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KStG 1988: § 10 Abs 1 Z 7, § 10 Abs 3, § 12 Abs 2
Abstract
Das BFG hatte im vorliegenden Fall zu entscheiden, ob Fremdwährungskursverluste, die zwischen dem Realisationszeitpunkt (Fassung Gewinnverrechnungsbeschluss) und dem Zeitpunkt der Dividendenauszahlung einer ungarischen Tochtergesellschaft an die Beschwerdeführerin (Bf) anfallen, als Betriebsausgabe abzugsfähig sind. Eine ähnliche Frage stellte sich hinsichtlich eines Darlehens von der Bf an eine Tochtergesellschaft, das vor dem Verkauf derselben gewährt wurde. Das BFG entschied, dass Fremdwährungsverluste in beiden Fällen in keinem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den steuerfreien Beteiligungserträgen stehen und somit abzugsfähig sind.
BFG 13. 12. 2024, RV/7100927/2020
Sachverhalt
Im Streitjahr 2016 wurden 90 % der Anteile der ungarischen Gesellschaft B Kft von der in Österreich ansässigen Beschwerdeführerin (Bf) (GM GmbH) gehalten. Am 17. 2. 2016 wurde ein Gesellschafterbeschluss über die Gewinnausschüttung an die Bf iHv 445.139,54 € gefasst. Die Zahlung am 25. 7. 2016 betrug aufgrund eines unvorhersehbaren Wechselkursverfalls des HUF gegenüber dem Euro jedoch nur 430.821,94 €. Aufgrund einer internationalen Schachtelbeteiligung gem § 10 Abs 1 Z 7 KStG 1988 waren die Beteiligungserträge steuerfrei zu behandeln. Den Kursverlust iHv 14.317,60 € machte die Bf allerdings steuerlich als Betriebsausgabe geltend.
Zudem hielt die Bf eine mehr als 50 %ige Beteiligung an der tschechischen T s.r.o. Diese wurde im Jahr 2016 an einen fremden Dritten veräußert. Die Beteiligung war eine nicht optierte internationale Schachtelbeteiligung (§ 10 Abs 2 KStG 1988), deren Veräußerungsgewinn gem § 10 Abs 3 leg cit steuerfrei behandelt wurde. Am 20. 4. 2016 wurde noch ein Ausschüttungsbeschluss zugunsten der Bf gefasst. Da die T s.r.o. nicht über genügend Liquidität verfügte, um die Dividendenausschüttung vorzunehmen, gewährte die Bf ihr für die Zwischenfinanzierung der Ausschüttung ein kurzfristig verzinstes Darlehen iHv 202.509,62 €. Die T s.r.o war somit im Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens eine Tochtergesellschaft der Bf, aber nicht mehr im Zeitpunkt der Rückzahlung des Darlehens. Am 8. 9. 2016 wurde das Darlehen an die Bf zurückgezahlt, doch aufgrund des Wechselkursverfalls zwischen der Gewährung und Rückzahlung des Darlehens betrug die Rückzahlung nur mehr 197.205,52 €. Der Unterschiedsbetrag iHv 5.304,10 € wurde als Betriebsausgabe erfasst.
Das Finanzamt verweigerte aufgrund eines unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs mit den steuerfreien Beteiligungserträgen (§ 12 Abs 2 KStG 1988) die steuerliche Abzugsfähigkeit der Wechselkursverluste. Dagegen legte die Bf Beschwerde ein.
Entscheidung des BFG
Das BFG hatte zu beurteilen, ob ein zwischen dem Realisationszeitpunkt (jener Zeitpunkt zu dem der Gewinnverrechnungsbeschluss – in Euro umgerechnet – gefasst worden ist) und dem Zeitpunkt der tatsächlichen Dividendenausschüttung erfolgter Wechselkursverlust steuerlich abzugsfähig ist. Dabei nahm das BFG Bezug auf die Rsp des BFH (BFH 7. 11. 2001, IR 3/01, BStBl 2002 II, 865), die aufgrund der vergleichbaren Rechtslage auch in Österreich herangezogen werden kann. Diese führt aus, dass Veränderungen des Wechselkurses zwischen Entstehung und Zahlung einer Forderung weder eine unmittelbare wirtschaftliche Verbindung noch einen Veranlassungszusammenhang mit steuerfrei eingenommenen Einnahmen aufweisen. Stattdessen erhöhen oder vermindern sie den Gewinn im Inland.
Es wird ebenfalls, im Einklang mit der dt Rsp, auf die stRsp des VwGH verwiesen. Diese besagt, dass Kursverluste iZm dem Erwerb einer Schachtelbeteiligung keinen unmittelbaren Bezug zu den sich aus der erworbenen Beteiligung ergebenden Erträgen aufweisen. Die Kursverluste ergeben sich stattdessen idR aufgrund einer Marktentwicklung (vgl VwGH 28. 10. 2009, 2008/15/0051; 26. 1. 2017, Ro 2015/15/0011).
Im Ergebnis gilt das bereits Erwähnte ebenfalls für die gegenständlichen Fremdwährungsverluste, die sich aufgrund von Kursschwankungen zwischen dem Zeitpunkt der Realisation und dem Zeitpunkt der tatsächlichen Ausschüttung ergeben. Der nach dem Realisationszeitpunkt eintretende Kursverlust hängt von der Fremdwährungsverwaltung ab und hat somit keinerlei Kausalitätsverhältnis (dieses ist für den Begriff des Beteiligungsertrags maßgebend) zu jener Kapitalgesellschaft, welche die Ausschüttung vornimmt (mVa Kirchmayr, § 10 KStG: Ausschüttungen in Fremdwährung, taxlex 2011, 357 [357 f]). Die nach dem Realisationszeitpunkt eintretenden Kursgewinne und -verluste sind somit steuerwirksam und unterliegen nicht den Regelungen des § 10 KStG 1988. Zu einem anderen Ergebnis könnte man lediglich dann gelangen, wenn es eine vertragliche Regelung gäbe, anhand derer Kursverluste bereits im Vorhinein festgelegt worden wären.
Zu den Fremdwährungsverlusten iZm der Darlehensrückzahlung führte das BFG zunächst aus, dass die Gewährung des Darlehens die planmäßige Ausschüttung der Dividende durch die T s.r.o. ermöglichte. Dadurch wirkte die Bf auf den Zeitpunkt der Auszahlung ein. Aufgrund dessen waren die ggf anfallenden Wechselkursschwankungen, die mit dem Ausschüttungszeitpunkt im Zusammenhang standen, nicht rein auf eine Marktentwicklung zurückzuführen. Es handelt sich weiters bei Risiken von Wechselkursschwankungen nicht um bloß „exogene Faktoren“. (vgl BFH 4. 4. 2024, I R 11/23) Auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Rückzahlung des Darlehens konnte jedoch von der Bf kein Einfluss mehr genommen werden, da die T s.r.o bereits im Tilgungszeitpunkt an einen externen Dritten verkauft worden war. Auch bestand keine vertragliche Regelung, die den Kursverlust im Vorhinein festlegte.
Im Ergebnis gilt somit für die steuerliche Abzugsfähigkeit des gegenständlichen Fremdwährungsverlustes dasselbe wie für den Fremdwährungsverlust iZm einer Dividendenausschüttung. Auch der Fremdwährungsverlust iZm einer Darlehensrückzahlung ergibt sich aus einer Marktentwicklung, die in keinem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den steuerfreien Beteiligungserträgen steht, auch wenn der Grund für die Gewährung des Darlehens unmittelbar in der Finanzierung der Ausschüttung liegt. Die Revision wurde zugelassen und ist bereits eingelangt.
Conclusio
Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Fremdwährungsverlusten iZm einer Dividendenausschüttung ist ein Thema, welches die Literatur bereits länger beschäftigt und bis heute uneinheitlich gesehen wird.
Kirchmayr ist etwa, wie das BFG, der Ansicht, dass die Rsp des BFH auch für die österreichische Rechtslage überzeugend ist. Fremdwährungsergebnisse können nämlich zwischen den Gesellschaftern aufgrund individueller „Fremdwährungsbewirtschaftung“ verschieden ausfallen, wobei in allen Fällen die Wechselkursergebnisse mit der Beteiligung nicht kausal verbunden sind (Kirchmayr, § 10 KStG: Ausschüttungen in Fremdwährung, taxlex 2011, 357 [357]).
Für die Ansicht des BFG spricht weiters, dass der Empfänger der Dividende ab dem Realisationszeitpunkt über die Ausschüttungsforderung – als selbstständiges Wirtschaftsgut – verfügen kann. Das bedeutet, dass er sich gegen etwaige Kursschwankungen absichern kann und ihm sogar die Möglichkeit der Veräußerung offensteht, weswegen sich die im Endeffekt realisierten Fremdwährungsergebnisse nicht zwingend auf den Dividendenempfänger, dem im Realisationszeitpunkt die Beteiligungsertragsbefreiung des § 10 KStG 1988 zugutekam, auswirken. Zudem kann eine Parallele zur steuerlichen Handhabung von Wechselkursverlusten iZm Fremdwährungskrediten gezogen werden. Es besteht zwischen einer Dividendenforderung und dem Fremdwährungsergebnis ein engerer Zusammenhang als zwischen den Fremdwährungsergebnissen und einem Fremdwährungskredit (zB zur Finanzierung der Anschaffung einer internationalen Schachtelbeteiligung). Fremdwährungsverluste aus Krediten werden vom VwGH als Betriebsausgaben angesehen, da der Fremdwährungskredit zum Betriebsvermögen gehört und keinen unmittelbar wirtschaftlichen Zusammenhang zu einer sich ebenfalls im Betriebsvermögen befindenden internationalen Schachtelbeteiligung aufweist (VwGH 28. 10. 2009, 2008/15/0051). Erträge aus Dividenden werden im Aktivierungszeitpunkt auf jeden Fall realisiert, wohingegen es für den Eintritt von Kursgewinnen und -verlusten auf die Marktentwicklung ankommt. Aufgrund dessen mangelt es bei der Ermittlung des Gewinnes mittels eines Betriebsvermögensvergleichs dem Eintritt der Kursergebnisse an der, für den VwGH (VwGH 28. 10. 2009, 2008/15/0051) relevanten, Zwangsläufigkeit (Mechtler, Realisationszeitpunkt ausländischer Dividenden, ÖStZ 2016, 264 [269 f]).
Im Erkenntnis des BFG wurde angesprochen, dass die belangte Behörde evtl argumentieren könnte, dass die Entscheidung des VwGH vom 28. 10. 2009, 29/15/0051 sich auf die vor dem Steuerreformgesetz 2005 (StRefG 2005) geltende Gesetzeslage bezieht. Dieses Argument wird jedoch dadurch entkräftet, dass der VwGH auch nach dem StRefG 2005 dieselbe Rechtsprechungslinie beibehalten hat (vgl VwGH 22. 6. 2002, Ra 2021/13/0149).
Entgegen der Ansicht des BFG stellt Beiser auf den Ausschüttungstag und somit den tatsächlichen Ausschüttungswert an diesem Tag für die Steuerfreiheit ab. Bis zu dem Ausschüttungszeitpunkt sind Fremdwährungsergebnisse somit steuerfrei. Erst nach dem Ausschüttungszeitpunkt anfallende Fremdwährungsgewinne oder -verluste sind als von der Ausschüttung unabhängige Veranlagungsentscheidungen anzusehen und somit steuerwirksam zu behandeln. Ziel der internationalen Schachtelbeteiligung sei nämlich die Vermeidung einer doppelten Körperschaftsteuerlast für Ausschüttungen (Beiser, Die internationale Schachtelbefreiung bei Fremdwährungen, SWK 2012, 28 [28 f]). Die KStR 2001 teilen die Ansicht von Beiser und stellen ebenfalls im Hinblick auf die Umrechnung des Devisengeldkurses auf den Ausschüttungszeitpunkt ab. (KStR 2001 Rz 515).
König schließt sich weitgehend den Meinungen von Beiser und der Finanzverwaltung an, jedoch ist er der Ansicht, dass sich sowohl die Steuerbefreiung von Kursgewinnen als auch die steuerliche Nicht-Abzugsfähigkeit von Kursverlusten aus der Befreiungsbestimmung des § 10 Abs 1 KStG 1988 ergibt, welcher weit zu interpretieren ist (König, Beteiligungsertragsbefreiung und Fremdwährungsergebnisse, SWK 2013, 386 [387 ff]).
Angesichts dieser kontrovers geführten Debatte könnte die höchstgerichtliche Entscheidung, die jetzt durch die ergriffene Amtsrevision zu erwarten ist, endlich für die gebotene Rechtssicherheit sorgen.