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Abstract
Bei Veräußerungen von Waldflächen ist nach Rechtsprechung des VwGH der auf den Holzbestand entfallende Erlös im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft iSd § 21 EStG zu versteuern (vgl bereits VwGH 7. 10. 1970, 873/68). Der auf den Grund und Boden zurückgehende Erlös ist hingegen nach dem Tarif der ImmoESt zu besteuern. Im vorliegenden Fall war insbesondere strittig, ob die aufgrund des Klimawandels zu erwartenden zukünftigen Schäden bei der Bewertung des auf den Holzbestand entfallenden Teils des Kaufpreises durch einen prozentuellen „Kalamitätsabschlag“ zu berücksichtigen sind. Das BFG sah die steigenden Klimaschäden im Zusammenhang mit der konkreten Waldfläche als nicht erwiesen an. Das Gericht erklärte die Revision aber für zulässig, da noch keine Entscheidung des VwGH darüber vorliegt, ob – und bejahendenfalls unter welchen Beweiserfordernissen – zukünftige negative Klimaereignisse zu einem Abschlag bei der Bewertung von stehendem Holz führen können.
BFG 14. 8. 2023, RV/4100268/2021
Sachverhalt
Der Bf bewirtschaftete einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auf Liegenschaften, die unter anderem auch Waldflächen inkludierten. Im Streitjahr 2015 veräußerte der Bf besagte Liegenschaften samt Zubehör an eine GmbH zu einem einvernehmlichen Kaufpreis. In Bezug auf die Waldfläche wurde somit nicht nur der nackte Grund und Boden, sondern auch das stehende Holz und das mit dem Grundstück verbundene Jagdrecht veräußert. Da Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken iSd § 30 EStG dem besonderen Steuersatz des § 30a Abs 1 EStG (in der damals geltenden Fassung) unterliegen, wohingegen bei Waldverkäufen der auf den Holzbestand entfallende Teil des Kaufpreises im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft mit dem regulären Tarif zu versteuern ist, musste für die Abgabenfestsetzung eine Bewertung der einzelnen Bestandteile des Verkaufspreises für die Waldfläche erfolgen. Das FA wandte dabei die sog Verhältnismethode an. Demnach sind die Verkehrswerte der einzelnen Wirtschaftsgüter zu bestimmen und die so ermittelten Wertrelationen auf den Verkaufspreis umzulegen. Der Bf erhob gegen den Abgabenbescheid Beschwerde und stützte dies (in Bezug auf die hier behandelten Waldflächen) auf zwei Gründe: Erstens sei nicht die vom FA herangezogene Verhältnismethode für die Bewertung anzuwenden, sondern die sog Differenzmethode. Bei dieser wäre vom Verkaufspreis der ermittelte Holzbestandswert abzuziehen und dadurch indirekt der Wert des Grund und Bodens festzustellen. Zweitens sei in Hinsicht auf die Höhe des Holzbestandswerts noch ein „Kalamitätsabschlag/Risikoabschlag“ von 20 % vorzunehmen, der sich in den zukünftigen, klimabedingten Schäden am Holzbestand begründet. Die vom FA zur Bewertung herangezogenen Ertragstafeln aus dem Jahre 1986 würden das häufigere vorzeitige Absterben der Bestände aufgrund des Klimawandels noch nicht berücksichtigen, weshalb der Abschlag vom errechneten Bestandswert abzuziehen sei.
Entscheidung des BFG
Gem § 21 Abs 2 Z 3 EStG gehören auch Veräußerungsgewinne iSd § 24 EStG zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Nach § 24 Abs 2 EStG errechnen sich Veräußerungsgewinne, die etwa beim Verkauf des gesamten Betriebs erzielt werden, aus der Differenz zwischen Veräußerungserlös nach Abzug der Veräußerungskosten und dem Wert des Betriebsvermögens. Wie erwähnt sind nach VwGH-Judikatur die auf den Holzbestand entfallenden Teile des Verkaufspreises nicht nach § 30a Abs EStG zu versteuern, sondern stellen steuerpflichtige Erträge im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft dar (vgl schon VwGH 7. 10. 1970, 873/68). Dieser regulär zu versteuernde Teil besteht konkret aus dem stehenden Holz und dem Wert für das Jagdrecht (vgl UFS 6. 8. 2003, RV/2079-W/02). Die dafür erforderliche Bewertung hat nach einem objektiven Maßstab zu erfolgen – Absichten der Vertragsparteien werden nicht berücksichtigt. Die zuvor beschriebene Verhältnismethode kommt dabei unabhängig davon zum Einsatz, ob die gesamt errechneten Verkehrswerte geringer oder höher als der Gesamtverkaufspreis sind (vgl VwGH 16. 3. 1989, 88/14/0073). Die vom Bf bevorzugte Differenzmethode ist hingegen nur dann anzuwenden, wenn der Gesamtverkaufspreis der Summe von Bodenwert und Holzbestandswert entspricht (vgl in Bezug auf Gebäude statt Holzbestand VwGH 23. 4. 1998, 96/15/0063). Da im konkreten Fall der Verkaufspreis nicht mit der Summe der Werte von Grund und Boden und Holzbestand zuzüglich Jagdrechten übereinstimmte, hatte das FA richtigerweise die Verhältnismethode herangezogen.
Was den Kalamitätsabschlag betrifft, so stellt das BFG zunächst fest, dass im Beweisverfahren im Allgemeinen der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gilt. Dieser Grundsatz wird jedoch bei abgabenrechtlichen Begünstigungen durchbrochen. Will ein Steuerpflichtiger eine solche Begünstigung in Anspruch nehmen, so muss er die dafür erforderlichen Umstände einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels darlegen, wobei die Gründe im Einzelnen anzuführen sind (vgl VwGH 10. 8. 2005, 2001/13/0191). Das BFG kommt im Zuge der Beweiswürdigung zum Schluss, dass der Bf nicht ohne jeden Zweifel darlegen konnte, dass der Klimawandel in Zukunft höhere Schäden für den betroffenen Holzbestand verursachen werde (etwa durch steigenden Borkenkäferbefall, Windwürfen und Spätfrost). Das BFG erachtete etwa die dazu vorgelegten wissenschaftlichen Fachbeiträge als zu unkonkret und nicht auf das Grundstück übertragbar. Auch aus einer vom Bf beantragten klimatologischen Studie im geografischen Raum des betroffenen Waldstückes könnte laut BFG eine zukünftige Ertragsverringerung aus dem Holzbestand „nicht einmal ansatzweise“ geschlossen werden, weshalb der Beweisantrag von vornherein abzulehnen war. Zusammenfassend ist daher kein Kalamitätsabschlag vom ermittelten Wert des Holzbestandes abzuziehen. Da aber die Frage vom VwGH noch nicht behandelt wurde, ob ein solcher Abschlag einzuberechnen ist und, falls ja, wie der klimabedingte Schaden vor Gericht bewiesen werden kann, wurde die Revision für zulässig erklärt.
Conclusio
Die steuerrechtlichen Besonderheiten in Bezug auf stehendes Holz als eigenständiges, von Grund und Boden zu trennendes, nicht abnutzbares Wirtschaftsgut (vgl zB EStR 2000 Rz 2304) können sachlich damit begründet werden, dass die Produktionsdauer des Holzes einen ungewöhnlich langen Zeitraum von 60 bis 200 Jahren umfasst. Die einzelnen Bäume sind zugleich als Produktionsmittel als auch als Produkt selbst zu sehen, weshalb sich bei der steuerlichen Behandlung etliche Sonderprobleme ergeben können (vgl Wittwer, Gewinnermittlung und Tarifvergünstigungen bei Forstbetrieben, in Leingärtner [Hrsg], Besteuerung der Landwirte [2016] 44 Rz 1). In Bezug auf die Ermittlung der Wertverhältnisse von Grund und Boden einerseits und Holzbestand andererseits sieht die Kommentarliteratur einhellig die Verhältnismethode als anwendbar an (vgl zB Brauner in Büsser/Ehrke-Rabel/Hirschler/Petritz/Sutter, EStG69 [2021] § 21 EStG Rz 149). Obwohl das BFG in diesem Fall VwGH-Entscheidungen zu Wertverhältnissen zwischen Grund und Boden und Gebäuden zitiert (zB VwGH 23. 4. 1998, 96/15/0063), kann die Lösung des BFG auch in Bezug auf Holzbestände überzeugen, da die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Veräußerung zur Aufteilung herangezogen werden. Im Zweifel wäre der Wert des Grund und Bodens jedoch durch Schätzung zu ermitteln gewesen, wobei nach Ansicht des BMF ein Teilwert von 50 % des Grund und Bodens ohne Bedenken angesetzt werden kann (vgl BMF 3. 9. 2012, 010203/0402-VI/6/2012).
Hinsichtlich des versagten Kalamitätsabschlags wegen zukünftig zu erwartender Schäden aufgrund klimatischer Veränderungen ist anzumerken, dass die Beweiserfordernisse Steuerpflichtigen auch in Zukunft Schwierigkeiten bereiten werden. Schließlich sind die exakten lokalen Verwerfungen eines komplexen globalen Phänomens schwer oder nur mit beträchtlichen Beweiskosten zu prognostizieren. Ungeachtet des Ausgangs im konkreten Fall wären daher im Lichte der Rechtssicherheit Aussagen des VwGH darüber hilfreich, welche lokalspezifischen Nachweise für einen Beweis von negativen Folgen des Klimawandels ausreichen würden und ob ein solcher Beweis in der steuerlichen Bewertung Niederschlag finden muss.