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EStG 1988: § 27 Abs 6 Z 2 TS 1
Abstract
Das BFG hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Übertragung eines bestehenden Wertpapierdepots auf das Depot einer transparenten liechtensteinischen Privatstiftung kapitalertragsteuerpflichtig ist. Fraglich war, ob die vorliegende Depotübertragung als „Übertragung auf ein anderes Depot desselben Steuerpflichtigen bei derselben depotführenden Stelle“ iSd § 27 Abs 6 Z 2 TS 1 EStG qualifiziert werden kann und daher kein kapitalertragsteuerpflichtiger Veräußerungsvorgang vorliegt. Hierbei hatte das BFG den Begriff „desselben Steuerpflichtigen“ auszulegen. Nach Ansicht des BFG ist dem Bf nicht nur sein Wertpapierdepot, sondern auch das Depot seiner transparenten Privatstiftung zuzurechnen, weshalb die Ausnahmebestimmung des § 27 Abs 6 Z 2 TS 1 EStG greift und keine kapitalertragsteuerpflichtige Veräußerung vorliegt. Amtsrevision wurde erhoben.
BFG 23. 1. 2024, RV/7100234/2022
Sachverhalt
Der Bf gründete mit 1. 12. 2017 eine transparente liechtensteinische Privatstiftung und ließ mit 27. 12. 2017 sein bestehendes Wertpapierdepot auf das Depot der Privatstiftung bei derselben Bank übertragen. Im Zuge der Übertragung behielt die Bank rd € 246.000,– KESt ein. Der Bf machte die einbehaltene KESt im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 geltend und beantragte die Erstattung im Veranlagungswege. Dabei stützte sich der Bf auf § 27 Abs 6 Z 2 TS 1 EStG, wonach keine kapitalertragsteuerpflichtige Veräußerung vorliege, weil es sich um einen Depotübertrag auf eine ihm ertragsteuerlich zurechenbare transparente Privatstiftung handle. Daher liege eine „Übertragung auf ein anderes Depot desselben Steuerpflichtigen bei derselben depotführenden Stelle“ iSd § 27 Abs 6 Z 2 TS 1 EStG vor.
Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 erkannte das FA die KESt-Anrechnung nicht an. Nach Ansicht des FA handle es sich beim Bf und der transparenten Privatstiftung um zwei unterschiedliche Rechtspersonen, und zwar unabhängig davon, dass die transparente Privatstiftung steuerlich dem Bf zuzurechnen sei. Ein Depotübertrag auf ein Depot „desselben Steuerpflichtigen“ läge somit nicht vor. Vor diesem Hintergrund sei die Ausnahmebestimmung des § 27 Abs 6 Z 2 TS 1 EStG nicht anwendbar. Der Bf begehrte in weiterer Folge die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides gem § 299 BAO und die KESt-Erstattung. Das FA wies den Antrag auf Aufhebung mit Bescheid als unbegründet ab. Dagegen erhob der Bf Beschwerde.
Entscheidung des BFG
Im beschwerdegegenständlichen Fall ist strittig, ob es sich bei der Übertragung des bestehenden Wertpapierdepots des Stifters auf das Depot seiner transparenten liechtensteinischen Privatstiftung bei derselben Bank um eine „Übertragung auf ein anderes Depot desselben Steuerpflichtigen bei derselben depotführenden Stelle“ gem § 27 Abs 6 Z 2 TS 1 EStG und daher um keinen kapitalertragsteuerpflichtigen Veräußerungsvorgang handelt.
Einleitend ist auszuführen, dass für die Beurteilung von abgabenrechtlichen Sachverhalten gem § 21 BAO die wirtschaftliche Betrachtungsweise und nicht die äußere Erscheinungsform maßgebend ist. Zudem ist dem vom Bf vorgebrachten VwGH-Erk vom 25. 2. 2015, 2011/13/0003, wonach es sich bei einer transparenten liechtensteinischen Privatstiftung mit Mandatsvertrag um eine Sonderform der Treuhandschaft handelt, Rechnung zu tragen. Gemäß dem Schrifttum sind Depotübertragungen zwischen Treugeber und Treuhänder von der Befreiungsbestimmung des § 27 Abs 6 Z 2 TS 1 EStG erfasst (vgl Marschner, Jakom EStG16 [2023] § 27 Rz 369).
Außerdem wird durch eine transparente Privatstiftung „hindurchgeschaut“, weshalb die Einkünfte aus der transparenten Privatstiftung dem Bf als Stifter zugerechnet werden. Daraus ergibt sich für den hier vorliegenden Fall, dass dem Bf die Wirtschaftsgüter und Einkünfte seiner transparenten Privatstiftung zuzurechnen sind. Daher ist die vorliegende Übertragung des Wertpapierdepots des Bf auf das Depot seiner transparenten liechtensteinischen Stiftung als „Übertragung auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen“ iSd § 27 Abs 6 Z 2 TS 1 EStG zu qualifizieren.
Mangels hg Rsp zur Frage, ob die Wortfolge „desselben Steuerpflichtigen“ iSd § 27 Abs 6 Z 2 TS 1 EStG rechtsförmlich, also zivilrechtlich oder nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise – wie im gegenständlichen Erk angewendet – auszulegen ist, ist die Revision zulässig. Gegen das Erk wurde Amtsrevision erhoben.
Conclusio
Mit dem gegenständlichen Erk spricht das BFG aus, dass durch die Übertragung des Wertpapierdepots des Stifters auf das Depot seiner transparenten liechtensteinischen Privatstiftung bei derselben Bank gem § 27 Abs 6 Z 2 TS 1 EStG kein kapitalertragsteuerpflichtiger Veräußerungsvorgang entsteht. Nach Ansicht des BFG werden dem Depotinhaber des übertragenden Wertpapierdepots, der zugleich Stifter der transparenten Privatstiftung ist, die Wirtschaftsgüter und Einkünfte der Stiftung steuerlich zugerechnet. Durch die liechtensteinische Privatstiftung wird somit „hindurchgeschaut“, weshalb sowohl das Wertpapierdepot als auch das Depot der transparenten Privatstiftung demselben Steuerpflichtigen, also dem Bf (Stifter) zuzurechnen sind.
Bei einer transparenten Stiftung (zB einer liechtensteinischen Stiftung mit Mandatsvertrag) handelt es sich um kein eigenes Steuersubjekt. Vor diesem Hintergrund fällt zB bei Vermögensübertragungen auf transparente Privatstiftungen auch keine Stiftungseingangssteuer an (vgl dazu Marschner, Optimierung der Familienstiftung4 [2019] Rz 588). Dass es sich beim übertragenden Wertpapierdepot des Stifters und beim Depot der transparenten Privatstiftung um ein Depot „desselben Steuerpflichtigen“ iSd § 27 Abs 6 Z 2 TS 1 EStG handelt, erscheint daher wohl sachgerecht. Da es sich bei einer transparenten liechtensteinischen Privatstiftung mit Mandatsvertrag um eine Sonderform der Treuhandschaft handelt (vgl VwGH 25. 2. 2015, 2011/13/0003), spricht auch die Literaturmeinung, wonach Depotübertragungen zwischen Treugeber und Treuhändern von der Ausnahmebestimmung für Überträge auf ein Depot „desselben Steuerpflichtigen“ erfasst sein sollen, für die Anwendbarkeit auf den gegenständlichen Fall (vgl Marschner, Jakom EStG16 [2023] § 27 Rz 369). Da bereits Amtsrevision erhoben wurde, darf die Entscheidung des VwGH mit Spannung erwartet werden.