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BFG zum Vorsteuerabzug bei der Einfuhr von gemieteten Gegenständen

Bearbeiter: Dominik Hemmelmeyer

UStG 1994: § 12

MwStSystRL: Art 168, 178, 201

Abstract

Das BFG hatte sich in diesem Fall – unter anderem – mit der Frage zu beschäftigen, wer im Zusammenhang mit der Einfuhr von gemieteten Gegenständen gem § 12 Abs 1 Z 2 lit a UStG vorsteuerabzugsberechtigt ist. Das BFG vertritt unter Berufung auf einschlägige Judikatur und Literatur die Ansicht, dass zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer grundsätzlich nur jener Unternehmer berechtigt ist, der im Zeitpunkt der Einfuhr die umsatzsteuerliche Verfügungsmacht über den eingeführten Gegenstand innehat. Der umsatzsteuerlich Verfügungsberechtigte bei einem Mietvertrag ist der Vermieter. Vorsteuerabzugsberechtigt ist daher – so das BFG – nur dieser, auch wenn die Einfuhr durch den Mieter erfolgt.

BFG 6. 5. 2024, RV/1100121/2017

Sachverhalt

Bei der Beschwerdeführerin (Bf) handelt es sich um eine inländische Unternehmerin. Die Bf ist im Bereich der Vermietung von Arbeitsbühnen, Teleskopbühnen, Stapler sowie anderer Geräte tätig. Gemeinsam mit anderen Unternehmen hat die Bf in Österreich, in Liechtenstein und in der Schweiz Hebebühnen, Scherenbühnen, Teleskopbühnen, Stapler und andere Geräte vermietet. Die vermieteten Geräte stehen im Eigentum der verschiedenen Unternehmen. Sie werden sich jeweils gegenseitig im Rahmen von Mietverträgen zur Verfügung gestellt. Dabei erfolgen immer wieder Ein- und Ausfuhren. Für die von Liechtenstein oder der Schweiz nach Österreich gebrachten Geräte sind sogenannte Proformarechnungen ausgestellt worden, die den jeweiligen Zeitwert und eine genaue Bezeichnung der Geräte beinhalten. Der angeführte Zeitwert bildete die Grundlage für die Berechnung der Einfuhrumsatzsteuer, die vom Zollamt vorgeschrieben und folglich von der Bf bezahlt wurde. In der Buchhaltung der Bf fanden die Proformarechnungen keinen Niederschlag. Die Einfuhrumsatzsteuern wurden auf ein eigenes Konto gebucht und in den monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen und den Jahreserklärungen der Bf geltend gemacht. Die belangte Behörde verwehrte den Vorsteuerabzug. Begründend führte sie aus, dass nur der wirtschaftlich Verfügungsberechtigte die Einfuhrumsatzsteuer in Abzug zu bringen berechtigt ist. Strittig ist nunmehr, ob die Bf als Mieterin der Geräte die Einfuhrumsatzsteuer in Abzug bringen darf.

Entscheidung des BFG

Gem § 1 Abs 1 Z 3 UStG unterliegt die Einfuhr von Gegenständen der Umsatzsteuer. Eine solche Einfuhr liegt vor, wenn ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, ausgenommen die Gebiete Jungholz und Mittelberg, gelangt. Nach § 12 Abs 1 Z 2 lit a UStG kann der Unternehmer die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen eingeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Der Vorsteuerabzug für die Einfuhrumsatzsteuer steht einem Unternehmer aber nur dann zu, wenn die Gegenstände für sein Unternehmen eingeführt wurden. Das BFG führt unter Verweis auf zahlreiche Literatur- und Judikaturquellen aus, dass nach herrschender Ansicht zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer grundsätzlich nur jener Unternehmer berechtigt ist, der im Zeitpunkt der Einfuhr die umsatzsteuerliche Verfügungsmacht über den eingeführten Gegenstand innehat. Abzugsberechtigt ist daher – so das BFG – nicht derjenige, der die Einfuhrumsatzsteuer nach zollrechtlichen Vorschriften schuldet, sondern der Unternehmer, für dessen Unternehmen der Gegenstand bestimmt ist. Nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind folglich Personen, die lediglich bei der Einfuhr mitwirken, ohne umsatzsteuerlich die Verfügungsmacht über den eingeführten Gegenstand zu erlangen (Spediteure, Frachtführer, Zolldienstleister, Handelsvertreter), auch wenn diese Personen Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer auf Grund einer zollrechtlichen Unregelmäßigkeit geworden sein sollten oder die Gegenstände vorübergehend auf Lager nehmen. Wenn der Einfuhr ein Mietvertrag zugrunde liegt, ist umsatzsteuerlich Verfügungsberechtigter der Vermieter, weshalb auch nur dieser vorsteuerabzugsberechtigt ist, auch wenn die Einfuhr durch den Mieter erfolgt (BFH 16. 3. 1993, V R 65/89). Bei Einfuhr aufgrund anderer Nutzungsverhältnisse gilt Entsprechendes.

Im Erkenntnis vom 18. 10. 2018, Ro 2017/15/0022 hat sich der VwGH mit der Abzugsfähigkeit von Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer auseinandergesetzt. Unter Hinweis auf die Rsp des EuGH in der Rs DSV Road führte der VwGH aus, dass für Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer entscheidend sei, ob die Gegenstände für das Unternehmen des Abgabepflichtigen eingeführt wurden. Maßgeblich sei, ob die eingeführten Gegenstände für die Zwecke der besteuerten Umsätze des Steuerpflichtigen verwendet wurden. Diese Voraussetzung sei nur erfüllt, wenn die Kosten der Eingangsleistungen auch Eingang in den Preis der Ausgangsumsätze oder in den Preis der Gegenstände oder Dienstleistungen finden, welche der Steuerpflichtige im Rahmen seiner Tätigkeit liefert bzw erbringt. Das BFG weist weiters darauf hin, dass der VwGH in seinem Erkenntnis vom 24. 3. 2015, 2013/15/0238 die Ansicht vertrete, dass sich die Aussagen des EuGH zu dem in Art 168 lit a MwStSystRL geregelten Tatbestand der Lieferung von Gegenständen ohne Weiteres auch auf die Einfuhrumsatzsteuer übertragen lassen. Diese Rechtsansicht bestätigte der VwGH in seinen Folgeentscheidungen. Auch der BFH vertrete die Ansicht, dass der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs 1 dUStG voraussetzt, dass dem Unternehmer die Verfügungsmacht an dem eingeführten Gegenstand zusteht. Die Rsp des EuGH gebe darüber hinaus keinen Anlass dazu, auf das Merkmal der umsatzsteuerlichen Verfügungsmacht zu verzichten. Im konkreten Fall haben die Bf und die im Drittland befindlichen Unternehmen Mietverträge über Arbeitsbühnen, Scherbühnen, Teleskopbühnen etc abgeschlossen. Diese Gegenstände wurden für die Mietdauer von den Drittlandsunternehmen in das Inland eingeführt. Erst daraufhin wurden mit diesen Geräten aufseiten der Bf Umsätze erzielt.

Auf die Preisgestaltung der von der Bf am Markt angebotenen Leistungen hatten die von der ausländischen Unternehmerin zu bezahlenden Eingangsabgaben in Form der Einfuhrumsatzsteuer keinen Einfluss. Eingangsleistungen in Gestalt einer Einfuhrumsatzsteuer kann der leistende Unternehmer im Gegenzug wieder als Vorsteuer geltend machen. Sowohl das UStG, die herrschenden Kommentarmeinungen als auch der VwGH in seiner diesbezüglichen Judikatur stellen – so das BFG – in Bezug auf das Recht des Vorsteuerabzugs der Einfuhrumsatzsteuer unisono auf die umsatzsteuerliche Verfügungsmacht im Zeitpunkt der Einfuhr ab. Liegt der Einfuhr – wie im konkreten Fall – ein Mietvertrag zugrunde, ist der Vermieter als umsatzsteuerlich Verfügungsberechtigter anzusehen. Das Recht auf Vorsteuerabzug steht daher ihm zu. Die ordentliche Revision wird zugelassen, da die Judikatur des EuGH hinsichtlich der Frage, ob die umsatzsteuerliche Verfügungsmacht für den Vorsteuerabzug notwendig ist, auch eine andere Lesart bzw Auslegung zulässt.

Conclusio

Das BFG hatte sich in dieser Entscheidung mit der Frage zu beschäftigen, wer im Falle einer Einfuhr zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt ist, wenn der Einfuhr ein Mietvertrag zugrunde liegt. Als Vorsteuerabzugsberechtigter würde theoretisch sowohl der Vermieter als auch der Mieter des eingeführten Gegenstandes in Betracht kommen. Das BFG hat sich im Ergebnis der wohl sachgerechten Rechtsansicht des BFH angeschlossen, der im Falle eines Mietvertrags bei der Einfuhr den Vermieter umsatzsteuerlich als den Verfügungsberechtigten und damit Vorsteuerabzugsberechtigten ansieht. Die Revision wurde bereits eingebracht (in der FINDOK noch keine GZ ersichtlich). Die Entscheidung des VwGH bleibt daher mit Spannung abzuwarten.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35773 vom 21.08.2024