Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement der ÖStZ erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
Abstract
Das BFG hatte zu entscheiden, ob eine vom Arzt empfohlene „Bettruhe“ Einfluss auf die Wirksamkeit der Zustellung gem § 17 Abs 3 ZustG hat. Nach Ansicht des BFG kommt es für die Wirksamkeit der Zustellung nicht darauf an, ob der Empfänger aufgrund privater oder beruflicher Hindernisse keine Zeit für die Abholung einer hinterlegten Sendung findet.
BFG 26. 2. 2024, RV/7300004/2024
Sachverhalt
Der Beschwerdeführetr (Bf) wurde vom Amt für Betrugsbekämpfung mit Straferkenntnis ua der Begehung einer Abgabenhinterziehung schuldig erkannt. Dieses Erkenntnis wurde dem Bf am 1. 12. 2023 durch Hinterlegung iSd § 17 Abs 1 ZustG zugestellt und lag anschließend zwei Wochen zur Abholung bereit. Insofern begann die einmonatige Beschwerdefrist (§ 150 FinStrG) am 1. 12. 2023 und endete am 1. 1. 2024 (Feiertag). Eine allenfalls beabsichtigte Beschwerde wäre daher bis zum 2. 1. 2024 einzubringen gewesen. Im konkreten Fall wurde die Beschwerde gegen das Straferkenntnis erst am 16. 1. 2024 eingebracht. Zur Rechtzeitigkeit brachte der Bf vor, dass er zum Zeitpunkt der Hinterlegung im Krankenhaus gewesen ist. Erst am 7. 12. 2023 ist er entlassen worden und an die Abgabestelle zurückgekehrt. Nach seiner Entlassung wurde ihm empfohlen „weiterhin im Bett zu bleiben […] und dies für einen Zeitraum von 10 Tagen“. Aufgrund der empfohlenen „Bettruhe“ sei es nicht früher möglich gewesen das Dokument abzuholen. Im vorliegenden Fall war daher strittig, ob die private Schonung an der Abgabenstelle – als ein subjektiver Hinderungsgrund an der Abholung – Einfluss auf die Wirksamkeit der Zustellung hat.
Entscheidung des BFG
Unstrittig war im gegenständlichen Fall, dass die Zustellung am 1. 12. 2023 nicht rechtswirksam erfolgte. Da der Bf an diesem Tag (nachweisbar) im Krankhaus war, gilt die Sendung gem § 17 Abs 4 Satz 4 ZustG wegen Abwesenheit von der Abgabestelle als nicht zugestellt. Jedoch wird die Zustellung an dem der Rückkehr folgenden Tag wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte. Am 7. 12. 2023 kehrte der Bf an die Abgabestelle zurück und das Straferkenntnis gilt – da der 8. 12. 2023 ein Freitag und Feiertag ist – mit 11. 12. 2023 als wirksam zugestellt. Als Zwischenergebnis hält das BFG daher fest, dass die Zustellung mit 11. 12. 2023 rechtswirksam erfolgte und die einmonatige Beschwerdefrist mit 11. 1. 2024 endete.
Im Zentrum des vorliegenden Falles steht jedoch das Vorbringen des Bf, dass es ihm aufgrund der empfohlenen zehntätigen „Bettruhe“ nicht möglich war, die Sendung zu beheben. Mit Verweis auf die Rsp des VwGH führt das BFG aus, dass die vorliegende Situation nicht dem Zustand einer Ortsabwesenheit gleichkommt (VwGH 20. 4. 1998, 98/17/0090). Gerade auf die Unterscheidung zwischen einer Ortsabwesenheit einerseits und einer Verhinderung (trotz Ortsanwesenheit) andererseits, kommt es aber an. Ob und wann eine hinterlegte Sendung behoben wird und ob dabei Hindernisse auftreten, hat demnach keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Zustellung. Wiederum mit Verweis auf den VwGH führt das BFG näher aus, dass es nicht darauf ankommt, ob der Empfänger aufgrund privater oder beruflicher Aktivitäten, keine Zeit für die Abholung der Sendung findet (VwGH 19. 9. 1995, 95/14/0067).
Im konkreten Fall führt die Rückkehr an die Abgabestelle dazu, dass die Zustellung mit dem der Rückkehr folgenden Tag wirksam geworden ist und die Beschwerdefrist mit 11. 12. 2023 begonnen hat. Die Empfehlung des Arztes, sich privat an der Abgabestelle zu schonen, hat darauf keine Auswirkungen. Solche Hindernisse könnten allenfalls Wiedereinsetzungsgründe bilden. Im Ergebnis war die Beschwerde daher als verspätet zurückzuweisen. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Conclusio
Die Entscheidung des BFG steht im Einklang mit der Rsp des VwGH, wonach für eine Zustellung gem § 17 Abs 3 ZustG ausschlaggebend ist, dass der Empfänger – bei rein objektiver Betrachtung – an die Abgabenstelle zurückkehrt und die Abholung der Sendung möglich ist (VwGH 19. 9. 1995, 85/14/0067). Bei der Auslegung des § 17 Abs 3 Satz 4 bleibt die subjektive Sphäre des Empfängers unberücksichtigt. Eine allenfalls empfohlene „Bettruhe“ hat somit keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Zustellung nach § 17 Abs 3 ZustG.
Solche Umstände könnten allenfalls einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen (vgl VwGH 3. 10. 1996, 96/06/0208; 20. 4. 1998, 98/17/0090). Beachtet werden sollte aber, dass Zustellmängel grundsätzlich keinen Wiedereinsetzungsgrund bilden, weil bei mangelhafter Zustellung die versäumte Frist nicht zu laufen beginnt. Ferner ist für eine Wiedereinsetzung aufgrund einer krankheitsbedingten Säumnis ua vorausgesetzt, dass die Krankheit zu einer Dispositionsunfähigkeit geführt hat und der Fristversäumnis auch nicht durch andere Dispositionen (insb Beauftragung eines Vertreters) entgegengewirkt werden konnte (vgl VwGH 22. 7. 2004, 2004/20/0122; 29. 11. 2007, 2007/21/0308). Mangels entsprechender Sachverhaltsdetails ist daher offen, ob eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand iSd § 167 FinStrG erfolgreich wäre.
Abschließend sollte angemerkt werden, dass die Überlegung beim Wortlaut „behoben werden könnte“ auch subjektive Hindernisse des Empfängers zu berücksichtigen, nicht gänzlich abzulehnen ist. In Lehre und Rsp findet sich dieser Ansatz tw wieder (vgl Walter/Mayer, Das österreichische Zustellrecht [1983] § 17 Anm 41; LGZ Graz, 2. 11. 1989, 3 R 269/89; LGZ Wien, 25. 2. 1993, 48 R 756/93; LGZ Wien 5. 5. 1994, 48 R 460/94). Demnach sind auch subjektive Umstände – etwa, wenn der Empfänger schwer krank oder handlungsunfähig an die Abgabestelle zurückkehrt – als relevant anzusehen. Der Sinn der Vorschrift kann demzufolge nicht weiter reichen, als eine fehlerhafte Zustellung durch eine „ordentliche Prozesspartei“ zu sanieren. Daher würde eine Auslegung, die die subjektive Sphäre dieser „ordentlichen Prozesspartei“ als irrelevant betrachtet, zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung führen. Der VwGH scheint dies bislang jedoch nicht aufgegriffen zu haben. Eine Klärung ist mangels Revisionserhebung vorerst nicht zu erwarten.