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Abstract
Werden durch einen Nachtrag zu einem bereits abgeschlossenen Vertrag Rechte ihrer Art oder ihrem Umfang nach geändert, kann dies eine Gebührenpflicht nach § 21 GebG auslösen. Nach der sog Differenzmethode wird vereinfacht gesagt der Unterschiedsbetrag zwischen dem neuen und dem alten Entgelt als Bemessungsgrundlage herangezogen (siehe im Detail zB Bergmann/Wurm in Bergmann/Pinetz [Hrsg], GebG2 § 21 Rz 36 mwN). Wird hingegen der vertragliche Hauptgegenstand geändert, ist gem § 24 GebG das gesamte Entgelt der Gebühr zu unterwerfen. Das BFG hat kürzlich entschieden, nach welcher der beiden Bestimmungen die Gebühr bei einer Verlegung des Bestandgegenstandes innerhalb eines Einkaufszentrums zu bemessen ist.
BFG 30. 3. 2023, RV/7104092/2018
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf) ist Pächterin einer Ladenfläche eines Einkaufszentrums. Zu diesem Zwecke wurde im Jahr 2016 ein befristeter Pachtvertrag abgeschlossen, der bereits vergebührt wurde. In diesem Vertrag wurde der Verpächterin ua das Recht eingeräumt, den Standort des Pachtgegenstandes innerhalb des Einkaufszentrums zu verlegen, wenn dies zB aus Gründen der Angebotsoptimierung, zur Ansiedlung weiterer Pächter oder im Zuge der Erweiterung des Einkaufszentrums geboten ist.
Im Jahr 2018 wurde ein Nachtrag zum Pachtvertrag abgeschlossen, mit dem ein Wechsel der Räumlichkeiten im selben Einkaufszentrum vereinbart wurde. Das Entgelt pro Quadratmeter wurde nicht angepasst; aufgrund der größeren Geschäftsfläche der neuen Räumlichkeiten ergab sich aber ein etwas erhöhter monatlicher Pachtzins. Die Pächterin zeigte den Nachtrag bei der Abgabenbehörde mit der Bitte um Gebührenbemessung an. Die Abgabenbehörde war der Ansicht, dass die Änderung des Pachtgegenstandes eine Novation iSd § 24 GebG sei und daher eine vollumfängliche Gebührenpflicht auslöse. Dementsprechend setzte die Behörde die Gebühr für die gesamte Restlaufzeit (erneut) fest. Die Bf sah die Vereinbarung im Jahr 2018 als Nachtrag iSd § 21 GebG an und beantragte, die Gebühr bloß im Ausmaß der Änderung zum ursprünglichen Vertrag festzusetzen, dh nur das Entgelt für die geringfügig größere Fläche des neuen Geschäftslokals in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen. Nach abweisender Beschwerdevorentscheidung hatte sich das BFG mit der Reichweite der gebührenrechtlichen Novation auseinanderzusetzen.
Entscheidung des BFG
Das BFG hält zunächst fest, dass der ursprüngliche (bereits vergebührte) Pachtvertrag als Bestandvertrag iSd § 33 TP 5 Abs 1 GebG anzusehen ist. Strittig war daher nur, ob die Vereinbarung im Jahr 2018 einen Nachtrag iSd § 21 GebG darstellt oder ob ein neues Rechtsgeschäft iSd § 24 GebG vorliegt. Das BFG verweist auf die höchstgerichtliche Judikatur, wonach bei einer wesentlichen Änderung der Merkmale des Rechtsgeschäfts bzw bei Austausch des Bestandobjekts ein neues Rechtsgeschäft vorliegt (VwGH 29. 6. 2006, 2006/16/0030 mwN). Da in der 2018 geschlossenen Vereinbarung wiederholt ein altes und ein neues Bestandobjekt erwähnt wird, spricht der Urkundeninhalt auf den ersten Blick für einen Wechsel des Bestandobjekts. Allerdings hält bereits der ursprüngliche Pachtvertrag fest, dass der Standort des Pachtgegenstandes innerhalb des Einkaufszentrums durch die Verpächterin einseitig verlegt werden kann. Der 2018 abgeschlossene Nachtrag ist daher nach Ansicht des BFG als Umsetzung der bereits im ursprünglichen Vertrag angelegten möglichen Verlegung des Standortes anzusehen. Die Vergebührung war daher unter Anwendung des § 21 GebG vorzunehmen.
Das BFG gab der Beschwerde statt und setzte eine Rechtsgeschäftsgebühr iHv € 256,95 (statt € 8.715,41) fest, die sich aus dem höheren Entgelt aufgrund der um 3,68 m² gestiegenen Geschäftsfläche ergab. Die ordentliche Revision wurde durch das BFG zwar nicht zugelassen, es wurde allerdings eine außerordentliche Amtsrevision erhoben, die derzeit unter der GZ Ra 2023/16/0071 beim VwGH anhängig ist.
Conclusio
Änderungen bei Verträgen sind bekanntlich nur dann gebührenrechtlich beachtlich, wenn sie zu einer höheren Gebührenpflicht führen. Wird durch einen Nachtrag oder Zusatz der Vertragsumfang vermindert, liegt ein gebührenrechtlich unbeachtlicher Vorgang vor (Bergmann/Wurm in Bergmann/Pinetz, GebG2 § 21 Rz 39 mwN). Würde man im vorliegenden Fall die Verlegung des Pachtgegenstands als neuen Vertrag iSd § 24 GebG ansehen, wäre das gesamte Entgelt für die Restlaufzeit (erneut) der Gebühr zu unterwerfen. Die bereits entrichtete Gebühr für den alten Vertrag bliebe allerdings unverändert, da eine nachträgliche Verkürzung der Vertragslaufzeit (im Gegensatz zur Verlängerung) gebührenrechtlich nicht relevant ist. Die Entscheidung des BFG führt daher zu einem wirtschaftlich sachgerechten Ergebnis im Sinne einer Einmalbesteuerung, steht aber dennoch in einem gewissen Spannungsfeld zur Systematik des GebG, in denen wirtschaftliche Überlegungen ansonsten eine eher untergeordnete Rolle spielen.
Der bisherigen Rsp zum zivilrechtlichen Novationsbegriff war im Übrigen zu entnehmen, dass die Auswechslung des Mietobjekts im selben Haus bei gleichbleibendem Mietzins pro m2 sehr wohl ein neues Vertragsverhältnis begründet (OGH 16. 4. 1996, 5 Ob 2055/96h). Diese Rsp wurde auch im Gebührenrecht schon herangezogen (siehe zB UFS 7. 4. 2010, RV/1212-L/07 zu einer Novation iZm Dienstbarkeiten), blieb im gegenständlichen Erkenntnis allerdings unerwähnt.
Sollte die Entscheidung des BFG durch den VwGH bestätigt werden, empfiehlt es sich aus gebührenrechtlicher Sicht daher mögliche Standortverlegungen bereits vertraglich vorzusehen, um eine spätere Novation zu vermeiden.