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BFG zu den Auswirkungen der unrichtigen Angabe des Erstattungszeitraums in einem Vorsteuererstattungsantrag

Bearbeiter: Katharina Dane

UStG 1994: § 21 Abs 9

ErstattungsVO (BGBl 1995/279): § 2

BAO: § 115

Abstract

Das BFG hatte zu entscheiden, ob bei einem elektronisch eingereichten Antrag auf Erstattung der Vorsteuer eine nachträglich vorgenommene Einschränkung des Erstattungszeitraums zulässig ist. Da es sich bei diesem Antrag um ein Anbringen iSd § 85 Abs 1 BAO handelt, ist dessen Einschränkung bis zur Rechtskraft einer ablehnenden Entscheidung möglich. Eine Einschränkung des Rückerstattungszeitraums von 9–12/2021 auf 10–12/2021 vor Eintritt der Rechtskraft des Erstattungsbescheides ist somit auch durch eine Bescheidbeschwerde zulässig.

BFG 25. 10. 2024, RV/2100180/2024

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf), eine in Tschechien ansässige Transport- und Logistikgesellschaft, beantragte im Jahr 2021 für mehrere Zeiträume eine Erstattung der Vorsteuern. Am 21. 12. 2021 wurde ein Antrag auf Vorsteuererstattung iHv € 263.245,60 für den Zeitraum 7–9/2021 gestellt. Dieser wurde in voller Höhe bewilligt. Am 30. 7. 2022 (eingelangt beim FA am 3. 8. 2022) wurde ein Antrag auf Vorsteuerrückerstattung iHv € 342.794,85 für den Zeitraum 9–12/2021 gestellt. Der Rückerstattungsantrag für den Zeitraum 9–12/2021 wurde vom FA mit Bescheid zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Erstattungszeitraum ungültig sei, weil er sich mit dem Erstattungszeitraum mit dem Antrag für 7–9/2021 überschneide.

Gegen diesen Zurückweisungsbescheid erhob die Bf Beschwerde und beantragte dessen Aufhebung sowie dessen Ersatz durch einen neuen Bescheid, mit welchem dem Erstattungsantrag für den Zeitraum 10–12/2024 stattgegeben werde. Begründend wurde ausgeführt, dass zwar in der Kopfzeile des Erstattungsantrags der Zeitraum 9–12/2024 angegeben wurde, es sich hierbei aber lediglich um einen Tippfehler handle. Stattdessen hätte der Erstattungszeitraum 10–12/2021 angegeben werden sollen. Außerdem habe der Antrag nur Unterlagen mit Leistungserbringung für den Zeitraum 10–12/2021 enthalten. Infolge einer abweisenden BVE hatte das BFG zu entscheiden.

Entscheidung des BFG

Der gegenständliche Rückerstattungsantrag wurde innerhalb der von § 2 ErstattungsVO vorausgesetzten dreimonatigen Frist eingebracht und enthielt die in § 3 ErstattungsVO festgelegten Angaben. Es handelt sich demnach um ein Anbringen iSd § 85 Abs 1 BAO. Eine Einschränkung des Rückerstattungsantrags ist bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung durch den Antragsteller zulässig (siehe VwGH 10. 11. 1993, 92/13/0176 mwN).

Das BFG stimmte dem FA dahingehend zu, dass für einen gewählten Erstattungszeitraum jeweils nur ein Antrag gestellt werden kann. Aus dem Vorbringen der Bf in der Beschwerde und dem darin gestellten Antrag ergab sich jedoch eindeutig, dass der ursprüngliche Erstattungsantrag zulässigerweise von 9–12/2021 auf 10–12/2021 eingeschränkt wurde.

In weiterer Folge ging das BFG auf den im Vorlageantrag gestellten Antrag auf Erlassung eines neuen Bescheides ein. Nach Ansicht des BFG kann ein Zurückweisungsbescheid keine inhaltliche Prüfung oder Entscheidung über den Streitgegenstand umfassen, da sich das Recht des VwG in der „Sache“ zu entscheiden, nur auf den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens erstreckt. Das Eingehen auf die Sachfrage im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens betreffend einen Zurückweisungsbescheid würde die funktionelle Zuständigkeit sowie das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzen. Daher entschied das BFG nicht in der Sache selbst, sondern hob den Zurückweisungsbescheid auf und verwies an die belangte Behörde zur meritorischen Entscheidung zurück. Die Revision erklärte das BFG für zulässig, weil zur Frage, ob im Erstattungsverfahren bei elektronisch eingereichten Erstattungsanträgen für den Erstattungszeitraum nachträglich vorgenommene Einschränkungen die Rechtswidrigkeit des Antrags abwenden können, noch keine hg Rsp vorliegt.

Conclusio

Der Anspruch auf Vorsteuerabzug ist ein wesentlicher Bestandteil des Neutralitätsgrundsatzes. Um die Neutralität der MwSt zu garantieren, muss die Erstattung der Vorsteuer gewährt werden, sofern die materiellen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Dies trifft selbst dann zu, wenn bestimmten formellen Anforderungen nicht entsprochen wird. Anderes gilt nur, sofern der Verstoß gegen formelle Anforderungen den sicheren Nachweis, dass die materiellen Voraussetzungen erfüllt seien, verhindert (vgl EuGH 18. 11. 2020, C-371/19, CHEP Equipment Pooling NV; vgl auch mwN Ruppe/Achatz, UStG6 [2024] § 21 Rz 60/2).

Die Ablehnung eines Erstattungsantrags wegen undeutlichen oder zweifelhaften Inhalts des Anbringens – ohne Aufklärungsversuch – ist unionsrechtswidrig (EuGH 18. 11. 2020, C-371/19, Kommission/Deutschland; vgl auch Menheere in Berger/Menheere/Tschiderer/Wakounig, UStG: Praxiskommentar2 [2023] § 21 Rz 30). Sobald die Steuerverwaltung über jene Angaben verfügt, die für die Feststellung des Rechts auf Vorsteuerabzug notwendig sind, dürfen keine weiteren Voraussetzungen aufgestellt werden, die die Ausübung dieses Rechts vereiteln können (vgl EuGH 15. 9. 2016, C-516/14, Barlis 06 – Investimentos Imobiliários e Turísticos).

In diese Rsp-Linie des EuGH fügt sich auch die vorliegende Entscheidung des BFG ein: Das BFG kommt zu dem Ergebnis, dass ein bloßer „Tippfehler“ im Vorsteuererstattungsantrag betreffend den Erstattungszeitraum nicht dessen Unzulässigkeit zur Folge hat, sondern noch berichtigt werden kann – bis zur Rechtskraft eines über den Antrag absprechenden Bescheids oder auch in Form einer Bescheidbeschwerde.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36505 vom 14.03.2025