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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
Abstract
Das BFG entschied, dass die Widmung einer Liegenschaft als Bauland/Aufschließungszone nach dem NÖ Raumordnungsrecht keine Umwidmung iSd § 30 Abs 4 Z 1 EStG bewirkt, solange die Aufschließungszone erst in Folge einer nach dem 31. 12. 1987 ergangenen Verordnung des Gemeinderats tatsächlich bebaut werden darf.
BFG vom 5. 5. 2023, RV/5102157/2015
Sachverhalt
Beim Bf handelt es sich um den Hälfteeigentümer einer Liegenschaft, die dieser im Jahr 1990 unentgeltlich erworben hatte. Die Liegenschaft wurde mit Gemeinderatsbeschlüssen aus den Jahren 1980 und 1981 als Bauland und Wohngebiet/Aufschließungszone gewidmet. Im Jahr 1996 erließ die Gemeinde eine Verordnung über die Freigabe der gewidmeten Flächen zur Bebauung, weil die im örtlichen Raumordnungsprogramm festgelegten Bedingungen erfüllt waren. Der Bf veräußerte seinen Hälfteanteil an der Liegenschaft im Jahr 2013 und erzielte einen Erlös iHv 46.800 €. Die Finanzverwaltung setzte mit Bescheid vom Juni 2015 die Einkommensteuer für das Jahr 2013 fest, weil der Bf die aus der Grundstücksveräußerung erzielten Einkünfte nicht zur Einkommensteuer erklärt hatte. Die Finanzverwaltung setzte die Einkünfte mit 60 % des Veräußerungserlöses iHv 28.000 € fest. Die Umwidmung in Bauland habe erst mit der Verordnung aus dem Jahr 1996 stattgefunden, weil erst dadurch die tatsächliche Bebauung raumordnungsrechtlich ermöglicht worden sei. Es liege daher keine Umwidmung vor dem Stichtag des 31. 12. 1987 iSd § 30 Abs 4 Z 1 EStG vor, weil der Gesetzgeber den Umwidmungszeitpunkt in Abhängigkeit von der tatsächlichen Bebauungserlaubnis bestimmen wollte. Dagegen brachte die Bf vor, dass nach niederösterreichischem Raumordnungsrecht auch Aufschließungszonen Teil des Baulandes seien. Bei einer entsprechenden Nachfrage nach Baugrundstücken habe die Freigabe und damit die tatsächliche Bebauungsmöglichkeit bereits vor dem 31. 12. 1987 erfolgen können. Ferner habe der Bauwerber mit einer Widmung als Bauland/Aufschließungszone einen Rechtsanspruch auf die Erlassung einer Verordnung zur Ermöglichung der Bebauung, wenn die Voraussetzungen im Raumordnungsprogramm erfüllt sind. Im streitgegenständlichen Fall liege daher eine Umwidmung iSd § 30 Abs 4 Z 1 EStG vor. Es sei folglich die begünstigte Besteuerung gem § 30 Abs 4 Z 2 EStG durchzuführen, weshalb die Steuer aus der Veräußerung der Liegenschaft mit 1.600 € festzusetzen sei.
Entscheidung des BFG
Das BFG führt zunächst aus, dass für Grundstücke, die am 31. 3. 2012 nicht steuerverfangen waren, eine pauschale Gewinnermittlung möglich ist. Wenn eine Umwidmung nach dem 31. 12. 1987 vorgenommen wird, sind gem § 30 Abs 4 Z 1 EStG fiktive Einkünfte iHv 60 % des Veräußerungserlöses anzunehmen. Umwidmungen vor diesem Stichtag führen gem § 30 Abs 4 Z 2 EStG zu fiktiven Einkünften iHv 14 % des Veräußerungserlöses. Eine Umwidmung ist eine Widmungsänderung, die erstmals eine Bebauung ermöglicht. Dies ist im Wesentlichen dann der Fall, wenn das Grundstück als Bauland oder Baufläche iSd jeweiligen raumordnungsrechtlichen Landesgesetzes gewidmet wird.
Nach den Gesetzesmaterialien zum 1. StabG 2012 soll der Umwidmungsbegriff in § 30 Abs 4 Z 1 EStG in erster Linie Umwidmungen von Grünland in Bauland, aber auch sonstige Widmungen, die eine Bebauung nach Art einer Baulandwidmung ermöglichen, erfassen. Eine Umwidmung liegt jedoch nicht vor, wenn bei Aufschließungsgebieten oder bei Bauerwartungsland aufgrund des Raumordnungsrechts noch keine Bebauung zulässig ist. Stattdessen muss die Widmungsänderung erstmals eine tatsächliche Bebauung ermöglichen (ErlRV 1680 BlgNR 24. GP 9 ff). Somit wird sichergestellt, dass durch die Umwidmung eingetretene Wertsteigerungen auch im Zuge der pauschalen Einkünfteermittlung erfasst werden.
Zur geordneten Siedlungsentwicklung lässt § 16 Abs 4 NÖ ROG 1976 die Unterteilung in Aufschließungszonen zu, die erst bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen nach einer Freigabeverordnung des Gemeinderats bebaut werden dürfen. Somit war die Widmung der Liegenschaft als Bauland/Aufschließungszone in den Jahren 1980 und 1981 noch nicht ausreichend, um den Umwidmungstatbestand des § 30 Abs 4 Z 1 EStG zu erfüllen. Die Freigabe zur Bebauung im Jahr 1996 ist einer in den Gesetzesmaterialien erwähnten späteren Widmungsänderung zur erstmaligen Bebauung gleichzuhalten. Die pauschal ermittelten, fiktiven Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung betragen somit 60 % des Veräußerungserlöses. Folglich wies das BFG die Beschwerde als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision für zulässig, weil bislang keine Rsp des VwGH dazu existiert, ob eine Widmung in Bauland/Aufschließungszone bereits ausreichend für das Vorliegen einer Umwidmung iSd § 30 Abs 4 Z 1 EStG ist.
Conclusio
Im vorliegenden Fall war strittig, ob eine Widmung als Bauland/Aufschließungszone oder erst die Freigabe der Aufschließungszone zur Bebauung den Umwidmungstatbestand des § 30 Abs 4 Z 1 EStG erfüllt. Aufschließungszonen können befristet insbesondere dann gebildet werden, wenn die Fläche mangels aktuellen Bedarfs, aufgrund ungünstiger natürlicher Verhältnisse oder aufgrund ungenügender Erschließung nicht widmungskonform genutzt werden kann (Kleewein, Instrumente der Raumordnung – Überblick und Ausblick, bbl 2014, 89 [94]). Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass keine Umwidmung vorliegt, wenn eine Bebauung raumordnungsrechtlich nicht möglich ist. Wenn die Bebauung eines Aufschließungsgebiets landesgesetzlich zulässig ist, steht einer Einordnung als Umwidmung allerdings nichts entgegen (EStR 2000 Rz 6669). Ebenso hat das BFG in seiner bisherigen Rsp eine Umwidmung iSd § 30 Abs 4 Z 1 EStG verneint, wenn eine Widmung in (noch nicht tatsächlich bebaubares) Bauerwartungsland vorgenommen wurde (vgl BFG 17. 5. 2016, RV/1100587/2014). Der Bf erhob eine Revision gegen das vorliegende Erkenntnis.