bonus, weshalb auch die Aufteilung entsprechend erfolgen muss.
Abschließend wies der Bf noch darauf hin, dass die Krankenstandstage bereits in Serbien besteuert wurden und dadurch eine „tatsächliche Doppelbesteuerung eines signifikanten Teils der Bezüge des Jahres 2017“ bestehe. Dazu weist das BFG zuerst darauf hin, dass es nicht verifizieren kann, welchen Sachverhalt der Bf in Serbien offengelegt hatte. Zudem ist Serbien nur berechtigt, Steuern gemäß dem DBA Österreich-Serbien zu erheben. Nimmt Serbien ein Besteuerungsrecht in DBA-widriger Weise in Anspruch, kann diese Vorgehensweise Österreich nicht daran hindern, sein zustehendes Besteuerungsrecht auszuüben. Die ordentliche Revision wurde vom BFG zugelassen, weil zu der Rechtsfrage noch keine Rechtsprechung des VwGH existiert.
Conclusio
Die Nichtberücksichtigung von Urlaubstagen bei der Aufteilung der Besteuerungsrechte nach Art 15 OECD-MA ist mittlerweile hA in der Judikatur und Literatur (siehe wiederum BFH 29. 1. 1986, I R 22/85; 23. 2. 2005, I R 13/04; Weninger, SWI 2006, 342). Ob diese Ansicht aber auf Krankheitstage übertragen werden kann, ist hingegen umstritten. Schwenke rechnet die Krankheitstage auch zu den „vereinbarten Arbeitstagen“, weil an diesen Tagen eigentlich eine Arbeit ausgeübt werden sollte (Schwenke in Wassermeyer, DBA [167. Erg-Lfg 2024] Art 15 Rz 148). Auch der BFH (BFH 17. 10. 2003, I B98, S 9/03) und das deutsche BMF vertraten diese Ansicht (Schreiben zur Behandlung des Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen vom 14. 9. 2006, BMF IV B 6-S 1300-367/06 Rz 115). Zumindest das deutsche BMF änderte jedoch seine Meinung in den aktuelleren Schreiben zur Behandlung des Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen (so etwa 12. 12. 2023, BMF IV B 2-S 1300/21/10024 Rz 228 ff) und stellt mittlerweile nur noch auf die tatsächlichen Arbeitstage ab. Insgesamt ist die Ansicht des BFG daher deutlich umstrittener, als es das Erkenntnis vermuten lässt. Die Ausklammerung der Krankheitstage ist vor allem dann überzeugend, wenn für eine Aufteilung der Besteuerungsrechte anhand der tatsächlichen und nicht der vereinbarten Arbeitstage plädiert wird (zu einer vertiefenden Auseinandersetzung mit allen Argumenten siehe Lang, Art 15 Abs 1 OECD-MA und Krankheitstage, SWI 2025, in Druck).