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BFG: zu den Nachweiserfordernissen eines anderen Anteils von Grund und Boden nach § 3 GrundanteilV

Bearbeiter: Elena Brandner

EStG 1988: § 16 Abs 1 Z 8 lit d

GrundanteilV 2016: § 2 Abs 2 TS 1, § 3

GrWV: § 2

Abstract

Das BFG hatte zu entscheiden, auf welche Art und Weise der Anteil von Grund und Boden am Kaufpreis von Wohnungseigentum berechnet und nachgewiesen werden kann, um infolgedessen die Bemessungsgrundlage (Bmgl) für die Absetzung für Abnutzung zu ermitteln. Gem § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG wird ein pauschaler Wert iHv 40 % als Grundanteil angenommen, sofern nichts Gegenteiliges nachgewiesen wird, die tatsächlichen Verhältnisse nicht offenkundig erheblich davon abweichen und keine Sonderbestimmung der GrundanteilV erfüllt ist. Das BFG hat entschieden, dass ein Informationsschreiben bezüglich der Berechnung des Anteils von Grund und Boden anhand der Pauschalwertmethode iSd § 2 GrWV jedenfalls keinen ausreichenden Nachweis eines abweichenden Grundanteils darstellt, da darin lediglich pauschale Werte herangezogen und die tatsächlichen Verhältnisse nicht abgebildet werden.

BFG 7. 5. 2024, RV/7100174/2019

Sachverhalt

Der Bf erwarb 2015 Eigentum an einer Wohnung in Wien, als Teil einer Wohnhausanlage mit über 10 Einheiten, für einen Kaufpreis iHv 187.606,15 €. Daraufhin machte er im Folgejahr Werbungskosten gem § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG als Absetzung für Abnutzung für die Substanzverringerung seiner Eigentumswohnung geltend. Als Bmgl zog er dabei den Kaufpreis abzüglich eines Anteils iHv 7,48 % für Grund und Boden heran. Dieser Prozentsatz wurde durch ein vom Bf als „Gutachten“ betiteltes Schreiben ermittelt, wobei hier zur Berechnung die Pauschalwertmethode iSd § 2 GrWV eingesetzt wurde. Im Einkommensteuerbescheid von 2016 setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für den Bf neu fest und stellte klar, dass gem § 2 Abs 2 TS 1 GrundanteilV vom Kaufpreis ein Anteil iHv 30 % für Grund und Boden auszuscheiden ist und die Werbungskosten dementsprechend niedriger ausfallen. Daraufhin erhob der Bf gegen die Nichtanerkennung des Grundwertanteils iHv 7,48 % Beschwerde.

Entscheidung des BFG

Gem § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG kann für Gebäude, durch welche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden, eine Absetzung für Abnutzung iHv 1,5 % der Bmgl als Werbungskosten geltend gemacht werden. Dies gilt auch für Eigentumswohnungen (VwGH 13. 12. 1989, 88/13/0056). Die Bmgl kann, sofern kein anderslautender Nachweis erbracht wird, gem § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG pauschal berechnet werden, indem 40 % als Anteil für Grund und Boden vom Kaufpreis ausgeschieden werden (zB VwGH 28. 5. 2025, 2012/15/0104). Ferner ist ein anderer Grundanteil anzunehmen, wenn die tatsächlichen Verhältnisse offenkundig erheblich – gem § 3 Abs 2 GrundanteilV um zumindest 50 % – vom Pauschalwert abweichen oder eine in der GrundanteilV (BGBl II 2016/99) normierte Ausnahme einschlägig ist. Im vorliegenden Fall war die Ausnahme gem § 2 Abs 2 TS 1 GrundanteilV anzuwenden, welche bei Gebäuden mit mehr als 10 Wohn- und Geschäftseinheiten einen pauschalen Grundanteil von 30 % vorsieht, sofern das Grundstück in einer Gemeinde mit mindestens 100 000 Einwohnern gelegen ist oder der dort vorliegende durchschnittliche Quadratmeterpreis für baureifes Land mindestens € 400 beträgt. Laut dem BFG sind beide Kriterien erfüllt, handelt es sich zum einen bei Wien zweifelsohne um eine Gemeinde mit über 100 000 Einwohnern und liegt zum anderen gem der Immobiliendurchschnittspreise der Bundesanstalt Statistik Österreich der Durchschnitts-Quadratmeterpreis in Wien bei 641,90 €. Obwohl das BFG die beiden Voraussetzungen kumulativ zu prüfen scheint, handelt es sich bei § 2 Abs 2 TS 1 GrundanteilV um zwei alternative Kriterien (Doralt, EStG24 § 16 Rz 160/1; Prodinger, SWK 2016, 737 [737]). Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Grundanteil pauschaliert mit 30 % angenommen werden kann, war laut BFG daher nachvollziehbar.

Von diesem pauschalen Prozentsatz kann gem § 3 Abs 1 GrundanteilV 2016 abgewichen werden, indem ein anderslautender Anteil, bspw durch ein Sachverständigengutachten, nachgewiesen wird. Das vom Bf vorgelegte „Gutachten“ stellte allerdings bloß eine Berechnung nach der Pauschalwertmethode des § 2 GrWV (BGBl II 2015/442) dar, welche genauso wie § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG lediglich auf pauschal ermittelte Werte und nicht auf die tatsächlichen Verhältnisse abstellt (Arnold/Bodis, GrEStG § 4 Rz 53). Demnach kann nicht von einem ausreichendem Nachweis iSd § 3 Abs 1 GrundanteilV 2016 ausgegangen werden (vgl. BFG 30. 11. 2018, RV/2101083/2018). Des Weiteren erging § 2 GrWV auf Grundlage des § 4 Abs 1 GrEStG und dient demnach der Ermittlung der Bmgl der GrESt und nicht etwa der Anteilsberechnung gem § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG. Überdies muss gem § 3 Abs 1 GrundanteilV der Nachweis beispielsweise in Form eines Sachverständigengutachtens erbracht werden, wobei auch andere Arten von Gutachten, etwa durch eine Bank oder einen Immobilientreuhänder, zulässig sind (Prodinger, SWK 2016, 737 [739]). Das Schreiben des Bf wies jedoch selbst darauf hin, dass es sich lediglich um ein Informationsschreiben handle und für die Richtigkeit nicht eingestanden wird, weshalb von keinem Gutachten ausgegangen werden kann. Der Nachweis konnte also nicht wirksam erbracht werden.

Weiters kann der pauschale Grundwert bei einer offenkundigen erheblichen Abweichung iHv zumindest 50 % vom Pauschalwert unangewendet bleiben. Zwar handelt es sich bei einem Wert von 7,48 % um eine erhebliche Abweichung von den pauschalen 30 %, jedoch ist das Kriterium der „Offenkundigkeit“ nicht erfüllt. Eine offenkundige Abweichung bedeutet, dass die Diskrepanz ohne Durchführung eines besonderen Ermittlungsverfahrens und ohne Fachkenntnisse erkennbar ist (Ritz/Koran, BAO7 § 167 Tz 1). Dies liegt vor allem in Extremfällen vor, beispielsweise bei vielstöckigen Eigentumswohnhäusern, bei denen auf den Einzelnen ein geringer Grundanteil entfällt (Ebner in Jakom EStG17 § 16 Rz 40), was hier jedoch nicht gegeben ist. Folglich wurde weder ein gültiger anderslautender Nachweis erbracht, noch lag eine offenkundige erhebliche Abweichung vor, weshalb § 2 Abs 2 TS 1 GrundanteilV als lex specialis zu § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG anwendbar ist und der Grundanteil pauschal mit 30 % festzusetzen ist. Da gem Art 133 Abs 4 B-VG eine entsprechende Rsp des VwGH, welche sich mit der Art und Weise wie ein Grundanteil durch die Steuerpflichtigen selbst nachgewiesen werden kann beschäftigt, fehlt, wurde eine Revision als zulässig erachtet.

Conclusio

Die Entscheidung des BFG zur Festsetzung des Grundanteils bei Wohnungseigentum behandelt unter anderem die Anforderungen, welche ein von Steuerpflichtigen selbst erbrachter Nachweis des Grundanteils erfüllen muss. Plausibel erscheint hierbei, dass für den Nachweis der tatsächlichen Verhältnisse iSd § 3 Abs 1 GrundwertV keine Berechnungsmethode wie jene des § 2 GrWV geeignet ist, welche ebenfalls nur mit pauschal ermittelten Werten hantiert. Zwar erlaubt die EStR in Rz 6447, dass der Grundanteil mittels der Pauschalwertmethode gem § 2 GrWV berechnet werden kann, sofern das Verhältnis von Grundwert zu Gebäudewert nach der GrWV, und nicht bloß der Grundwert selbst, ermittelt wird (Mayr, RdW 2016, 419 [419]). Jedoch begründen derartige Erlässe für Steuerpflichtige keine subjektiven Rechte und entfalten keine Bindungswirkung (zB VwGH 1. 9. 2015, Ra 2015/15/0035). Des Weiteren darf laut der EStR jene Berechnungsmethode nur dann verwendet werden, sofern die Glaubhaftmachung aufgrund der Erfahrungen der Praxis als plausibel erscheint (Doralt, EStG24 § 16 Rz 162; Knechtsberger, ÖStZ 2018, 652 [658]), was bei einem Grundanteil unter 20 % auf jeden Fall nicht gegeben sei (EStR 2000 Rz 6447). Da das Schreiben des Bf einen Grundanteil von rund 7 % ermittelte, ist nach Ansicht der FinVw alleine deshalb eine Berechnung nach der Pauschalwertmethode nicht für die Erbringung eines gültigen Nachweises geeignet (EStR 2000 Rz 6447).

Auch für die Glaubhaftmachung offenkundig abweichender Verhältnisse iSd § 16 Abs 1 Z 8 lit d EstG und § 3 Abs 2 GrundanteilV ist laut BFG die Berechnungsmethode des § 2 GrWV nicht einsetzbar (BFG 30. 11. 2018, RV/2101083/2018). Hier kann die Pauschalwertmethode nur herangezogen werden, um nachzuweisen, dass eben keine offenkundig erhebliche Abweichung vorliegt, sondern die Toleranzschwelle von 50 % eingehalten wird (Doralt, EStG24 § 16 Rz 163; Mayr, RdW 2016, 419 [421]). Da der Bf am Nachweis gescheitert ist und seine Eigentumswohnung in Wien gelegen ist, wodurch die zumindest erforderliche Einwohnerzahl erfüllt ist, ist die Festsetzung eines pauschalen Grundanteils iHv 30 % gem § 2 Abs 2 TS 1 GrundanteilV nachvollziehbar.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35758 vom 14.08.2024