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BFG: Rechtsgeschäftsgebühr bei einem Erbübereinkommen

Bearbeiter: Benjamin Beer

GebG 1957: § 15 Abs 3, § 19 Abs 2

Abstract

Das BFG hatte zu beurteilen, ob ein Erbenübereinkommen, mit dem die Übernahme einer Liegenschaft durch einen Erben geregelt wurde, ein gebührenpflichtiges Rechtsgeschäft darstellt, weil dadurch den anderen Erben gleichzeitig Hypotheken an ebendieser Liegenschaft eingeräumt wurden. Nach Ansicht des BFG liegt hier ein einheitliches Rechtsgeschäft vor, das nach § 15 Abs 3 GebG gebührenbefreit ist.

BFG 3. 8. 2023, RV/5100469/2022RV/5100470/2022RV/5100471/2022

Sachverhalt

Die Bf war minderjährige Tochter eines Erblassers und zu 1/6 des Nachlasses erbberechtigt. Die weiteren drei Töchter waren ebenfalls zu je 1/6 des Nachlasses erbberechtigt, dessen hinterbliebene Ehefrau zu 1/3. Vereinbart und durch das Pflegschaftsgericht genehmigt wurde ein Erbübereinkommen, nach dem die Ehefrau die Liegenschaft 1 (Wohnhaus) und die Töchter eine andere Liegenschaft übernahmen. Die noch verbleibenden Forderungen der Töchter wurden gestundet und mit Hypotheken an der von der Ehefrau übernommenen Liegenschaft besichert.

Das FA vertrat die Ansicht, die Einräumung der Hypotheken an der Liegenschaft 1 durch das Erbübereinkommen wäre gebührenpflichtig gewesen und erließ 2016 einen entsprechenden Bescheid. Dieser wurde allerdings mangels bestimmter Sache 2021 durch das BFG mittels Erkenntnisses (RV/5101465/2016) ersatzlos aufgehoben, weil das vermeintlich gebührenpflichtige Rechtsgeschäft nicht ausreichend genau bezeichnet gewesen war. Daher erließ das FA 2021 einen neuen Gebührenbescheid, gegen den die Bf Beschwerde erhob. Nach abweisender BVE, in der das FA feststellte, dass das Rechtsgeschäft nach § 33 TP 18 GebG gebührenpflichtig gewesen wäre, wandte sich die Bf an das BFG.

Entscheidung des BFG

Das BFG stellt zunächst fest, dass das Erkenntnis über den ursprünglichen Gebührenbescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Im vorliegenden Fall ist die Beschwerde aber nicht wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, weil nun der Verfahrensgegenstand hinreichend genau bezeichnet ist und deshalb eine neue Sache vorliegt.

Seit Aufhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer zum 1. 1. 2008 (VfGH 7. 3. 2007, G 54/06) unterliegen der Grundstückserwerb von Todes wegen und die Grundstücksschenkung grundsätzlich der GrESt. Der hier vorliegende Erwerb der Ehefrau aufgrund des Erbübereinkommens ist ein Erwerb aus einem erbrechtlichen Titel und somit als Erwerb von Todes wegen nach § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG grunderwerbsteuerpflichtig.

Die eingeräumten Hypothekarverschreibungen zur Sicherung der Verbindlichkeiten der Ehefrau gegenüber den Töchtern sind nach § 33 TP 18 Abs 1 GebG grundsätzlich gebührenpflichtig. Die Höhe der Gebühr beträgt 1 % der Verbindlichkeit, für die die Hypothek eingeräumt wird. Hier könnten jedoch die Befreiungsbestimmungen des § 15 Abs 3 GebG oder des § 19 Abs 2 GebG einschlägig sein.

Nach Ansicht des BFG kommt eine Befreiung nach § 19 Abs 2 GebG nicht in Betracht. Diese setzt nämlich mehrere Rechtsgeschäfte derselben oder verschiedener Art, die nicht zusammenhängende Bestandteile des Hauptgeschäftes sind, voraus. Die Überlassung der Liegenschaft gegen Einräumung der Pfandrechte bildet jedoch einen einheitlichen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang mit mehreren Leistungen.

Anwendbar ist allerdings die Gebührenbefreiung des § 15 Abs 3 GebG. So sind etwa Rechtsgeschäfte, die unter das GrEStG fallen, von der Gebührenpflicht befreit. Nach den vom VwGH aufgestellten Grundsätzen (Parteiwille, Zusammenfassung und gleichzeitige Annahme mehrerer Leistungen in einem Schriftstück, Beabsichtigung einer einheitlichen Regelung, enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen den Leistungen) liegt ein einheitlicher Vertrag vor (VwGH 3. 9. 2020, Ra 2020/16/0109). Die Übernahme der Liegenschaft durch die Mutter und die Einräumung der Hypotheken ist Teil des einheitlichen Erbübereinkommens, mit dem der Nachlass einheitlich geregelt wird. Die Rechtsgeschäfte stehen somit in einem engen Zusammenhang zueinander, zumal die Einräumung des Pfandrechts ohne die Übernahme der Liegenschaft durch die Ehefrau im Erbübereinkommen nicht denkbar gewesen wäre. So war zuvor auch das Pflegschaftsgericht, das das Erbübereinkommen genehmigt hatte, von einem einheitlichen Rechtsgeschäft ausgegangen, indem es die Vereinbarungen in ihrer Gesamtheit beurteilt hatte.

Das BFG bestätigt die Ansicht des Bf, gibt der Beschwerde statt und hebt den angefochtenen Bescheid auf. Da das BFG hier die vom VwGH 3. 9. 2020, Ra 2020/16/0109 aufgestellten Grundsätze anwendet und somit thematisch einschlägige höchstgerichtliche Rsp vorliegt, wurde die ordentliche Revision für unzulässig erklärt. Allerdings wurde eine außerordentliche Amtsrevision erhoben.

Conclusio

Das BFG wendet durch die vorliegende Entscheidung die Rsp des VwGH zur Frage an, wann ein einheitlicher Vertrag und wann mehrere Rechtsgeschäfte aus gebührenrechtlicher Sicht vorliegen. In der zitierten Entscheidung hatte der VwGH festgestellt, dass die Schenkung eines Grundstücks gegen Einräumung eines Fruchtgenussrechtes als einheitliches Rechtsgeschäft einzustufen und somit nach § 15 Abs 3 GebG keine Rechtsgeschäftsgebühr für die Einräumung des Fruchtgenussrechtes zu entrichten war.

Die hier vorliegende Sachverhaltskonstellation ist der durch den VwGH behandelten durchaus ähnlich. So wird in beiden Fällen in einem einheitlichen Vertrag das Eigentumsrecht an einem Grundstück gegen Gewährung von Gegenleistungen (Fruchtgenussrecht oder Hypotheken) zwischen Eltern und Kindern eingeräumt. Insofern bleibt abzuwarten, ob das FA den VwGH vom Vorliegen getrennter Rechtsgeschäfte im gegenständlichen Fall und einer daraus resultierenden Gebührenpflicht der bestellten Sicherheiten in der Amtsrevision überzeugen wird.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34834 vom 11.12.2023