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BFG zum Ort des umsatzsteuerlichen Eigenverbrauchs

Bearbeiter: Bence Komár

UStG 1994: § 3a Abs 1a Z 2 TS 2, § 3a Abs 13 lit a, § 21 Abs 9

Abstract

Das BFG hatte zu entscheiden, ob die private Nutzung eines einem liechtensteinischen Unternehmer gehörenden Firmenhandys durch seinen österreichischen Arbeitnehmer einen in Österreich steuerbaren Umsatz darstellt. Die Frage war für den liechtensteinischen Unternehmer relevant, weil er dann in Österreich zur USt veranlagt hätte werden können (§ 20 und § 21 Abs 15 UStG) und inländische Vorsteuern nicht in einem Vorsteuererstattungsverfahren (§ 21 Abs 9 UStG iVm BGBl 279/199 idF BGBl II 16/2021) hätte geltend machen müssen.

BFG 25. 2. 2025, RV/2100074/2024

Sachverhalt

Die Bf betrieb ein Transportunternehmen in Liechtenstein. In ihrer österreichischen USt-Jahreserklärung 2021 gab sie steuerpflichtige Umsätze iHv 345,40 € und VSt iHv 98.547,06 € an. Der betragsmäßig größte Teil der steuerpflichtigen Umsätze entfiel auf die Privatnutzung von einem Diensthandy durch zwei österreichische Arbeitnehmer. Aufgrund der Jahreserklärung und einer darauffolgenden Außenprüfung erließ das FA im Dezember 2023 einen Nichtveranlagungsbescheid, weil die Bf 2021 keine in Österreich steuerpflichtigen Umsätze ausgeführt hatte. Die Bf erhob Beschwerde und argumentierte, dass die Privatnutzung des Diensthandys einen in Österreich steuerpflichtigen Eigenverbrauch darstellte. Dabei berief sich die Bf auf § 3a Abs 13 lit a UStG, nach dem an Nichtunternehmer erbrachte Telekommunikationsdienstleistungen an deren Wohnsitz ausgeführt werden. Streit bestand vor dem BFG über die inländische Steuerpflicht der Privatnutzung des Handys durch einen der beiden Arbeitnehmer.

Entscheidung des BFG

Aufgrund der getroffenen Feststellungen des FA geht das BFG von einer unentgeltlichen Privatnutzung des Handys durch den Arbeitnehmer aus.

Die Nutzung des Diensthandys wäre als Eigenverbrauch gem § 3a Abs 1a Z 2 TS 2 UStG steuerbar, wenn die Überlassung zur privaten Verwendung keine bloße Aufmerksamkeit wäre. Da der Arbeitnehmer kaum Gelegenheit hatte, mit dem Handy zu telefonieren, stuft das BFG die unentgeltliche Verwendung zu privaten Telefonaten als solche Aufmerksamkeit ein (mVa UStR 2000 Rz 67 zur Bereitstellung von Getränken am Arbeitsplatz). Im Ergebnis liegt somit kein steuerbarer Umsatz vor.

Obwohl das BFG die Steuerbarkeit der Privatnutzung verneint, trifft es Ausführungen für den Fall, sollte die Privatnutzung dennoch als Eigenverbrauch gem § 3a Abs 1a Z 2 TS 2 UStG qualifiziert werden. Der Umsatz ist dann in Liechtenstein steuerbar. Unter Verweis auf das Urteil EuGH 20. 1. 2021, C-288/19, QM, Rn 40–46 argumentiert das Gericht, dass die Leistungsortregelungen des § 3a UStG mangels Entgeltlichkeit nicht zur Anwendung kommen. Der Eigenverbrauch wird nämlich an dem Ort verwirklicht, wo die Schmälerung des Unternehmensvermögens stattgefunden hat (Ruppe/Achatz, UStG6 [2024] § 3 Tz 209). Das ist im Beschwerdefall Liechtenstein.

Das BFG hat die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Bf kann ihre Vorsteuer im Wege des Vorsteuererstattungsverfahrens gem § 21 Abs 9 UStG iVm BGBl 279/199 idF BGBl II 16/2021 rückerstatten lassen. Eine Revision wurde nicht erhoben.

Conclusio

Das BFG stützt sich bei seiner Argumentation auf ein EuGH-Urteil. In diesem verneinte das Höchstgericht die Anwendbarkeit des Art 56 Abs 2 MwStSyst-RL, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein Fahrzeug unentgeltlich überlässt. Aus der Nichtanwendbarkeit der speziellen Leistungsortregel für die Vermietung eines Beförderungsmittels über einen kürzeren Zeitraum (vgl § 3a Abs 12 Z 2 UStG) kann jedoch nicht ohne weiteres auf die Nichtanwendbarkeit des Katalogs der Leistungsortregel in § 3a UStG geschlossen werden. Der EuGH hat im zitierten Urteil allein die Wendung „Vermietung eines Beförderungsmittels“ interpretiert und ist zum Auslegungsergebnis gelangt, dass diese eine Entgeltlichkeit erfordert. Keine Aussagen hat der EuGH zur Anwendbarkeit der allgemeinen Liefer- und Leistungsortregeln auf Eigenverbrauch getätigt. Die vom BFG vertretene Ansicht zum Leistungsort des Eigenverbrauchs wird zwar im Schrifttum geteilt, steht aber in Widerspruch zu Meinung der Finanzverwaltung (UStR 2000 Rz 487) und der Rsp des VwGH (s VwGH 24. 2. 2011, 2010/15/0162).

Ein Aspekt, der bei der Bestimmung des Orts des Eigenverbrauchs Berücksichtigung finden könnte, ist die Ausweitung des OSS-Regimes auf den Eigenverbrauch (s dazu Komár/Mittendorfer, Verfahrensrechtliche Aspekte der ViDA-Reform, AVR 2025, 57 [67 f]). Art 369b Abs 1 lit f MwStSyst-RL idF RL (EU) 2025/516 erlaubt es Steuerpflichtigen, die nicht in dem Mitgliedstaat ansässig sind, in den sie Gegenstände verbringen (Bestimmungsland), die Steuer für einen anschließend im Bestimmungsland erfolgten Eigenverbrauch (Art 16, 18 oder 26 MwStSyst-RL, vgl § 3 Abs 2 und § 3a Abs 1a UStG) über den EU-OSS zu erklären und entrichten. Diese Bestimmung würde keinen Sinn ergeben, wenn der Eigenverbrauch immer am Unternehmenssitz als verwirklicht gelten würde.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36923 vom 09.07.2025