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BFG: Steuerbegünstigung für Mitarbeiterrabatte steht auch ehemaligen Arbeitnehmern zu

Bearbeiter: Dominic Krenn

EStG 1988: § 3 Abs 1 Z 21

Abstract

Das BFG hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob vergünstigte Kontoführungs- und Depotgebühren sowie höhere Guthabenzinsen auf Spareinlagen, die einem Pensionisten von seinem ehemaligen Arbeitgeber gewährt wurden, der Einkommensteuer zu unterwerfen sind. Da für die erhöhten Zinserträge aufgrund der höheren Guthabenzinsen bereits KESt mit Endbesteuerungswirkung einbehalten wurde, sei nach Ansicht des BFG eine weitere Besteuerung nicht möglich. Zu den vergünstigten Kontoführungs- und Depotgebühren sprach das BFG aus, dass auch ehemalige Arbeitnehmer unter den Arbeitnehmerbegriff des § 3 Abs 1 Z 21 EStG fallen und die vergünstigten Kontoführungs- und Depotgebühren als Mitarbeiterrabatte steuerfrei sind. Die Revision wurde zugelassen und bereits erhoben.

BFG 15. 10. 2024, RV/3100422/2024

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf) ist ASVG-Pensionist und erhielt weiterhin Vergünstigungen seines ehemaligen Arbeitgebers, einer Bank. Die Vergünstigungen erfassten vergünstigte Kontoführungs- und Depotgebühren. Darüber hinaus erhielt der Bf höhere Guthabenzinsen auf Spareinlagen. Von den Guthabenzinsen wurde von der Bank KESt iHv 25 % einbehalten. Der ehemalige Arbeitgeber meldete den sich aus den Vergünstigungen resultierenden Betrag bestehend aus (i) Mitarbeiterrabatte Zahlungsverkehr, (ii) Mitarbeiterrabatte Wertpapiergeschäft und (iii) Mitarbeiterrabatte Zinsgeschäft mittels Lohnzettel als lohnsteuerpflichtige Einkünfte der Abgabenbehörde. Dieser Betrag wurde ebenso wie die ASVG-Pension und Vermietungseinkünfte des Bf der Einkommensteuer unterworfen. Dagegen erhob der Bf Beschwerde und begründete diese wie folgt: Sein ehemaliger Arbeitgeber habe im übermittelten Lohnzettel den Mitarbeiterrabatt gem § 3 Abs 1 Z 21 EStG ausgewiesen. Derartige Mitarbeiterrabatte seien nach § 3 Abs 1 Z 21 lit d EStG nur insoweit steuerpflichtig, als ihr Gesamtbetrag 1.000 € im Kalenderjahr übersteigt. Sein ehemaliger Arbeitgeber habe diesen Freibetrag aufgrund der Aussagen in LStR 2002 Rz 104 nicht berücksichtigt. Nach LStR 2002 Rz 104 seien Pensionisten keine Arbeitnehmer iSd § 3 Abs 1 Z 21 EStG, weshalb ihnen der begünstigte Mitarbeiterrabatt nicht zusteht. Diese Aussagen der LStR 2002 fänden jedoch keine Deckung im Gesetz. Zudem habe das BFG in seiner Entscheidung vom 8. 5. 2019, RV/7105649/2017 bereits ausgesprochen, dass der Freibetrag nach § 3 Abs 1 Z 21 EStG auch in Ruhestand getretenen ehemaligen Arbeitnehmern zusteht. Außerdem brachte der Bf vor, dass für die höheren Guthabenzinsen auf Spareinlagen bereits aufgrund der Einbehaltung der KESt eine Endbesteuerungswirkung erfolgt sei. Die Beschwerde wurde antragsgemäß ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem BFG vorgelegt.

Entscheidung des BFG

Der Bf hat die Vorteile in Form von günstigeren Kontoführungs- und Depotgebühren sowie höheren Guthabenzinsen auf Spareinlagen ausschließlich aufgrund seiner früheren Tätigkeit bei der Bank gewährt bekommen. Bei diesen Vorteilen handelt es sich um Einnahmen iSd § 15 Abs 1 iVm § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG (Bezüge und Vorteile). Im beschwerdegegenständlichen Fall ist strittig, ob (i) die höheren Guthabenzinsen sowie (ii) die vergünstigten Kontoführungs- und Depotgebühren wie im angefochtenen ESt-Bescheid 2023 der Einkommensteuer zu unterwerfen sind.

Der erhöhte Zinsertrag wurde bereits der KESt unterworfen. § 97 Abs 1 Satz 1 EStG sieht die Steuerabgeltung für sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen vor, auf deren Erträge der besondere Steuersatz nach § 27a Abs 1 EStG anwendbar ist. Davon sind die Fälle der Regelbesteuerungs- und Verlustausgleichsoption ausgenommen. Der erhöhte Zinsertrag ist daher schon infolge der Endbesteuerungswirkung keiner weiteren Besteuerung zu unterziehen. Es spielt daher im Beschwerdefall auch keine Rolle, dass höhere Guthabenzinsen, die einem (ehemaligen) Mitarbeiter gewährt werden, schon nach dem Gesetzeswortlaut kein Mitarbeiterrabatt iSd § 3 Abs 1 Z 21 EStG sind.

In Bezug auf die vergünstigten Kontoführungs- und Depotgebühren kann die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs 1 Z 21 EStG zur Anwendung gelangen, wenn auch ehemalige Mitarbeiter wie der Bf als „Arbeitnehmer“ iSd § 3 Abs 1 Z 21 EStG zu verstehen sind. Die LStR 2002 treffen zum Begriff „ehemalige Arbeitnehmer“ unterschiedliche Aussagen. So sind die Begünstigungen gem § 3 Abs 1 Z 13, Z 14 und Z 15 lit a EStG nach LStR 2002 Rz 75 aus verwaltungsökonomischen Gründen auch für ehemalige Arbeitnehmer anwendbar. Zur im Beschwerdefall gegenständlichen Bestimmung des § 3 Abs 1 Z 21 EStG sieht LStR 2002 Rz 104 hingegen vor, dass Pensionisten keine Arbeitnehmer iSd § 3 Abs 1 Z 21 EStG sind. In der Literatur werden zum Arbeitnehmerbegriff iSd Steuerbegünstigungen nach § 3 EStG unterschiedliche Meinungen vertreten. Einerseits wird in der Kommentarliteratur angeführt, dass Arbeitnehmer iSd § 3 Abs 1 Z 13 ff EStG auch in den Ruhestand getretene ehemalige Mitarbeiter sind (vgl Kuprian in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 3 Anm 75 [Stand 1. 7. 2023, rdb.at]). Andererseits wird ausgeführt, dass Pensionisten nicht zu den begünstigten Arbeitnehmern gehören (vgl Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 § 3 Rz 108 [Stand 1. 1. 2024, rdb.at]). Im Erkenntnis des BFG vom 8. 5. 2019, RV/7105649/2017, wurde vertreten, dass auch ehemalige Arbeitnehmer unter den Arbeitnehmerbegriff des § 3 Abs 1 Z 21 EStG fallen. Letzterer Ansicht wird sich im gegenständlichen Fall angeschlossen.

Vor diesem Hintergrund ist § 3 Abs 1 Z 21 EStG auf den Bf infolge seiner Arbeitnehmereigenschaft anwendbar. Mangels Überschreitens der Schwelle iHv 1.000 € gem § 3 Abs 1 Z 21 lit d EStG sind die vergünstigten Kontoführungs- und Depotgebühren als Mitarbeiterrabatte steuerfrei. Da zur in der Literatur unterschiedlich behandelten Frage, ob ehemalige Mitarbeiter unter den Arbeitnehmerbegriff des § 3 Abs 1 Z 21 EStG fallen, keine Rsp des VwGH vorliegt, ist die Revision zuzulassen.

Conclusio

Sämtliche Steuerbegünstigungen des § 3 EStG setzen voraus, dass die Zuwendung „allen oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern“ gewährt wird. Sowohl in den LStR 2002 als auch in der Literatur gibt es unterschiedliche Aussagen, ob auch ehemalige Arbeitnehmer (Pensionisten) unter den Arbeitnehmerbegriff iSd Steuerbegünstigungen des § 3 EStG fallen. Mit dem gegenständlichen Erkenntnis bekräftigt das BFG seine Judikaturlinie, wonach Mitarbeiterrabatte gem § 3 Abs 1 Z 21 EStG auch für ehemalige Arbeitnehmer gelten. Bereits in der Entscheidung vom 8. 5. 2019, RV/7105649/2017, hatte das BFG ausgesprochen, dass die Steuerbegünstigung für Mitarbeiterrabatte auch ehemaligen Arbeitnehmern zusteht. Das BFG begründete dies mit dem Regelungszusammenhang des § 47 Abs 1 iVm § 25 EStG. Nach § 47 Abs 1 EStG sind Arbeitnehmer natürliche Personen, die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit beziehen. Gem § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG sind Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit „Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis“. Nach Ansicht des BFG sei der Begriff „Arbeitnehmer“ im EStG einheitlich auszulegen. Eine unterschiedliche Bedeutung des Begriffes „Arbeitnehmer“ iSd § 47 Abs 1 EStG oder iSd § 3 Abs 1 Z 21 EStG sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Vor diesem Hintergrund sei die Steuerbegünstigung für Mitarbeiterrabatte nach § 3 Abs 1 Z 21 EStG auch für ehemalige Arbeitnehmer anwendbar. Nach Schuster seien die Ausführungen des BFG zum Begriff des „Arbeitnehmers“ überzeugend: Die Aussage in LStR 2002 Rz 104, wonach Pensionisten keine Arbeitnehmer iSd § 3 Abs 1 Z 21 EStG sind, erscheint unsystematisch und inkonsistent (vgl Schuster, Mitarbeiterrabatt gilt auch für ehemalige Arbeitnehmer, SWK 2024, 1336 [1337]). Nach anderen Meinungen in der Lit gehören Pensionisten nicht zu den Arbeitnehmern iSd § 3 EStG. Der Widerspruch der LStR 2002 Rz 75, wonach die Steuerbegünstigungen gem § 3 Abs 1 Z 13, Z 14 und Z 15 lit a EStG aus verwaltungsökonomischen Gründen (im Gegensatz zu den Mitarbeiterrabatten nach LStR 2002 Rz 104) für Pensionisten gelten, sollte bei der nächsten Wartung der LStR 2002 bereinigt werden (Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 § 3 Rz 108 [Stand 1. 1. 2024, rdb.at]). Im Begutachtungsentwurf des WE 2024 der LStR wurde in Rz 75 jedoch keine Änderung vorgenommen. Da bereits Amtsrevision erhoben wurde, bleibt abzuwarten, wie sich die Auslegung des Arbeitnehmerbegriffes für Steuerbegünstigungen entwickelt. Selbst wenn dem BFG-Erkenntnis entsprechend Pensionisten als Arbeitnehmer iSd § 3 Abs 1 Z 21 EStG gelten, sollte eine Beschränkung der Steuerbegünstigung auf aktive Arbeitnehmer möglich sein. § 3 Abs 1 Z 21 lit a EStG setzt voraus, dass ein Mitarbeiterrabatt allen oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern eingeräumt wird. Nach Rsp des VwGH setzt die Beschränkung auf eine bestimmte Gruppe voraus, „dass die unterschiedliche Vorgangsweise sachlich begründbar und nicht willkürlich sei; die Gruppenmerkmale müssten betriebsbezogen sein, um die unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen“. Der VwGH führte in diesem Zusammenhang aus, dass auch leitende Angestellte oder Manager eine bestimmte Gruppe iSd Steuerbegünstigungen nach § 3 EStG bilden können (vgl VwGH 27. 7. 2016, 2013/13/0069). Aktive Arbeitnehmer sollten daher eine bestimmte Gruppe bilden können, wodurch eine Beschränkung der Steuerbegünstigung auf rein aktive Arbeitnehmer zulässig sein sollte.

Die Ausführungen des BFG in der vorliegenden Entscheidung zu begünstigten Zinserträgen sieht Schuster differenzierter: Während das BFG eine weitere Besteuerung infolge der Endbesteuerungswirkung der einbehaltenen KESt verneint, ist zu berücksichtigen, dass die erhöhten Zinserträge ihren Ursprung in einem früheren Dienstverhältnis haben. Daher handelt es sich aufgrund des Subsidiaritätsprinzips nicht um Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern um Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Der KESt-Abzug entfaltet daher keine Endbesteuerungswirkung (s ausfl Schuster, SWK 2024, 1336 [1338]).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36357 vom 03.02.2025