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BFG zum Berichtigungszeitraum gem § 12 Abs 10 UStG bei Unternehmern mit abweichendem Wirtschaftsjahr

Bearbeiter: Kilian Posch

UStG: §§ 12 Abs 10; 20 Abs 3

Abstract

Gem § 12 Abs 10 UStG ist die für einen Gegenstand in Abzug gebrachte Vorsteuer anteilsmäßig zu berichtigen, wenn sich die maßgebenden Verhältnisse in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier (oder 19) Kalenderjahren verändern. Im vorliegenden Fall war strittig, ob als Berichtigungszeitraum entgegen § 20 Abs 3 UStG auch dann mit dem Kalenderjahr beginnt, wenn der Unternehmer innerhalb des Berichtigungszeitraums auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr umgestellt hat, oder ob in diesen Fällen auf den Beginn des Wirtschaftsjahres abzustellen ist. Das BFG hat ausgesprochen, dass sich der Zeitraum in § 12 Abs 10 UStG immer nach Kalenderjahren richtet, weil er eine von der laufenden Buchführung unabhängige Berechnung erfordert, die nicht mit der Umstellung auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr zusammenhängt. Die Revision ist zulässig.

BFG 12. 12. 2023, RV/7104189/2019

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) vermietete ein Grundstück mit Verrechnung von Umsatzsteuer und führte an diesem in den Jahren 2004, 2005 und 2007 Großreparaturen durch, wofür sie Vorsteuer zum Abzug brachte. Später wechselte die Bf – auch in Bezug auf die Umsatzsteuer – auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr mit dem 30. November als Bilanzstichtag. Im Jahr 2013 verkaufte sie schließlich das Grundstück umsatzsteuerfrei, wobei die umsatzsteuerlich relevante Übertragung des Verfügungsmacht mit 1. Dezember vonstattenging. Da der Berichtigungszeitraum für den Vorsteuerabzug in Bezug auf die Großreparaturen am verkauften Grundstück gem § 12 Abs 10 in der für den Fall maßgeblichen Fassung des UStG 10 Jahre betrug, hatte die Bf aufgrund der umsatzsteuerfreien Veräußerung die abgezogene Vorsteuer anteilsmäßig zu berichtigen. Die Bf errechnete den Zeitraum von 10 Jahren allerdings unter Heranziehung des abweichenden Wirtschaftsjahres. Da das Wirtschaftsjahr 2013 bereits mit Ende November und somit vor vollzogenem Verkauf des Grundstücks endete, war die Vorsteuer in einem Jahr weniger zu berichtigen als bei der Weiterrechnung mit Kalenderjahren. Für die Reparatur im Jahr 2004 war daher zB keine Vorsteuer mehr zu berichtigen, weil der Betrachtungszeitraum von 10 Jahren nach dieser Methode bereits abgelaufen war. Das Finanzamt ließ diese Berechnung allerdings nicht gelten und setzte in den Umsatzsteuerbescheiden eine nach regulären Kalenderjahren errechnete Vorsteuerkorrektur fest. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Bf, die sich darin auf § 20 Abs 3 UStG bezog, wonach das vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr in den einzelnen Bestimmungen des UStG sinngemäß an die Stelle des Kalenderjahres tritt.

Entscheidung des BFG

Das BFG stellte fest, dass die Veränderung der Verhältnisse, die für die Vorsteuerkorrektur maßgebend sind, im vorliegenden Fall unstrittigerweise mit dem Verfügungsgeschäft über das Grundstück im Dezember 2013 eingetreten ist. Die zuvor getätigten großen Reparaturen sind weiters unter die nachträglichen Herstellungskosten zu subsumieren. Die Frist der Vorsteuerkorrektur beginnt gem § 12 Abs 10 UStG bei nachträglichen Herstellungskosten vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen, das dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zugrunde liegenden Leistungen iZm dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung genommen worden sind – im vorliegenden Fall somit mit den Jahren 2005, 2006 und 2008. Dass das abweichende Wirtschaftsjahr 2013, das bereits im November und somit vor der Veränderung der Verhältnisse endet, gem § 20 Abs 3 UStG an die Stelle des Kalenderjahres in § 12 Abs 10 UStG tritt, wie es die Bf unter Anführung von Literatur (Mayr in Scheiner/Kolacny/Caganek, MwSt52 [2017] § 12 Rz 623) behauptet, wird vom BFG mit Verweis auf die überwiegende Gegenmeinung im Schrifttum verneint. Bei allen Bestimmungen, bei denen das Kalenderjahr nicht als Veranlagungszeitraum aufzufassen ist, bleibt entgegen § 20 Abs 3 UStG auch bei Einführung eines abweichenden Wirtschaftsjahres das Kalenderjahr maßgeblich. Dies ist auch bei § 12 Abs 10 UStG der Fall (so Ruppe/Achatz, UStG5 [2017], § 20 Rz 15). Diese Auslegung ergibt sich schon aus dem Sinn und Zweck von § 20 Abs 3 UStG: Wenn für die Ertragsteuer die gesamte Buchführung auf das abweichende Wirtschaftsjahr umzustellen ist, soll dies aus Zweckmäßigkeitsüberlegungen auch für die Umsatzsteuer in Bezug auf Meldepflichten und andere auf die Buchführung abgestimmte Regelungen gelten. Die Vorsteuerberichtigungen sind jedoch stets unabhängig von der laufenden Buchführung zu berechnen, weshalb eine Anpassung des Berichtigungszeitraums nicht der Vereinfachung dienen kann. Das Ergebnis gilt insbesondere für den vorliegenden Fall, weil erst während des Berichtigungszeitraums und nicht bereits vor dem anfänglichen Eintritt der zu berichtigenden Verhältnisse auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr gewechselt wurde. Die Beschwerde war damit abzuweisen, die Revision jedoch als zulässig zu erklären, da zur Frage, ob das abweichende Wirtschaftsjahr an die Stelle des Kalenderjahres in § 12 Abs 10 UStG tritt, noch keine höchstgerichtliche Judikatur besteht.

Conclusio

Das BFG stellt in seiner rechtlichen Beurteilung überwiegend auf den Sinn und Zweck des § 20 Abs 3 UStG ab und hält die Anpassung des Kalenderjahres auf das abweichende Wirtschaftsjahr in § 12 Abs 10 UStG daher nicht für geboten. Dieser Ansicht ist zuzustimmen. Der Berichtigungszeitraum ist nicht an die Buchführung gekoppelt und materiell unabhängig von Fristen, die mit dem Abschluss eines Wirtschaftsjahres zusammenhängen. Stattdessen knüpft § 12 Abs 10 UStG an die Nutzungsdauer von Gegenständen für umsatzsteuerpflichtige Zwecke an. Durch den Wechsel zwischen abweichendem Wirtschaftsjahr und Kalenderjahr würde der Betrachtungszeitraum von fünf oder (mittlerweile) 20 Jahren ohne buchhalterische Notwendigkeit oder materielle Rechtfertigung verkürzt werden. Der Unternehmer könnte durch nachträgliche Änderung des Wirtschaftsjahres den Beginn des Berichtigungszeitraums vorverlegen, wie am vorliegenden Fall zu erkennen ist. Das BFG scheint allerdings mit einer vorsichtigen Formulierung offengelassen zu haben, ob das Kalenderjahr jedenfalls maßgeblich ist, oder ob das abweichende Wirtschaftsjahr dann bei der Berechnung des Vorsteuerkorrekturzeitraums zur Anwendung kommt, wenn dieses bereits vor anfänglicher Nutzung des Gegenstandes, für den die Vorsteuer abgezogen wurde, bestanden hatte. Da sich das BFG argumentativ hauptsächlich auf die teleologische Auslegung des § 20 Abs 3 UStG stützt, müsste das Kalenderjahr konsequenterweise in allen Konstellationen maßgebend bleiben, da die Zweckmäßigkeit der Berechnung nach dem Veranlagungszeitraum auch bei anfänglicher Abweichung vom Kalenderjahr nicht gegeben ist. Selbst bei Heranziehung des Wirtschaftsjahres für den Beginn der Frist wäre aber für die Dauer des Berichtigungszeitraumes auf volle Kalenderjahre abzustellen (vgl Wisiak, Kalenderjahr als Berichtigungszeitraum gem § 12 Abs 10 UStG 1994 auch bei abweichendem Wirtschaftsjahr, BFGjournal 2024, 19 [20]): Im Jahr des Überganges von Kalenderjahr auf abweichendes Wirtschaftsjahr gilt nämlich der Zeitraum vom Beginn des Kalenderjahres bis zum Beginn des abweichenden Wirtschaftsjahres als eigener Veranlagungszeitraum, was sonst zu einer Verkürzung des Berichtigungszeitraums führen würde.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35202 vom 20.03.2024