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DBA USA: Art 4 Abs 3 lit a
Abstract
Das BFG musste sich nun erneut mit der Frage beschäftigen, in welchem Staat bei einer befristeten Auslandsentsendung der Mittelpunkt der Lebensinteressen besteht, nachdem der VwGH das ursprüngliche Erkenntnis im ersten Rechtsgang wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben hatte. Den Vorgaben des VwGH folgend kam das BFG zu dem Ergebnis, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen aufgrund des Überwiegens der persönlichen Beziehungen weiterhin in Österreich bestand.
BFG 12. 11. 2024, RV/7103375/2024
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (Bf) war zwischen dem 1. 2. 2017 und dem 31. 1. 2019 im Rahmen einer befristeten Entsendung durch seinen österreichischen Arbeitgeber in den USA tätig. Hierfür übersiedelte er mit seiner Ehefrau, seinen Kindern und den Haustieren in die USA. Während dieses Zeitraums bestanden persönliche und wirtschaftliche Anknüpfungspunkte sowohl zu Österreich als auch zu den USA (s Sachverhalt in BFG 17. 10. 2023, RV/7100991/2021). In beiden Staaten hatte er während der gesamten Zeit eine Wohnung inne, die er für seinen Wohnbedarf jederzeit hätte nutzen können.
Das Finanzamt (FA) ging davon aus, dass während dieser Zeit der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich bestand und erließ daraufhin einen Bescheid. Gegen diesen erhob der Bf Beschwerde vor dem BFG, welches seiner Ansicht folgte und die Bescheide des FA ersatzlos aufhob (s BFG 17. 10. 2023, RV/7100991/2021). Dabei führte das Gericht aus, dass im Zeitraum der Entsendung kein eindeutiges Überwiegen der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Österreich erkannt werden könne und demnach auf den gewöhnlichen Aufenthalt zurückzugreifen sei, der im betreffenden Zeitraum in den USA liege.
Gegen das Erkenntnis legte das FA außerordentliche Revision ein. Daraufhin hob der VwGH das Erkenntnis des BFG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts auf. Der VwGH führte an, dass das BFG verschiedene Umstände, wie bspw die Wohnorte der engen Verwandten des Bf oder den Rückkehrentschluss des Bf nach Österreich, nicht hinreichend berücksichtigt habe (s VwGH 3. 9. 2024, Ra 2023/13/0186).
Entscheidung
Bei der Beurteilung, in welchem Staat der Mittelpunkt der Lebensinteressen gem Art 4 Abs 2 lit a DBA USA liegt, ist auf das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen, wobei das Überwiegen zu einem der Staaten den Ausschlag gibt. Den wirtschaftlichen Beziehungen kommt dabei idR eine geringere Bedeutung als den persönlichen Beziehungen zu. Letztendlich ist entscheidend, welcher der beiden Vertragsstaaten der bedeutungsvollere ist (s VwGH 15. 9. 2016, Ra 2016/15/0057; ebenso VwGH 25. 11. 2015, 2011/13/0091).
Für den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich spricht der angemeldete Nebenwohnsitz der Familie in Österreich, die durchgehende österreichische Sozialversicherung, die Spendenzahlungen der Ehefrau des Bf in Österreich, das österreichische Bankkonto sowie die geplante Wiedereingliederung der Kinder in das österreichische Schulsystem. Auch der Aufenthalt von engen Verwandten des Bf, namentlich seines Vaters, seiner Schwiegermutter und seines Schwagers, in Österreich und der aufrechte österreichische Dienstvertrag sprechen für ein Überwiegen der Verhältnisse in Österreich.
Weiterhin konnte der Bf keinerlei persönliche Beziehungen in den USA geltend machen, die über einen privaten Kontakt mit Arbeitskollegen hinausgingen. Er war auch in keinen Vereinen in den USA Mitglied. Bereits im Frühjahr 2018 hatte der Bf den Entschluss getroffen, die Auslandsentsendung frühzeitig zu beenden und schon vor Ablauf der geplanten drei Jahre nach Österreich zurückzukehren. All dies spricht dafür, dass während der gesamten Dauer des Auslandsaufenthalts in den USA die engeren Bindungen zu Österreich bestanden.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen. Da das gegenständliche Erkenntnis dem aufhebenden Erkenntnis des VwGH folgt, ist eine Revision nicht zulässig.
Conclusio
Insbesondere zwei Argumente des BFG und VwGH für den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich erscheinen fraglich: Zum einen argumentieren BFG und VwGH, dass der aufrechte österreichische Arbeitsvertrag während der Entsendung für die näheren Beziehungen zu Österreich spricht. Allerdings bleibt bei einer Auslandsentsendung idR der ursprüngliche Arbeitsvertrag (und meist auch die ursprüngliche Sozialversicherung) intakt. Zum anderen wird mit der Ansässigkeit von (entfernten) Verwandten in Österreich argumentiert, wobei explizit die Rede vom Vater, der Schwiegermutter und dem Schwager ist. Auch hierbei muss die Frage gestellt werden, warum die entferntere Verwandtschaft den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich verbleiben lässt, wenn doch die enge Verwandtschaft, also Ehefrau und Kinder, mit ins Ausland umgesiedelt sind (s zur Wesentlichkeit der engeren Verwandtschaft insb EAS 1458 v 31. 5. 1999, ebenso Tumpel/Luketina, in Aigner/Kofler/Tumpel [Hrsg], DBA2 [2019] Art 4 Rz 41 mwN).
Diese Ansicht des VwGH und nunmehr auch des BFG wirft Fragen auf, da es sich zum einen, mit dem Dienstvertrag, um eine normale Eigenheit der Auslandsentsendung handelt und zum anderen nicht davon ausgegangen werden kann, dass die gesamte entfernte Verwandtschaft im Falle einer Auslandsentsendung mitumzieht. In der Erkenntnis wird außerdem offengelassen, inwiefern diese beiden Argumente mit der Tatsache zusammenhängen, dass der Bf bereits früher nach Österreich zurückgekehrt war als zuerst vorgesehen war. Wäre er nicht verfrüht zurückgekehrt, ist fraglich, ob die beiden Argumente dennoch vom VwGH und vom BFG verwendet worden wären. Es bleibt daher abzuwarten, wie BFG und VwGH in Zukunft bei Fällen der abkommensrechtlichen Ansässigkeit entscheiden werden.