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BFG: Unternehmerische Tätigkeit eines Subunternehmers

Bearbeiter: Maximilian Pfluger

UStG 1994: § 2

MwStSyst-RL: Art 9, 10

Abstract

Der Beschwerdeführer betrieb ein Zustellunternehmen, in dem er „Subunternehmer“ mit eigener UID-Nummer und Gewerbeberechtigung Arbeiten „weitervermittelt“ hatte. Das BFG stellte fest, dass diese „Subunternehmer“ insb aufgrund der fixen Arbeitszeiten, der Weisungsgebundenheit und des fehlenden Unternehmerrisikos in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit tätig waren. Die „Subunternehmer“ wurden pauschal entlohnt, duften nur andere „Subunternehmer“ als Vertretungen wählen und mussten Fahrten zu klar definierten Zeiten und Bedingungen ausführen. Das BFG entschied, dass keine unternehmerische Tätigkeit iSd § 2 UStG der „Subunternehmer“ vorlag.

BFG 27. 2. 2025, RV/7101757/2018

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf) betreibt ein Einzelunternehmen für Transportdienstleistungen, insb für die Zustellung von Zeitungen und Medikamenten. Er selbst ist als Unternehmer für mehrere Auftraggeber tätig. Zum Zeitpunkt der Außenprüfung verfügte der Bf über einen Fuhrpark mit neun Fahrzeugen und beschäftigte insgesamt zehn Personen, davon acht als Fahrer. Sein Sohn übernahm ua koordinierende Tätigkeiten, die die Weitergabe von Vorgaben von Auftraggebern an Dienstnehmer oder an vermeintliche „Subunternehmer“ beinhaltet.

Diese „Subunternehmer“ verfügten über eine UID-Nr und eine Gewerbeberechtigung, traten aber organisatorisch nicht als selbstständige Unternehmen auf. Die Rechnungen der „Subunternehmer“ wurden handschriftlich mit identischen Formularen ausgestellt und wiesen Umsatzsteuer aus, die jedoch nicht an das Finanzamt (FA) abgeführt wurde. Die „Subunternehmer“ besaßen zwar eigene Fahrzeuge, aber im Notfall konnten auch die Fahrzeuge des Bf ausgeliehen werden.

Bei den Zeitungszustellungen handelte es sich um klar definierte Tätigkeiten, die genau vorgegeben waren und immer zur gleichen Zeit durchgeführt werden mussten. Die Apothekenzustellungen erfolgten nach Bedarf gegen eine monatliche Pauschalvergütung. Der Bf verpflichtete sich gegenüber seinen Auftraggebern zur Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards (Schulungsnachweise, Temperaturaufzeichnungen, Bereitstellung von Reservefahrern).

Entscheidung des BFG

Gem § 2 Abs 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Der Unternehmerbegriff ist dabei weit gefasst und umfasst jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen. Es kommt nicht darauf an, ob eine Gewinnerzielungsabsicht besteht.

In § 2 Abs 2 UStG wird der Begriff der selbstständigen Tätigkeit negativ abgegrenzt: Die Tätigkeit einer natürlichen Person ist nicht selbstständig, wenn sie in einen Betrieb eingegliedert ist und deshalb den Weisungen des Unternehmers unterliegt. Der Begriff der Selbstständigkeit im UStG wird üblicherweise iSd einkommensteuerlichen Dienstverhältnisses verstanden. § 47 Abs 2 EStG definiert ein Dienstverhältnis als ein Arbeitsverhältnis, bei dem der Arbeitnehmer in persönlicher Abhängigkeit tätig wird, in den geschäftlichen Organismus eingegliedert ist und dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.

Für die Beurteilung, ob eine selbstständige oder unselbstständige Tätigkeit vorliegt, ist insb auf das Innenverhältnis zu achten. Das Auftreten nach außen, insb das Auftreten unter eigenem Namen oder faktische Freiheit der Leistungserbringung, ist nur von nachrangiger Bedeutung.

Zentrale Kriterien für das Vorliegen einer unselbstständigen Beschäftigung sind das Vorliegen von Weisungsgebundenheit und das Fehlen eines Unternehmerrisikos. Unter Weisungsgebundenheit ist die Verpflichtung zu verstehen, sein Verhalten an die Anordnungen eines anderen anzupassen sowie zu vorgegebenen Zeiten seine Arbeit persönlich zu verrichten. Hinsichtlich des Unternehmerrisikos ist entscheidend, ob der wirtschaftliche Erfolg der Tätigkeit maßgeblich von der eigenen Initiative abhängt oder ob die Entlohnung unabhängig davon erfolgt.

Bei der Beurteilung dieser Kriterien ist auf eine Gesamtbetrachtung der tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Nach stRsp des VwGH ist bei gemischten Sachverhalten von einer unselbstständigen Tätigkeit auszugehen, wenn nicht die Voraussetzungen für eine selbstständige Tätigkeit eindeutig überwiegen (mVa VwGH 22. 4. 1992, 88/14/0082).

Das BFG entschied, dass aufgrund der tatsächlichen Umstände eine unselbstständige Tätigkeit vorlag, da die Tätigkeit der „Subunternehmer“ durch einen engen zeitlichen Rahmen geprägt war und die „Subunternehmer“ auch örtlich durch feste Routen an klare Weisungen gebunden waren. Die „Subunternehmer“ konnten die Arbeiten auch nicht beliebig an Dritte weitergeben, sondern sich nur durch andere „Subunternehmer“ vertreten lassen. Da die Abrechnung mittels monatlicher Pauschalbeträge ohne Bezug zur Anzahl der Fahrten erfolgte, trugen diese auch nicht das unternehmerische Risiko. Somit waren die „Subunternehmer“ nicht iSd § 2 UStG unternehmerisch tätig.

Das BFG hat die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

Conclusio

Die MwStSyst-RL verwendet den Begriff „Unternehmer“ nicht. Stattdessen nutzt sie den Begriff des „Steuerpflichtige[n]“ (Art 9 MwStSyst-RL). Als Steuerpflichtiger gilt jede Person, die eine wirtschaftliche Tätigkeit, unabhängig von Ort, Zweck oder Ergebnis, selbstständig ausübt. Unter wirtschaftlicher Tätigkeit sind insb Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden zu verstehen (Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz Kommentar6 [2024] § 2 Rz 8). In Art 10 MwStSyst-RL wird der Begriff der Selbstständigkeit – wie auch in § 2 Abs 2 UStG – negativ abgegrenzt. Selbstständigkeit liegt dann nicht vor, wenn die Tätigkeit im Rahmen eines arbeitsvertraglichen Verhältnisses erfolgt, das durch ein Unterordnungsverhältnis hinsichtlich Arbeitsbedingungen, Entgelt und Verantwortung geprägt ist (Berger in Berger/Toifl/Wakounig [Hrsg], Kommentar zur Mehrwertsteuer [2024] Art 9 MwStSystRL, Rz 1). Nach der Rsp des EuGH übt eine Person eine Tätigkeit selbstständig aus, wenn diese selbst die Mittel zur Ausübung der Tätigkeit beschafft und das mit der Tätigkeit verbundene wirtschaftliche Risiko selbst trägt (EuGH 25. 7. 1991, C-202/90, Ayuntamiento de Sevilla, Rn 14). Der Umstand, dass der Stpfl vom Vertragspartner haftbar gemacht werden kann, führt nicht zwangsläufig zu einer unselbstständigen Tätigkeit (Pfeiffer in Ecker/Epply/Rößler/Schwab [Hrsg], Kommentar zur Mehrwertsteuer [2016] § 2, Rz 146; auch Berger in Berger/Toifl/Wakounig, Mehrwertsteuer Art 9 MwStSystRL, Rz 1).

Auch wenn die „Praxis“ den Begriff der Selbstständigkeit im Gleichklang mit dem einkommensteuerrechtlichen Verständnis auslegt (vgl Ruppe/Achatz, UStG6 § 2 Rz 69), ist das UStG jedoch stets iSd Wortlauts und dem Zweck der MwStSyst-RL auszulegen (Ruppe/Achatz, UStG6, Einführung zum Umsatzsteuergesetz Rz 27).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36747 vom 20.05.2025