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BFG: Wirtschaftliche Betrachtungsweise bei Dividendenzahlungen aus Vorzugsaktien

Bearbeiter: Jakob Haider

KStG 1988: § 10 Abs 1 Z 1

Abstract

Das BFG hatte zu entscheiden, ob Gewinnausschüttungen aus stimmrechtslosen Vorzugsaktien mit Dividenden- und Rückkaufsgarantie unter die Beteiligungsertragsbefreiung des § 10 Abs 1 Z 1 KStG fallen oder als Zinsen aus Darlehensgewährung zu qualifizieren sind. Nach Ansicht des BFG stellen die in Rede stehenden Beträge aufgrund des Vorliegens einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung steuerfreie Beträge dar.

BFG vom 9. 3. 2021, RV/4100371/2017

Sachverhalt

Im Jahr 2006 gab die Tochter AG neue, stimmrechtslose, limitierte Vorzugsaktien aus, die allesamt von der Mutter AG gezeichnet und in weiterer Folge zum Teil von der beschwerdeführenden Gesellschaft erworben wurden. Gemäß dem Aktienkaufvertrag erhielten die Aktionäre eine als Höchstdividende ausgestaltete Vorzugsdividende vor den Stammaktien. Den Vorzugsaktionären kam ein Teilnahmerecht an der Hauptversammlung, aber kein Stimmrecht zu. Im Falle der Auflösung oder Abwicklung der Gesellschaft bestand keine Beteiligung der Vorzugsaktionäre am Liquidationsgewinn.

Darüber hinaus schlossen die Parteien unter Beitritt der Tochter AG im Jahr 2006 einen Optionsvertrag ab, demzufolge die Mutter AG das Recht erhielt, die Vorzugsaktien der Bf an der Tochter AG frühestens ab 2009 bzw spätestens bis 2015 zum Nennbetrag zuzüglich allfälliger rückständiger Vorzugsdividenden übertragen zu erhalten (Call-Option). Des Weiteren verpflichtete sich die Mutter AG dazu, die Tochter AG bis zur Übertragung der Vorzugsaktien so zu leiten und auszustatten, dass die Tochter AG stets die vertraglich zugesagten Dividendenzahlungen zeitgerecht und in voller Höhe an die Bf leisten könne. Zudem übernahm die Mutter AG die Verpflichtung, bis spätestens 2009 die Vorzugsaktien an sie zu übertragen und den vereinbarten Kaufpreis an die Bf zu überweisen (Put-Option).

Im Jahr 2007 kaufte die Bf von der Mutter AG weitere stimmrechtslose Vorzugsaktien unter im Wesentlichen inhaltsgleichen Bedingungen wie im Jahr 2006. Die Vorzugsaktien wurden im Grundkapital der Tochter AG bilanziert und Dividendenzahlungen an die Bf erfolgten aus ihrem Bilanzgewinn, wobei alle Gewinnausschüttungen als gewinnneutrale Einkommensverwendung bei der Tochter AG behandelt wurden. 2009 nahm die Mutter AG die Angebote der Bf gemäß den Optionsvereinbarungen zur Übernahme der Vorzugsaktien rechtswirksam an.

Im Zuge einer Abgabenprüfung der Bf verneinte das Finanzamt die Anwendbarkeit der Beteiligungsertragsbefreiung gem § 10 Abs 1 Z 1 KStG auf die empfangenen Dividenden. Unter dem Titel der wirtschaftlichen Betrachtungsweise gem § 21 BAO stellten, dem Finanzamt zufolge, die Vorzugsaktien keine Gewinnbeteiligung, sondern eine Darlehensgewährung samt Zinserträgen dar.

Entscheidung des BFG

§ 10 Abs 1 Z 1 KStG befreit Gewinnanteile jeder Art aufgrund einer Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft von der Körperschaftsteuer. Das BFG hält fest, dass die Befreiungswirkung nur durch eine gesellschaftsrechtliche oder eine gem § 8 Abs 3 Z 1 KStG gleichgestellte Beteiligungsform ausgelöst werden kann; erstere umfasst insb Dividenden und GmbH-Gewinnausschüttungen (Strimitzer/Vock in Renner/Strimitzer/Vock [Hrsg], KStG31 § 10 Rz 110 ff). Die Steuerbefreiung gilt darüber hinaus unabhängig vom jeweiligen Aktientypus oder von der jeweiligen Aktiengattung, somit sowohl für Stamm- als auch Vorzugsaktien. Sie gilt auch, wenn keine Stimmrechte mit der Aktie verbunden sind sowie bei alinearen Gewinnausschüttungen (BFG 1. 9. 2017, RV/7100119/2014). Im gegenständlichen Fall liegen dem BFG zufolge jedenfalls Gewinnanteile aufgrund einer Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft vor, die als von der KöSt befreite Beteiligungserträge iSd § 10 Abs 1 Z 1 KStG zu qualifizieren sind.

Die durch das Finanzamt vorgenommene Umdeutung der Vorgänge in eine Darlehensgewährung samt Zinsen aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise gem § 21 BAO wird vom BFG dagegen abgelehnt. Die involvierten Parteien bedienen sich einer zur Verfügung stehenden Gestaltungsmöglichkeit des Privatrechts, die weder rechtsmissbräuchlich erfolgt, noch den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verletzt. Vielmehr wird eine bestmögliche Absicherung der Investments angestrebt (BFG 1. 9. 2017, RV/7100119/2014). Zwar weist die fehlende Beteiligung der Bf am Liquidationsgewinn klar in Richtung Fremdkapital, die übrigen Kriterien lassen aber in einer Gesamtbetrachtung eine Beurteilung der Vorzugsaktie als Kapitalforderung nicht zu, wobei der Zahlung der – über die vertraglichen Vereinbarungen hinausgehenden – Sonderdividende besonderes Gewicht zukommt und daher eine Beteiligung am Eigenkapital vorliegt. Dies ua auch deswegen, weil die Vorzugsaktien bei der Tochter AG im Grundkapital bilanziert werden und die Dividenden aus dem vorhandenen Bilanzgewinn abfließen. Darüber hinaus liegt bei der Tochter AG eine gewinnneutrale Einkommensverwendung vor und bei der Bf korrespondierende steuerfreie Beteiligungserträge. Selbst bei Ausübung der Garantieerklärung würde sich lediglich der Eigentümer der Vorzugsaktien, nicht jedoch deren Qualifikation ändern. Die Gewinnausschüttungen sind demnach als steuerfrei zu behandeln und der Beschwerde ist stattzugeben.

Conclusio

Dividenden aus stimmrechtslosen Vorzugsaktien sind aufgrund der Eigenschaft als Beteiligung an einer inländischen Körperschaft als steuerfreie Beteiligungserträge iSd § 10 Abs 1 Z 1 KStG zu qualifizieren. Dies gilt unabhängig davon, ob die Vorzugsaktionäre am Liquidationsgewinn beteiligt sind oder vertragliche Höchstdividenden- und Rückkaufsgarantien vereinbart werden. Damit bestätigt das BFG nicht nur die Auffassung der Finanzverwaltung, dass Dividenden unabhängig vom Aktientypus als steuerfrei zu behandeln sind (KStR 2013, Rz 1187), sondern auch seine Entscheidung vom 1. 9. 2017, RV/7100119/2014, in der es eine Beteiligung über Vorzugsaktien mit risikomindernden Nebenvereinbarungen als eine Beteiligung am Eigenkapital erachtete. In einer Gesamtbetrachtung ist stets zu beurteilen, ob die Merkmale der Beteiligung eher in Richtung Eigen- oder Fremdkapital weisen; der Zahlung einer über die vertragliche Vereinbarung hinausgehenden Sonderdividende kommt dabei besonderer Eigenkapitalcharakter zu.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31241 vom 27.07.2021