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BFG: Zum Vorliegen eines geldwerten Vorteils bei unentgeltlich überlassener Arbeitskleidung

Bearbeiter: Benjamin Beer

EStG 1988: § 25 Abs 1 Z 1 lit a, § 26 Z 1

Abstract

Das BFG hatte zu beurteilen, ob die von einem Modeunternehmen an seine Mitarbeiter unentgeltlich überlassene Arbeitskleidung einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis iSd § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG darstellt. Nach Ansicht des BFG war aufgrund der Kostenersparnis der Mitarbeiter, die sich die Arbeitskleidung nicht selbst anschaffen mussten, ein geldwerter Vorteil anzunehmen, obwohl den Dienstnehmern die private Nutzung der Kleidung vom Dienstgeber verboten war. Die Revision erklärte das BFG für nicht zulässig.

BFG 21. 11. 2023, RV/7101500/2019

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf), tätig im Einzelhandel mit Luxusgütern, stellte ihren Mitarbeitern Dienstkleidung zur Verfügung (je zwei Hosen, Jacken und Paar Schuhe sowie fünf Hemden oder Blusen). Die Kleidung war verpflichtend und nach Vorgabe der Bf zu tragen, außerdem waren die Dienstnehmer für Pflege und Reinigung selbst verantwortlich, ohne hierfür einen Kostenersatz zu erhalten. Die Kleidung wurde halbjährlich, jeweils zum Kollektionswechsel, ausgetauscht. Die Kleidung verfügte – je nach Saison – über keine oder allenfalls dezente Logos. Weiters war eine private Nutzung, auch auf den Arbeitswegen, streng untersagt; lediglich zum Reinigen durfte die Kleidung mit nach Hause genommen werden.

Im Rahmen einer gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) für die Jahre 2015–2017 stellte das FA in Form der überlassenen Arbeitskleidung einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis iSd § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG fest, weswegen nach dessen Ansicht zu wenig Lohnsteuer und Lohnnebenkosten (konkret der Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag) entrichtet worden waren. Gegen die entsprechenden Bescheide betreffend die Haftung für die Lohnsteuer und die Festsetzung des Dienstgeberbeitrags und des Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag richtete sich die Beschwerde der Bf. Nach abweisender BVE wandte sich die Bf mittels Vorlageantrags an das BFG.

Entscheidung des BFG

Das BFG stellt zunächst fest, dass zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, bei denen die ESt durch Lohnsteuer erhoben wird, auch Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis iSd § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG gehören, wobei kraft dieser Bestimmung auch Kleidung als geldwerter Vorteil iSd § 15 Abs 1 iVm Abs 2 Z 1 EStG erfasst ist. Dadurch soll diejenige Kostenersparnis steuerlich berücksichtigt werden können, die dadurch entsteht, dass die Dienstnehmer ihre Arbeitskleidung nicht selbst kaufen müssen (VwGH 21. 4. 2016, 2013/15/0259).

Handelt es sich bei dieser Kleidung jedoch um typische Berufskleidung, etwa Uniformen, zählt deren Wert gem § 26 Z 1 EStG nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Der Begriff der typischen Berufskleidung wird weder in § 26 EStG noch in § 16 Abs 1 Z 7 EStG definiert. Nach der Rsp des VwGH handelt es sich bei typischer Berufskleidung um eine solche, die sich nicht für die Nutzung im Rahmen einer privaten Lebensführung eignet (VwGH 21. 12. 1999, 99/14/0262). Das ist dann der Fall, wenn es sich entweder um Schutzkleidung oder eine Art Uniform handelt (VwGH 26. 4. 2007, 2006/14/0036).

Ein Uniformcharakter der Arbeitskleidung ist dann gegeben, wenn dieser allgemein erkennbar ist und eine private Nutzung praktisch ausschließt (VwGH 29. 6. 1995, 93/15/0104). Bei der im vorliegenden Fall überlassenen Kleidung handelt es sich weder um Schutzkleidung noch um Uniformen, sondern um bürgerliche Kleidung. Die Kleidung eignet sich nämlich für die private Nutzung. Dass eine solche dem Arbeitnehmer verboten ist, ändert an der Eignung nichts. Auch wenn bürgerliche Kleidung ausschließlich bei der Berufsausübung getragen wird oder werden muss, handelt es sich nicht um typische Berufskleidung (VwGH 5. 6. 2002, 99/08/0166 mwN; 26. 4. 2007, 2006/14/0036).

Ein Uniformcharakter kann auch nicht darin erblickt werden, dass die Arbeitskleidung weltweit von allen konzernzugehörigen Unternehmen verwendet wird. Dadurch besteht zwar ein gewisser Wiedererkennungswert, allerdings nicht für Außenstehende ohne genaue Kenntnis der aktuellen Kollektion und Saison. Die schlichte Kleidung ist also für eine private Nutzung grds geeignet. Ähnlich hat auch der VwGH im Fall eines schwarzen Anzugs entschieden, der einem Orchestermitglied als Arbeitskleidung überlassen wurde (VwGH 11. 4. 1984, 83/13/0048).

Außerdem kann nur dann kein geldwerter Vorteil iSd § 15 EStG vorliegen, wenn dessen Inanspruchnahme im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers liegt (VwGH 21. 5. 2014, 2010/13/0196). Hier liegt die Überlassung der Kleidung aber auch im Interesse der Arbeitnehmer, weil diese sich die Kosten ersparen, die sie anderenfalls für die Anschaffung geeigneter Kleidung zu tragen hätten.

Im Ergebnis ist daher die Kleidung als geldwerter Vorteil iSd § 15 Abs 2 Z 1 EStG und somit als Vorteil aus dem Dienstverhältnis nach § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG einzuordnen. Das BFG bestätigt somit die Ansicht des FA und weist die Beschwerde ab. Da hier iSd bestehenden Judikatur und jeweils angeführten des VwGH entschieden wird, erklärt das BFG die Revision für nicht zulässig.

Conclusio

Zentral ist im vorliegenden Fall va die Frage, wann Arbeitskleidung einen Uniformcharakter aufweist. Liegt dieser nämlich vor, handelt es sich um eine typische Berufskleidung, weswegen kein Vorteil aus dem Dienstverhältnis vorliegt und keine Lohnsteuer sowie Lohnnebenkosten entrichtet werden müssen. Klassisches Beispiel für den Uniformcharakter ist etwa die Bekleidung des Bundesheeres oder der Polizei (Kirchmayr/Rimböck in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg], EStG21 [2020] § 26 Rz 16). Nach Ansicht der FinVw ist zwar auf die Gleichartigkeit der Kleidung und die optische Einheitlichkeit beim öffentlichen Auftritt abzustellen (LStR 2002 Rz 10322), welche hier unstrittig vorliegt. Der Uniformcharakter muss jedoch auch allgemein erkennbar sein und eine private Nutzung praktisch ausschließen, damit die überlassene Arbeitskleidung keinen geldwerten Vorteil darstellt (LStR 2002 Rz 10322; VwGH 29. 6. 1995, 93/15/0104).

Eine allgemeine Erkennbarkeit des Uniformcharakters könnte sich im vorliegenden Fall etwa durch großflächige Logos oÄ ergeben (so etwa UFS 5. 4. 2011, RV/1317-L/09). ME stellt sich jedoch die Frage, ob – gerade bei Unternehmen in der Luxusgüterbranche – tatsächlich auf solche Logos oder Unternehmensembleme abgestellt werden sollte. Kennzeichnend ist für diese Unternehmen oftmals gerade die Schlichtheit der hergestellten Produkte, wobei aufgrund bestimmter verwendeter Muster oder Schnitte trotzdem eine gewisse Erkennbarkeit entsteht.

Auch das Verbot, die Kleidung privat zu tragen, verhindert das Vorliegen von bürgerlicher Kleidung und somit eines Vorteils aus dem Dienstverhältnis nicht. Dies entspricht der Rsp des BFH und des VwGH, wonach normale bürgerliche Kleidung auch dann nicht zur Berufskleidung wird, wenn sie ausschließlich beruflich getragen wird (BFH, BStBl 1980 II 73; VwGH 17. 9. 1990, 89/14/0277). Dem BFG ist also beizupflichten, wenn es auf die Eignung der Kleidung zur privaten Verwendung abstellt.

Fraglich ist allerdings, ob tatsächlich eine Kostenersparnis und somit ein Besteuerungssubstrat angenommen werden kann. Nach Ansicht des BFG ist diese dadurch gegeben, dass die Mitarbeiter „nicht selbst hochwertige, elegant wirkende Kleidung für die Arbeit anschaffen müssen“. Das BFG folgt hier der Ansicht des FA, begründet dies aber nicht näher. Es ist hier wohl darauf abzustellen, wie die Bf in einem Alternativszenario, also ohne Bereitstellung der Kleidung, gehandelt hätte. Zwar kann wohl davon ausgegangen werden, dass aus Imagegründen eine gewisse Kleiderordnung bestehen würde. Inwiefern den Mitarbeitern allerdings hierdurch zusätzliche Kosten entstehen würden, kann mE allerdings nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden. Insofern könnte auch von einem ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers an der überlassenen Kleidung ausgegangen werden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35106 vom 23.02.2024