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LVO 1993 (idF BGBl II 1999/15): § 1 Abs 1, § 2 Abs 2
Abstract
Das BFG entschied, dass infolge einer vom Steuerpflichtigen nicht vorhersehbaren Unwägbarkeit keine Liebhabereivermutung besteht, wenn eine vermietete, sanierungsbedürftige Liegenschaft aufgrund fehlender Fördermittel zur Finanzierung der Sanierung vorzeitig veräußert werden muss.
BFG 3. 5. 2023, RV/7103649/2015
Sachverhalt
Bei den Beschwerdeführern (Bf) handelt es sich um eine Miteigentumsgemeinschaft eines im Jahr 2010 erworbenen Zinshauses, dessen Wohneinheiten überwiegend im Anwendungsbereich des MRG vermietet waren. Der Erwerb erfolgte zwecks finanzieller Absicherung in der Pension mithilfe der erwirtschafteten Mieteinnahmen. Der Kaufpreis idHv 500.000 € wurde zur Gänze durch einen Bankkredit fremdfinanziert. Bereits zum Erwerbszeitpunkt hatte die Immobilie einen hohen Sanierungsbedarf. Die Bf legten zum Nachweis der objektiven Ertragsfähigkeit der Immobilie eine Prognoserechnung vor, wonach innerhalb der ersten 20 Jahre des 25-jährigen Beobachtungszeitraums ein Gesamtüberschuss, auch unter Berücksichtigung der Instandsetzung, erzielt werden sollte. Im Jahr 2013 entschieden sich die Bf zur Beantragung der Sanierungsfinanzierung mittels städtischer Fördermittel. Allerdings scheiterte die Erlangung dieser Mittel ebenso wie die Umsetzung eines behördlichen Mietanhebungsverfahrens nach § 18 MRG. Freiwillige Mieterhöhungen reichten nicht zur Finanzierung aus. Aufgrund der fehlenden Fördermittel und der privaten Lebensumstände, die liquide Mittel für die Privatschulausbildung der Tochter notwendig machten, entschlossen sich die Bf zur Veräußerung der Liegenschaft. Die Finanzverwaltung erließ im Jahr 2015 Bescheide über die Einordnung der Vermietungstätigkeit zwischen 2010 und 2013 als Liebhaberei iSd § 1 Abs 2 LVO. Begründend führte die Finanzverwaltung aus, dass der hohe Sanierungsbedarf von vornherein bekannt gewesen sei und sich die Vermietung als objektiv nicht ertragsfähig erwiesen habe. Die von den Bf vorgelegte Prognoserechnung sei nicht realistisch, weil der zusätzliche Zinsaufwand durch die zur Sanierung notwendigen Fremdfinanzierung einfließen hätte müssen. Ebenso seien die Ausbildungskosten für die Tochter nicht unvorhersehbar. Der Beendigung der Vermietung liege daher ein typisches Betätigungsrisiko und keine die Liebhabereivermutung widerlegende Unwägbarkeit zugrunde.
Entscheidung des BFG
Das BFG führt zunächst aus, dass zwischen Betätigungen mit Einkunftsquellenvermutung (§ 1 Abs 1 LVO) und solchen mit Liebhabereivermutung (§ 1 Abs 2 LVO) unterschieden wird. Einkunftsquellenvermutung ist bei der entgeltlichen Überlassung von Gebäuden dann anzunehmen, wenn zufolge einer Prognoserechnung innerhalb von 25 Jahren die Erzielung eines Gesamtgewinns oder Gesamtüberschusses absehbar ist (§ 2 Abs 2 LVO). Bei vorzeitiger Übertragung der Liegenschaft muss der Steuerpflichtige nachweisen, dass die Vermietungstätigkeit nicht schon ursprünglich für einen begrenzten Zeitraum geplant war, sondern aufgrund von Unwägbarkeiten beendet werden musste. Eine Unwägbarkeit ist ein kaum beeinflussbares oder vorhersehbares Ereignis, das auch die private Lebensführung des Steuerpflichtigen, nicht aber typische Vermietungsrisiken betreffen darf.
Der von den Bf vorgelegten Prognoserechnung entnimmt das BFG, dass die positive objektive Ertragsfähigkeit der Immobilie gegeben ist. Daraus kann geschlossen werden, dass die Vermietung der Immobilie nicht von vornherein zeitlich begrenzt, sondern zur langfristigen Aufbesserung der Pension geplant war. Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung ist die zusätzliche Berücksichtigung von Fremdfinanzierungskosten nicht notwendig, weil die wirtschaftliche Entscheidung zur Aufnahme eines Kredits, um die notwendigen Sanierungsmaßnahmen zu finanzieren, den Bf obliegt.
Die Bf konnten vor Erwerb der Liegenschaft keinen Antrag stellen, ob eine zukünftige Sanierung der Liegenschaft mit städtischen Fördermitteln möglich ist, weil sich sowohl der Investitionsbedarf der Stadt selbst als auch die verfügbaren Budgetmittel jährlich ändern. In weiterer Folge beeinflusste die Nichtgewährung der Fördermittel das behördliche Mietanhebungsverfahren nach § 18 MRG negativ. Dabei handelt es sich um über das typische Vermietungsrisiko hinausgehende Unwägbarkeiten, die von den Bf weder vorausgesehen noch einkalkuliert werden konnten. Zur Privatschulausbildung der Tochter führt das BFG aus, dass private Umstände bis zu einem gewissen Grad subjektiv beeinflussbar sind, aber doch objektiv unbeeinflussbar auftreten können und einer Unwägbarkeit nicht entgegenstehen. Folglich erkannte das BFG die Vermietung als steuerlich beachtliche Einkunftsquelle, die zu einem Werbungskostenüberschuss iHv 71.000 € geführt hat, und erklärte eine ordentliche Revision für nicht zulässig.
Conclusio
Strittig war im vorliegenden Fall, ob die Beendigung der Vermietung einer im Erwerbszeitpunkt sanierungsbedürftigen Immobilie, aufgrund nicht erlangter städtischer Fördermittel zur Finanzierung der notwendigen Sanierung, ein betätigungstypisches Risiko oder eine Unwägbarkeit ist. Im Schrifttum wurde vertreten, dass bei einem betätigungstypischen Sorgfaltsmaßstab erkennbare Investitionen der Annahme einer Unwägbarkeit entgegenstehen (Rauscher, Liebhaberei: Unwägbarkeit oder doch nur gewöhnliches Risiko? SWK 2004, S 625 [S 628]). Das BFG hat in seiner bisherigen Judikatur das Vorliegen einer Unwägbarkeit verneint, wenn ein höherer Sanierungsaufwand aufgrund denkmalschutzrechtlicher Auflagen entstand (BFG 17. 6. 2016, RV/2100359/2011). In seiner bisherigen Rsp befürwortete der VwGH, dass auch ohne Vorliegen einer Unwägbarkeit eine große Vermietung vorliegen kann, solange die Erreichung eines Gesamtüberschusses geplant war (VwGH 24. 6. 2010, 2006/15/0343; 27. 6. 2017, Ra 2017/13/0029). Darauf aufbauend wurde im Schrifttum geschlussfolgert, dass auch dann keine Liebhaberei vorliegt, wenn der Steuerpflichtige einen ursprünglichen Plan auf fortdauernde Vermietung nachweisen kann, aber weder eine Unwägbarkeit noch sonstige Gründe zur Beendigung der Tätigkeit geführt haben (Moser, Vorzeitige Beendigung einer Vermietung, SWK 2018, 764 [768]). Einen solchen Plan kann der Steuerpflichtige ua dann nachweisen, wenn er Fremdmittel aufgenommen hat, die innerhalb von 25 Jahren leicht zurückgezahlt werden können und die Bestandobjekte infolge üblicher Mietverträge vermietet worden sind (Moser, SWK 2018, 764 [769]). Die Finanzverwaltung erhob eine außerordentliche Amtsrevision gegen das vorliegende Erkenntnis.