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EStG: §§ 32, 37
Abstract
Das BFG hatte – neben anderen Rechtsfragen – darüber zu entscheiden, ob es sich bei einem in einer Pensionsvereinbarung eingeräumten Recht, durch einseitige Erklärung eine Kapitalabfindung an Stelle der laufenden Firmenpension fordern zu können, um eine „Entschädigung“ im Sinne des § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG handelt. Das BFG verneinte diese Frage mit der Begründung, dass das Vorliegen einer Entschädigung voraussetze, dass die Initiative zur Abfindung von Pensionsansprüchen nicht vom Pensionsberechtigten ausgeht. Aufgrund des einseitigen Gestaltungsrechts des Bf sei die Initiative jedoch zwangsläufig stets bei ihm gelegen, weshalb keine Entschädigung im Sinne des § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG vorliegt. Die Verteilungsbegünstigung für die erhaltene Kapitalabfindung wurde dementsprechend versagt.
BFG 30. 6. 2023, RV/7101190/2021
Sachverhalt
Dem Bf (Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der Gesellschaft 1) wurde von der Gesellschaft 1, die sämtliche Anteile an der Gesellschaft 2 hält, für die Abgeltung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Gesellschaft 2 eine Firmenpension zugesagt, wobei ihm in Punkt 9 dieser Vereinbarung vom 1. 6. 2006 das Recht eingeräumt wurde, durch einseitige Erklärung eine Kapitalabfindung an Stelle der laufenden Firmenpension fordern zu können. Der Bf hat im Laufe des Verfahrens mehrfach erklärt, seit jeher geplant und beabsichtigt zu haben, dieses Optionsrecht auf Pensionsabfindung auszuüben. Schließlich hat der Bf in einer schriftlichen Vereinbarung vom 30. 5. 2018 dieses einseitige Gestaltungsrecht auf Pensionsabfindung (iHv € 420.000) ausgeübt. In der mündlichen Verhandlung am 29. 6. 2023 stellte der Bf ausdrücklich den Antrag auf Verteilung der Einkünfte gem § 37 Abs 2 Z 2 EStG als Eventualantrag, falls sein Primärantrag auf Gewährung des Hälftesteuersatzes gem § 37 Abs 5 EStG erfolglos sein sollte.
Entscheidung des BFG
Gem § 37 Abs 2 Z 2 EStG sind Entschädigungen im Sinne des § 32 Abs 1 Z 1 EStG, wenn überdies im Falle der lit a oder b der Zeitraum, für den die Entschädigungen gewährt werden, mindestens sieben Jahre beträgt, über Antrag gleichmäßig verteilt auf drei Jahre anzusetzen. Unter Hinweis auf VwGH 20. 2. 1997, 95/15/0079, VwSlg 7163/F; 25. 11. 2009, 2005/15/0055; 25. 4. 2013, 2010/15/0158, VwSlg 8809/F führt das BFG aus, dass das Vorliegen der „Gewährung einer Entschädigung“ im Sinne des § 32 Abs 1 Z 1 EStG voraussetzt, dass die Initiative zur Abfindung von Pensionsansprüchen nicht vom Pensionsberechtigten ausgeht.
In den Absätzen 4 und 7 der Vereinbarung vom 30. 5. 2018 komme – so das BFG – klar zum Ausdruck, dass die Gegenleistung für den Verzicht auf die lebenslange monatliche Pension die Einmalzahlung von € 420.000 ist. Die Annahme, dass der Bf auch bereit war, diese Verzichtserklärung ohne eine Gegenleistung abzugeben und die Gesellschaft 2 diesen Betrag freiwillig an den Bf gespendet hat, sei lebensfremd.
Da der Bf ein einseitiges Recht auf Pensionsabfindung hatte, hat er nach Ansicht des BFG im Vertrag vom 30. 5. 2018 nicht in einem zweiseitigen Rechtsgeschäft diesen Pensionsabfindungsanspruch vereinbart, sondern vielmehr sein Optionsrecht auf Kapitalabfindung der Firmenpension ausgeübt. An dieser Ausübung des Wahlrechts ändere auch der Umstand nichts, dass der Bf auf einen kleinen Teil seines Abfindungsanspruchs (€ 25.856) verzichtet hat, ohne dies ausdrücklich auszusprechen.
Als nicht glaubwürdig erachtete das BFG das Vorbringen des Bf, wonach auch denkbar wäre, dass der Bf sein Gestaltungsrecht zunächst gar nicht habe ausüben wollen und erst auf begründetes Ersuchen seines Arbeitgebers der Einmalzahlung zugestimmt habe, weshalb die Initiative – trotz Vorliegen eines Optionsrechts – nicht beim Bf gelegen habe. Für die steuerrechtliche Beurteilung – so das BFG – sind fremdübliche Verhältnisse zu Grunde zu legen. Fremdüblich ist es, dass Optionsrechte vom Optionsberechtigten primär nach seiner Interessenlage und nicht aufgrund eines Ersuchens des früheren Arbeitgebers ausgeübt werden. Auch eine laufende Pensionszahlung an Stelle der Kapitalabfindung hätte keine nennenswerte wirtschaftliche Belastung der Gesellschaft 2 zur Folge gehabt, insbesondere unter Berücksichtigung der geschaffenen Kapitalrückdeckungen. Aufseiten des Pensionsverpflichteten hat daher nach Ansicht des BFG kein erhebliches wirtschaftliches Interesse an einer Einmalzahlung bestanden. Auch dieser Umstand spreche dafür, dass die Initiative beim Bf und nicht bei seinem ehemaligen Arbeitgeber gelegen ist.
Aufgrund des einseitigen Gestaltungsrechts des Bf sei die Initiative zur Ausübung des Optionsrechts stets beim Bf gelegen, weshalb keine Entschädigung im Sinne des § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG vorliegen könne, da es ausschließlich in der Hand des Bf gelegen sei, die ihm zustehende Kapitalabfindung zu fordern.
Die Anwendbarkeit der Verteilungsbegünstigung gem § 37 Abs 2 EStG wurde daher mangels Gewährung einer „Entschädigung“ im Sinne des § 32 Abs 1 Z 1 EStG verneint. Die Revision wurde mit der Begründung zugelassen, dass zur Rechtsfrage, ob ein Optionsrecht auf Kapitalabfindung das Vorliegen einer Entschädigung gem § 32 EStG ausschließt, noch keine Rechtsprechung des VwGH besteht.
Conclusio
Die vorliegende Entscheidung des BFG beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, ob ein Optionsrecht auf Kapitalabfindung in einer Pensionsvereinbarung das Vorliegen einer „Entschädigung“ im Sinne des § 32 Abs 1 Z 1 EStG und damit die Anwendbarkeit der Verteilungsbegünstigung gem § 37 Abs 2 Z 2 EStG ausschließt. Vorweg ist festzuhalten, dass es keine Legaldefinition des Begriffs der „Entschädigung“ gibt (Kanduth-Kristen in Jakom EStG16, § 32 Rz 6). Bereits im Erkenntnis vom 25. 10. 1977, 1173/77 hat der VwGH jedoch festgehalten, dass Kapitalzahlungen zur Abfindung von Pensionsansprüchen als begünstigte Entschädigungen im Sinne des § 32 in Betracht kommen (VwGH 25. 11. 2009, 2005/15/0055). Im gleichen Erkenntnis von 1977 wurde aber für Pensionsabfindungen auch ein von der Rechtsprechung wiederholt aufgezeigtes Merkmal einer Entschädigung im Sinne des § 32 EStG, nämlich dass sie nicht freiwillig herbeigeführt sein dürfe, dahingehend konkretisiert, dass die Initiative zum Abschluss der Abfindungsvereinbarung nicht vom Pensionsberechtigten ausgegangen sein darf (VwGH 25. 11. 2009, 2005/15/0055). Diese Auffassung hat der VwGH in den Erkenntnissen vom 8. 10. 1991, 91/14/0006, vom 29. 5. 1996, 93/13/0008 sowie vom 20. 2. 1997, 95/15/0079 jeweils in diesem Sinne bestätigt (VwGH 25. 11. 2009, 2005/15/0055). Insbesondere im Erkenntnis vom 20. 2. 1997, 95/15/0079, in dem eine Pensionsabfindung eines Alleingesellschafters und Geschäftsführers einer GmbH zu beurteilen war, sprach der VwGH aus, dass „es nicht der Geschädigte selber sein darf, der aus eigenem Antrieb das für das Entgehen der Einnahmen ursächliche Ereignis herbeigeführt hat“. Im konkreten Fall wurde dem Bf (Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der Gesellschaft 1) von der Gesellschaft 1 eine Firmenpension zugesagt und ihm wurde das Recht eingeräumt, durch einseitige Erklärung eine Kapitalabfindung an Stelle der laufenden Firmenpension fordern zu können. Es ist also nicht nur die Initiative zum Abschluss der Abfindungsvereinbarung vom Pensionsberechtigten ausgegangen, vielmehr war auch er es, der durch das Ausüben seines Optionsrechts das für das Entgehen der Einnahmen ursächliche Ereignis herbeigeführt hat. Im Ergebnis ist die Entscheidung des BFG daher mit der Judikatur des VwGH im Einklang. Da bereits Revision eingebracht wurde, bleibt die höchstgerichtliche Entscheidung abzuwarten.