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BFG: Verdeckte Ausschüttung durch Verzicht auf eine vorteilsausgleichende Zahlung?

Bearbeiter: Theres Neumüller

EStG 1988: § 27 Abs 1 Z 1 lit a

EStG 1988: § 93 Abs 2 Z 1 lit a

EStG 1988: § 95 Abs 4

KStG 1988: § 8 Abs 2

Abstract

Das BFG hatte zu entscheiden, ob durch die Zusage einer vorteilsausgleichenden Zahlung seitens des Gesellschafters, die von der Gesellschaft nicht eingefordert wurde, eine Vermögenszuwendung gegenüber dem Gesellschafter causa societatis erfolgte und damit eine KESt-pflichtige verdeckte Ausschüttung iSd § 8 Abs 2 KStG ausgelöst wurde. Eine vorteilsausgleichende Zahlung seitens des Gesellschafters würde eine verdeckte Ausschüttung grundsätzlich verhindern. Da die Gesellschaft die Forderung nie eingetrieben hatte, war eine verdeckte Ausschüttung zu bejahen.

BFG 13. 3. 2023, RV/7102647/2020

Sachverhalt

Der Bf war 90%-iger Gesellschafter und Geschäftsführer der X1-GmbH, die einen Generalunternehmer mit der Errichtung einer Park-and-Ride-Anlage auf einem der X1-GmbH gehörenden Grundstück beauftragte. Die X1-GmbH brachte diese Liegenschaft anschließend zum Buchwert in ihre 100%-ige Tochtergesellschaft X2-GmbH ein und verkaufte die X2-GmbH an die M-GmbH, deren Geschäftsführer ebenso der Bf war. Der Verkaufspreis der X2-GmbH war ident mit dem Buchwert der zuvor eingebrachten Liegenschaft. Der Verkehrswert der Liegenschaft betrug jedoch laut einem vom Bf veranlassten Gutachten mehr als das Doppelte des Buchwerts und wurde mit einer zukünftig erwarteten Förderzusage begründet. Der Bf verpflichtete sich folglich per Vereinbarung vom 12. 6. 2009 gegenüber der X1-GmbH, die Differenz zwischen dem Buchwert und dem geschätzten Verkehrswert der Liegenschaft bis zum 31. 12. 2010 zu bezahlen. Da der Bf weder den vereinbarten Betrag noch die Zinsen bezahlte und die X1-GmbH per 31. 12. 2010 auch keine Schritte gesetzt hatte, um die Zahlung einzutreiben, nahm das FA einen Forderungsverzicht der GmbH gegenüber ihrem Gesellschafter an. Laut FA wurde der Bf durch den Verzicht insofern am Vermögen bereichert, als die Zahlung ansonsten im Jahr 2013 erfolgten Konkursverfahren der X1-GmbH zur Gänze an deren Gläubiger verteilt worden wäre. Es läge daher eine KESt-pflichtige verdeckte Ausschüttung der X1-GmbH an den Bf vor.

Entscheidung des BFG

Hauptstreitpunkt im vorliegenden Fall war neben der nach Ansicht des Bf bereits eingetretenen Verjährung der Abgabe das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung der X1-GmbH an den Bf als deren Gesellschafter. Diese zählt zu den Einkünften aus Kapitalvermögen iSd § 27 Abs 1 Z 1 lit a EStG und unterliegt gem § 93 Abs 2 Z 1 lit a EStG der Kapitalertragsteuer (VwGH 28. 5. 2015, Ro 2014/15/0046). Liegt eine verdeckte Ausschüttung vor, kann der Steuerschuldner (Empfänger der Kapitalerträge) nach § 95 Abs 4 EStG direkt für die Kapitalertragsteuer in Anspruch genommen werden (VwGH 28. 5. 2015, Ro 2014/15/0046).

Eine verdeckte Ausschüttung setzt die Zuwendung eines vermögenswerten Vorteils einer Körperschaft an ihren Gesellschafter (oder eine ihm nahestehende Person) voraus, wobei die Vorteilszuwendung im Gesellschaftsverhältnis begründet sein muss („causa societatis“) (vgl Kirchmayr in Brandl/Karollus/Kirchmayr/Leitner [Hrsg], Handbuch Verdeckte Gewinnausschüttung3 205 f). Verzichtet eine Kapitalgesellschaft aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zu Gunsten eines Gesellschafters auf eine ihm gegenüber bestehende Forderung, liegt im Zeitpunkt des (allenfalls schlüssigen) Verzichts eine verdeckte Ausschüttung vor (VwGH 20. 1. 2010, 2007/13/0009 unter Hinweis auf VwGH 26. 4. 2006, 2004/14/0066 und VwGH 24. 9. 2008, 2008/15/0110). Eine solche kann jedoch durch einen steuerlich anzuerkennenden Vorteilsausgleich verhindert werden. Von einem Vorteilsausgleich wird ausgegangen, wenn dem Vorteil auf Seiten der Körperschaft ein Vorteil gegenübersteht, den der Anteilseigner seinerseits der Körperschaft gewährt. Voraussetzung ist eine eindeutige Vereinbarung über den Ausgleich der gegenseitigen Vorteilszuwendungen, wobei der Vorteilsausgleich auch konkludent vorliegen kann (VwGH 22. 11. 2018, Ra 2018/15/0037).

Entscheidend war im vorliegenden Fall insb, ob ein Vorteilsausgleich wirksam vereinbart wurde. Das vom Bf selbst veranlasste Schätzgutachten hatte den (höheren) Wert der Liegenschaft erhellt. Daraufhin hat der Bf mit der X1-GmbH eine Differenzzahlung bis 31. 12. 2010 als Vorteilsausgleich vereinbart. Der Bf hielt dem jedoch entgegen, dass der Vorteilsausgleich nur unter der Bedingung einer Förderzusage zugesprochen worden war, die aber niemals eintrat. Diesem Vorbringen folgte das Gericht nicht, da diese Bedingung der Vereinbarung nicht zu entnehmen war. Im Geschäftsleben sei es nicht üblich, in schriftlichen Vereinbarungen über Zahlungen in beträchtlicher Höhe, die unter einer aufschiebenden Bedingung zu leisten sind, diese Bedingung nicht zu nennen. Das BFG ging daher davon aus, dass die Vereinbarung ohne diese Bedingung getroffen worden war. Auch das Argument des Bf, dass der Vereinbarung die Ernsthaftigkeit gefehlt habe, weil die Gesellschaft die zugesagte Zahlung nicht als Forderung in ihre Bücher aufnahm, konnte seiner Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Bestreite der Bf nun im Nachhinein den Schätzwert des Gutachtens vom 10. 6. 2009 als zu hoch, sei das im Hinblick auf seine Vereinbarung mit der X1-GmbH zum Vorteilsausgleich nicht glaubwürdig.

Im Ergebnis stellt das Unterbleiben der Einforderung der zugesagten vorteilsausgleichenden Zahlung durch die X1-GmbH nach Ansicht des Gerichts einen Verzicht auf diese Zahlung durch die Gesellschaft dar. Diese bewirkt eine Vermögenszuwendung an den zahlungsverpflichteten Gesellschafter und erfolgte auf Ebene der Gesellschaft zudem willentlich, denn „dem Verzicht der Gesellschaft auf die Einforderung einer zugesagten vorteilsausgleichenden Zahlung des Gesellschafters ist die Zuwendungsabsicht immanent“. Bewirkt wurde die verdeckte Ausschüttung am letzten Tag der Zahlungsfrist (hier am 31. 12. 2010), da die X1-GmbH die Zahlung bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingefordert hatte und auch später keine Zahlung erfolgte. Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen. Eine ordentliche Revision wurde mit Verweis auf die einschlägige VwGH-Rsp nicht zugelassen. Es wurde jedoch eine außerordentliche Revision eingebracht.

Conclusio

Die vorliegende Entscheidung steht im Einklang mit der gefestigten Rsp des VwGH zu den Kriterien für die verdeckte Gewinnausschüttung (s dazu ua Brandl/Karollus/Kirchmayr/Leitner [Hrsg], Handbuch Verdeckte Gewinnausschüttung3 205 ff). Hauptgegenstand der Beurteilung des BFG war insb die Vorfrage, ob – und für die Folgefrage der Verjährung auch zu welchem Zeitpunkt – eine Forderung seitens der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter entstanden ist. MaW hatte das Gericht zu beurteilen, ob der Bf der X1-GmbH einen Vorteilsausgleich wirksam zugesagt hatte, auf den die X1-GmbH durch Nichteinforderung verzichtete. Ein Vorteilsausgleich würde – sofern er auch tatsächlich erfolgt – eine verdeckte Ausschüttung vermeiden. Das Gericht kam insgesamt zu dem Ergebnis, dass ein Vorteilsausgleich wirksam zugesagt worden war: Wenig überraschend konnten das Vorbringen des Bf, dass weder die zugesagte Verbindlichkeit zur Ausgleichszahlung an die Gesellschaft nicht verbucht worden noch die (konkludent vereinbarte) aufschiebende Bedingung eingetreten war, nicht überzeugen. So war die Möglichkeit zur ausgleichenden Zahlung seitens des Bf schließlich nur aus dem Umstand heraus entstanden, dass der Bf einen nahen Verwandten mit einem Gutachten beauftragt hatte, das einen überhöhten Verkehrswert der Liegenschaft auswies. Abzuwarten bleibt daher, wie der Bf die außerordentliche Revision begründet hat. Insgesamt bleibt für die Beurteilung einer verdeckten Ausschüttung jedoch irrelevant, ob eine vorteilsausgleichende Zahlung wirksam zugesagt wurde, die tatsächlich nicht geleistet worden ist, oder ob dem Vorteil, der dem Bf als Gesellschafter der X1-GmbH gewährt wurde, von vornherein kein Vorteilsausgleich gegenüberstand.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34298 vom 20.07.2023