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UStG 1994: § 28 Abs 52 Z 1 lit a
Abstract
Zur Unterstützung der durch die COVID-19-Krise betroffenen Gastronomie wurde zwischen 1. 7. 2020 und 31. 12. 2021 „die Abgabe von Speisen und Getränken, für die eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 111 Abs 1 GewO 1994) erforderlich ist“ mit einem ermäßigten Umsatzsteuersatz von nur 5 % besteuert. Das BFG hat in einer kürzlich ergangenen Entscheidung klargestellt, dass nicht alle Speisen und Getränke, die von einem Gastronomiebetrieb in diesem Zeitraum angeboten wurden, auch tatsächlich davon umfasst waren.
BFG 11. 4. 2023, RV/7102096/2022
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (Bf) ist Franchisenehmer einer in mehreren Ländern tätigen Systembackgastronomiekette. Er hat ua belegte Weckerl, heiße Snacks, Mehlspeisen und Backwaren im Angebot, die in den Backstationen laufend frisch gebacken und zubereitet werden. Die Zubereitung erfolgt anhand von vorab festgelegten Arbeitsweisen. Der Bf verfügt über eine Gewerbeberechtigung für ein Gastgewerbe in der Betriebsart „Verabreichung von Speisen in einfacher Art und Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hierbei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze […] bereitgestellt werden“. Die Kunden können sich nach dem Erwerb der Produkte entscheiden, ob diese im jeweiligen Lokal am Tisch oder unterwegs verzehrt werden.
Für den streitgegenständlichen Zeitraum hatte der Bf für alle verabreichten Speisen und Getränke den ermäßigten Steuersatz iHv 5 % gem § 28 Abs 52 Z 1 lit a UStG angenommen. Im Zuge einer Abgabenprüfung wurde die Umsatzsteuer durch die Abgabenbehörde neu festgesetzt und ein Großteil der Umsätze wurde den höheren Steuersätzen von 10 % (Speisen) und 20 % (Getränke) unterworfen, weil nach Ansicht der Abgabenbehörde die Handelstätigkeit im Vordergrund steht. Lediglich für die offenen und warmen Getränke, sowie die warm zubereiteten Speisen wurde der begünstigte Steuersatz anerkannt. Die von der Bf gegen den Bescheid eingebrachte Beschwerde blieb erfolglos, weshalb sich das BFG nach erfolgtem Vorlageantrag mit der Reichweite der Ermäßigung für Gastronomieumsätze auseinanderzusetzen hatte.
Entscheidung des BFG
Das BFG hält zunächst fest, dass eine aufrechte Gewerbeberechtigung nach § 111 GewO nicht Voraussetzung für die Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes ist, sondern vielmehr entscheidend ist, ob die Verabreichung von Speisen bzw der Ausschank von Getränken der Art nach eine solche nach § 111 Abs 1 Z 2 GewO ist. Unter Hinweis auf die gewerberechtliche Kommentarliteratur stellt das BFG fest, dass eine Verabreichung von Speisen bzw ein Ausschank von Getränken iSd § 111 Abs 1 Z 2 GewO dann vorliegt, wenn eine über eine bloße Verkaufshandlung hinausgehende Tätigkeit in der Weise entfaltet wird, die dem Gast ermöglicht, die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle zu sich zu nehmen, ohne noch etwas tun zu müssen (Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 § 111 Rz 58). Es sollen daher auch nur Speisen und Getränke, die üblicherweise vor Ort konsumiert werden, von der Begünstigung umfasst sein (UStR 2000 Rz 3542; Kollmann in Melhardt/Tumpel, UStG3 § 28 Rz 158).
Unter Heranziehung von EuGH-Judikatur zur Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen (EuGH 2. 5. 1996, C-231/94, Faaborg-Gelting; EuGH 10. 3. 2011, C-479/09, C-499/09, C-501/99 und C-502/09, Bog ua; EuGH 22. 4. 2021, C-703/19, J.K.) erkennt das BFG, dass die Zubereitung der streitgegenständlichen kalten Snacks und Jausenweckerl nicht den überwiegenden Anteil des betreffenden Umsatzes darstellen und daher die Handelstätigkeit im Vordergrund steht. Dementsprechend sind die vom Bf angebotenen Leistungen als „nicht angerichtete kalte Speisen“ anzusehen, die im Gegensatz zu „angerichteten kalten Speisen“ (zB angemachte Salate, kalte Platten, oder kalte Buffets) nicht von der Gastronomiebegünstigung umfasst sind (UStR 2000 Rz 3542).
Da im konkreten Fall mangels Aufzeichnungen nicht nachvollzogen werden konnte, welche Speisen und Getränke tatsächlich vor Ort konsumiert und welche mitgenommen wurden, kann die durch die Abgabenbehörde erfolgte Aufteilung nicht als rechtswidrig erkannt werden. Dementsprechend sind nur die Umsätze von warmen Speisen und offenen Getränken dem Sondersteuersatz nach § 28 Abs 52 UStG zu unterwerfen. Die Beschwerde wurde daher abgewiesen und die ordentliche Revision nicht zugelassen.
Conclusio
Die mittlerweile ausgelaufene COVID-19-Begünstigung für Gastronomieumsätze ist aus mehrerlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen wurde § 7 Preisgesetz explizit ausgeschlossen, wonach Abgabensenkungen an Verbraucher weiterzugeben sind (siehe zB Petutschnig/Winkler, For Here or to Go? AVR 2020, 180 [181]; Hohenwarter-Mayr, Steuern in der Krise, JRP 2021, 187 [200]), zum anderen trat die Senkung rückwirkend in Kraft, was damals Fragen iZm der Steuerschuld kraft Rechnungslegung aufwarf (siehe zB Menhofer, Die befristete Umsatzsteuersatzsenkung auf 5 % – ein Danaergeschenk? in Gaedke/Tumpel [Hrsg], FS Gaedke). Außerdem dürfte auch die unionsrechtliche Grundlage problematisch gewesen sein (siehe zB Mayr, Der befristete ermäßigte Umsatzsteuersatz von 5 %, SWK 2020, 1144).
Das gegenständliche BFG-Erkenntnis zeigt die schwierigen Abgrenzungsfragen, die sich aus der Abgrenzung von Gastronomieumsätzen ergeben, war aber im Ergebnis erwartbar und ist wohl auch im Sinne der bisherigen Literaturmeinung ergangen (siehe zB Kollmann in Melhardt/Tumpel, UStG3 § 28 Rz 159; Petutschnig/Winkler, AVR 2020, 180 [182 f]).