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EStG 1988: § 4 Abs 4, § 6 Z 2 lit c, § 124b Z 192
Abstract
In seinem Erkenntnis hat das BFG seine frühere Sichtweise bestätigt und ein gem § 289 Abs 1 lit a BAO aufgehobenes Erkenntnis um die Anwendung damals unbeachteter Rechtsnormen ergänzt. Im Ergebnis gehören die zur Besicherung eines betrieblichen „Frankenkredits“ angeschafften Wertpapiere jedenfalls zum Betriebsvermögen, wenn der Kreditnehmer keine Verfügungsmacht über diese mehr hat und die Wertpapiere keinem anderen Zweck als der Besicherung dienen. Bei Verlusten aus der Veräußerung ist allerdings die Verlustausgleichsbeschränkung des § 6 Z 2 lit c EStG zu beachten, selbst wenn die maßgeblichen Schritte zur Veräußerung bereits vor dem 1. 4. 2012 gesetzt worden sind.
BFG 27. 3. 2024, RV/4100007/2024
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (Bf), ein Steuerberater, hat im Jahr 1998 einen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken aufgenommen (im Folgenden: Frankenkredit), um einen betrieblichen Kontokorrentkredit abzusichern. Es handelte sich hierbei um einen endfälligen Kredit mit niedriger Verzinsung, im Gegenzug musste sich der Bf zur laufenden Anschaffung und unmittelbaren Verpfändung von Wertpapieren verpflichten. Die Höhe der Anschaffungskosten wurde für den jeweiligen Monat mit der Bank abgesprochen.
Im Jahr 2006 wurde der Frankenkredit erhöht, um einen weiteren betrieblichen Kredit abzudecken. Die davor genannten Bestimmungen des Vertrags galten weiterhin für den Vertrag. Auf Anraten der Bank wurden 2006 sämtliche Wertpapiere veräußert und mit dem Verkaufserlös neue Wertpapiere angeschafft, die demselben Zweck wie die bisherigen dienten. Aus der Veräußerung ergab sich kein Verlust. Die Neuerwerbe bestanden sowohl aus Aktien als auch aus Miteigentumsanteilen an einem Fonds. Ab 2009 wurden keine weiteren Wertpapiere mehr angeschafft; die Anschaffungskosten hatten zu diesem Zeitpunkt den Wert des noch offenen Frankenkredits erreicht und sogar überschritten.
Im Jahr 2012 wurde der Kredit durch den Bf zur Gänze getilgt. Durch den im Vergleich zum Euro gestiegenen Schweizer Franken kam es dabei zu einem Kursverlust von 77.238,78 €. Im selben Zeitraum wurden die Wertpapiere verkauft und zur teilweisen Rückzahlung des Frankenkredits verwendet. Im Vergleich zu den Anschaffungskosten haben die Wertpapiere an Wert verloren, weswegen es zu einem zusätzlichen Kursverlust von 82.128,64 € kam. Durch eine Vergleichszahlung der Bank wurde der Verlust auf 54.295,64 € reduziert. Das Vergleichsanbot der Kreditgeberin wurde am 27. 3. 2012 vom Bf angenommen, wobei die Bank die ausdrückliche Zustimmung erst am 3. 4. 2012 erteilte. Am 5. 4. 2012 wurde in der Folge der Auftrag zur Veräußerung der Wertpapiere erteilt.
In der Einkommensteuererklärung von 2012 setzte der Bf die gesamten Kursverluste als gewinnmindernd an. Der Betriebsprüfer stufte sämtliche Verluste gem § 6 Z 2 lit c EStG als zur Hälfte ausgleichsfähig ein; das FA erkannte den betrieblichen Zusammenhang der Verluste zur Gänze nicht an. Der Bf hingegen erachtete die Verluste sehr wohl als betrieblich an. Die Bestimmung des § 6 Z 2 lit c EStG wertete er als nicht anwendbar, da in wirtschaftlicher Betrachtungsweise alle Schritte zur Veräußerung bereits vor dem 1. 4. 2012 gesetzt worden sind – also bevor die genannte Bestimmung in Kraft getreten ist – und erhob Beschwerde.
Entscheidung des BFG
Das BFG hält fest, dass der Frankenkredit von Anfang an eine betriebliche Verbindlichkeit gewesen ist, weil dieser der Abdeckung eines betrieblichen Kredits gedient hat. Ohne die vertragliche Verpflichtung des Bf, regelmäßig monatlich abgestimmt mit der Kreditgeberin Wertpapiere für das Wertpapierdepot anzuschaffen und zu verpfänden, hätte es keinen endfälligen und niedrig verzinsten Frankenkredit gegeben, weil ohne die Wertpapiere keine Besicherung des Frankenkredits bestanden hätte.
Zwar können Wertpapiere im Allgemeinen auch privat verwendet werden (VwGH 17. 10. 2017, Ro 2015/15/0040), auch die Finanzierung der Anschaffungskosten durch betriebliche Mittel allein führt die Wertpapiere noch nicht der betrieblichen Sphäre zu (VwGH 22. 11. 2017, Ra 2017/13/0063). Ebenso lässt der Umstand, dass ein Vermögen der Besicherung eines betrieblichen Kredits dient, dieses Vermögen nicht jedenfalls zum notwendigen Betriebsvermögen werden (VwGH 16. 9. 1992, 90/13/0299). Der vorliegende Sachverhalt war allerdings wesentlich anders gelagert als jene in den Sachverhalten der eben genannten Entscheidungen.
Die Wertpapiere und deren Verpfändung waren untrennbarer Bestandteil des gesamten Finanzierungskonzepts (vgl Marschner in Jakom EStG17 [2023] § 4 Tz 122). Sie dienten von Anfang an ausschließlich der Besicherung des Frankenkredits und des betrieblichen Kontokorrentkontos – eine Besicherung konkreter anderer Kredite kann hingegen nicht festgestellt werden. Dieser Zustand hat sich auch weder durch die Erweiterung des Kredits noch durch die Veräußerung und Anschaffung neuer Aktien im Jahr 2006 geändert, weil zwischen diesen Handlungen ein enger zeitlicher Zusammenhang bestand. Die Reinvestition betrieblicher Mittel in die Anschaffung neuer Wertpapiere hat ab 1998 und ab 2006 objektiv erkennbar dem Betrieb des Bf gedient und die Wertpapiere wurden auch tatsächlich betrieblich genutzt (vgl VwGH 17. 10. 2017, Ro 2015/15/0040 obiter; vgl VwGH 27. 1. 1998, 93/14/0166 obiter), weil sie der Besicherung der Rückzahlung des Frankenkredits und der Verbindlichkeiten auf dem betrieblichen Kontokorrentkonto dienten. Eine außerbetriebliche Zweckwidmung war hingegen zu keinem Zeitpunkt möglich. Damit sind sowohl der Kursverlust aus dem Frankenkredit als auch aus dem Verkauf der Wertpapiere betrieblich veranlasst. Die Ausgleichsbeschränkung des § 6 Z 2 lit c EStG würde allerdings dafür sorgen, dass nur die Hälfte der Verluste aus dem Kursverlust der Wertpapiere ausgleichsfähig ist.
Der Bf hat in einem Schreiben vorgebracht, dass beim Verkauf der Wertpapiere 2012 alle Rechtshandlungen nach dem 27. 3. 2012 nur das Ergebnis des am 27. 3. 2012 zustande gekommenen Vergleichs seien. Auch wenn der Verkauf erst am 10. 4. 2012 formell erfolgt ist, sei bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Realisationszeitpunkt der 27. 3. 2012. Damit sei die Verlustausgleichsbeschränkung des § 6 Z 2 lit c EStG gem § 124b Z 192 EStG nicht anwendbar, weil die Beschränkung erst für Transaktionen nach dem 1. 4. 2012 in Kraft getreten ist. Dem stellt das BFG entgegen, dass der Rechtslage eindeutig zu entnehmen ist, dass für einen Verkauf von Wertpapieren nach dem 1. 4. 2012 jedenfalls die (damals) neue Rechtslage anzuwenden ist. Revision an den VwGH ist nicht zulässig und – soweit ersichtlich – auch nicht erhoben worden.
Conclusio
Das Erk des BFG ist im Ergebnis nachvollziehbar. Besonders spannend ist der Verfahrensgang der gegenständlichen Entscheidung: Seitens des BFG ist hierzu nämlich bereits im August 2023 ein Erk ergangen (RV/4100601/2019), das mittlerweile in der Findok nicht mehr veröffentlicht ist. In diesem Erk kam das BFG zu ähnlichen Ergebnissen wie im vorliegenden Fall, nur hat es die Anwendbarkeit des § 6 Z 2 lit c EStG übersehen (siehe bereits Hubmann, BFG: Betrieblicher Aufwand bei Verlust aus dem Verkauf von Wertpapieren? LexisNexis Rechtsnews 34705 v 6. 11. 2023) und die Anwendbarkeit des § 124b Z 192 EStG war noch nicht strittig. Einer Entscheidung des VwGH aufgrund der erhobenen Amtsrevision kam das BFG zuvor, indem es mit Beschluss gem § 289 Abs 1 lit a BAO vom 18. 10. 2023 das eigene Erk aufhob, bevor es nach Einholung von Informationen hinsichtlich des Veräußerungsdatums der Wertpapiere neuerdings entschied.
Das Ergebnis kommt wenig überraschend: In einer derartigen Konstellation, in der der Bf nicht außerbetrieblich über die Wertpapiere verfügen konnte, kann man eine Zuordnung zum Privatvermögen nur schwer begründen. Zwar hat der VwGH insb in der E v 16. 9. 1992, 90/13/0299 festgehalten, dass die Besicherung eines betrieblichen Kredits alleine Privatvermögen nicht zu Betriebsvermögen werden lässt; es ist aber im vorliegenden Fall eindeutig, dass die Wertpapiere nicht mit privaten Mitteln angeschafft worden sind, nur der Besicherung von betrieblichen Krediten gedient haben und letztlich auch keine anderweitige Verfügung über die Wertpapiere möglich war.
Hinsichtlich der wirtschaftlichen Betrachtungsweise war die Begründung des Bf hingegen nur schwach: Der Verkauf als eigenständiger Schritt ist für den wahren wirtschaftlichen Gehalt jedenfalls ausschlaggebend, weswegen auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf den 10. 4. 2012 abzustellen ist – damit ist § 6 Z 2 lit c EStG zeitlich anwendbar. Die Voraussetzungen des § 124b Z 192 EStG sind erfüllt, weil es sich bei den Wertpapieren um Aktien und (offenbar) Anteile an Investmentfonds gehandelt hat, die vor dem 1. 1. 2011 entgeltlich erworben worden sind. Damit sind die Kursverluste aus der Veräußerung der Wertpapiere nur zur Hälfte absetzbar; die Kursverluste aus dem Wechselkurs fallen hingegen nicht unter diese Bestimmung (vgl VwGH 18. 12. 2017, Ro 2016/15/0026). Nach geltender Rechtslage wären 55 % der Verluste ausgleichsfähig (seit BGBl I 2015/118).