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BFG übernimmt Rsp des BFH zum überwiegenden Eigeninteresse des Arbeitgebers an Betriebsveranstaltungen

Bearbeiter: Kilian Posch

EStG 1988: § 3 Abs 1 Z 14, § 15 Abs 1

Abstract

Gem § 3 Abs 1 Z 14 EStG sind geldwerte Vorteile aus der Teilnahme von Betriebsveranstaltungen nur bis zu einer Höhe von 365 € beim Arbeitnehmer steuerfrei. Keine Einnahmen gem § 15 EStG liegen allerdings vor, wenn der Vorteil aus überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers gewährt wird. Im vorliegenden Fall hat das BFG mangels österreichischer Rsp die Position des BFH übernommen und entschieden, dass auch Vorteile aus üblichen Betriebsveranstaltungen im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen können und somit über die Grenze von 365 € hinaus zu keiner Lohnsteuerpflicht führen.

BFG 13. 11. 2024, RV/7102103/2022

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) ist eine im Bereich der Immobilienverwaltung und Immobilienverwertung tätige GmbH mit mehreren Arbeitsstätten in Österreich und durchschnittlich 50 Mitarbeitern. Von 2012–2015 organisierte sie jährlich einen Betriebsausflug nach Rom, Nizza, Berlin, oder Athen und eine Weihnachtsfeier. Die anteiligen Kosten je Mitarbeiter betrugen in den gegenständlichen Jahren damit jeweils mehr als 365 €. Die Bf unterzog den 365 € überschreitenden Teil allerdings nicht den Lohnabgaben und berief sich dabei auf dt Rsp. Das Finanzamt (FA) sah in den Kosten für Flug, Hotel und Unterhaltung jedoch einen geldwerten Vorteil und setzte für die Jahre 2012–2015 entsprechend Lohnsteuer sowie Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag fest. Dagegen richtet sich (ua) die Beschwerde der Bf.

Entscheidung des BFG

Gem § 3 Abs 1 Z 14 EStG ist der geldwerte Vorteil aus der Teilnahme an Betriebsveranstaltungen (zB Betriebsausflüge und Betriebsfeiern) bis zu einer Höhe von 365 € jährlich und dabei empfangenen Sachzuwendungen bis zu einer Höhe von 186 € jährlich steuerfrei. Grundsätzlich liegen bei geldwerten Vorteilen Einnahmen gem § 15 Abs 1 EStG vor, wenn diese dem Steuerpflichtigen im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs 3 Z 4 bis Z 7 EStG zufließen. Allerdings liegen keine Einnahmen vor, wenn der Arbeitgeber die Vorteile im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt (mVa Ebner/Marschner in Kanduth-Kristen/Marschner/Peyerl/Ebner/Ehgartner [Hrsg], Jakom EStG17 [2024] § 15 Rz 9). Da keine österreichische hgRsp zum Vorliegen eines überwiegend eigenbetrieblichen Interesses bei Betriebsveranstaltungen besteht, verweist die österreichische Lit (zB Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg], EStG24 [2024] § 3 Rz 127) auf die Rsp des BFH zur vergleichbaren dt Rechtslage in § 19 Abs 1 Z 1 dEStG.

Laut BFH können Vorteile aus Anlass von üblichen Betriebsveranstaltungen wie Betriebsausflüge, Betriebsreisen, Weihnachts- und Jubiläumsfeiern im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen (zB BFH 16. 5. 2023, VI R 94/10). Auch eine mehrtägige Betriebsveranstaltung ist üblich, zumal eine solche die einzige Möglichkeit sein kann, allen Mitarbeitern gleichzeitig einen persönlichen Austausch zu ermöglichen (vgl BFH 16. 11. 2005, VI R 151/99). Unter Vorteilen im überwiegenden Eigeninteresse des Arbeitgebers sind solche Zuwendungen zu verstehen, die keine Gegenleistung für eine vom Arbeitnehmer erbrachte oder zu erbringende Arbeitsleistung darstellen, sondern überwiegend im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit des Betriebs als Ganzes gewährt werden. Die Vorteile sind also unabhängig von der individuellen Arbeitsleistung und dienen der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes, der Förderung des Betriebsklimas, oder sind notwendige Begleiterscheinungen betriebsfunktionaler Zielsetzungen. Kein überwiegend betriebliches Eigeninteresse liegt jedoch vor, wenn eine Betriebsveranstaltung lediglich zum Anlass genommen wird, die Arbeitnehmer zusätzlich zu entlohnen (mVa Geserich in Brandis/Heuermann [Hrsg], Ertragsteuerrecht [172. Lfg 2024] § 19 dEStG Rz 248d).

Mit Bezug auf den Sachverhalt führt das BFG aus, dass ein jährlicher Betriebsausflug und eine Weihnachtsfeier jedenfalls der Kontaktförderung unter den Arbeitnehmern und der Verbesserung des Betriebsklimas dient. Durch die Betriebsveranstaltungen konnten alle Mitarbeiter gleichzeitig zum persönlichen Austausch zusammengebracht und somit das kollegiale Verhältnis gestärkt werden. Die Betriebsveranstaltungen dienen zwar auch dazu, sich bei Mitarbeitern zu bedanken, doch überwiegt das Interesse des Arbeitgebers deutlich gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers. Zudem wäre eine Erfassung der Vorteile als Einnahmen nicht gerecht, wenn aus Sorge vor der Besteuerung weniger Mitarbeiter an der Betriebsveranstaltung teilnehmen und somit die geldwerten Vorteile bei den verbleibenden Arbeitnehmern umso höher ausfallen würden. Der Beschwerde war somit stattzugeben; die Revision ist mangels hgRsp in Ö zugelassen.

Conclusio

Im Kern des vorliegenden Falls steht die Frage, ob und unter welchen Umständen feierliche Betriebsveranstaltungen auch im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers sein können und somit keine Einnahmen iSd § 15 Abs 1 EStG darstellen (siehe zum überwiegend eigenbetrieblichen Interesse im Allgemeinen VwGH 21. 5. 2014, 2010/13/0196). An der grundsätzlichen Eignung von Betriebsveranstaltungen, im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers aufgrund der Förderung des Betriebsklimas und der Betriebskultur zu liegen, kann kaum gezweifelt werden. Es bleibt jedoch abzuwarten, welche Abgrenzung der VwGH zu geldwerten Vorteilen sieht, die nicht mehr im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt werden. So könnten auch nur Teile einer an sich begünstigten Betriebsveranstaltung vorwiegend als zusätzliches Entgelt gedacht sein. Ob etwa, wie in diesem Fall, Betriebsveranstaltungen in europäischen Kulturstädten von einem in Ö tätigen Unternehmen noch überwiegend dem Arbeitgeber dienen, ist zwar konkret eine Frage der Beweiswürdigung, doch wären Leitsätze des VwGH, nach denen sich das BFG in Zukunft richten kann, im Sinne der Einheitlichkeit der Rsp wünschenswert.

Im Erk des BFG bleibt zudem unklar, ob es den Teil der BFH-Rsp zu übernehmen gedenkt, der eine pauschalisierte Freigrenze von 110 € pro Betriebsveranstaltung und Arbeitnehmer postuliert. Werden geldwerte Vorteile darüber hinaus gewährt, kann laut BFH nicht mehr von Zuwendungen aus überwiegend eigenbetrieblichem Interesse ausgegangen werden. Schädlich sind allerdings nur solche Leistungen, die auf Betriebsveranstaltungen durch den Arbeitnehmer konsumiert werden können, wie etwa Speis und Trank sowie Unterhaltungsprogramme (vgl BFH 16. 5. 2013, VI R 7/11; 12. 12. 2012, VI R 79/10).

Das FA hat gegen das Erk bereits Amtsrevision eingebracht und geht ua davon aus, dass nur dann kein geldwerter Vorteil vorliege, wenn die Vorteilsgewährung im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers liegt (im Detail siehe Cermak-Kapl, Steuerfreiheit von Restaurantgutscheinen und überwiegendes Eigeninteresse des Arbeitgebers an der Durchführung von Betriebsveranstaltungen, BFGjournal 2025, 6 [10 f]). Angesichts der hohen Praxisrelevanz der steuerlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen ist es jedenfalls erfreulich, dass sich der VwGH nun mit der Problematik auseinanderzusetzen hat.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36525 vom 20.03.2025