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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
DBA-Deutschland: Art 15, Art 18
Abstract
Das BFG hatte zu beurteilen, ob Österreich (Ö) eine Abfindung, die eine in Ö ansässige Angestellte eines deutschen Unternehmens nach Erreichen ihres Pensionsalters erhielt, besteuern darf. Nach Ansicht des BFG darf Ö diese Einmalzahlung besteuern, weil sie im Zuge des Eintritts in den Ruhestand gezahlt wurde und zumindest teilweise der Versorgung der Empfängerin dient.
BFG 28. 4. 2025, RV/2100873/2019
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf) war in den Jahren 2000–2007 in D angestellt und im Streitjahr 2017 in Ö ansässig. Während des Dienstverhältnisses von 2000–2007 zahlte die Arbeitgeberin in Form einer Entgeltumwandlung monatliche Beiträge zur Altersvorsorge der Arbeitnehmerin in eine Pensionskasse ein. Diese Beiträge wurden in D steuerfrei behandelt. Im Jahr 2017 erhielt die Bf nach ihrem Pensionsantritt im Alter von 64 Jahren nach Abzug von deutscher Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag eine Kapitalabfindung in Form einer Einmalzahlung iHv 15.579,53 € ausbezahlt.
Vor Auszahlung dieses Einmalbetrages wandte sich die Bf an das Finanzamt (FA) in Ö bzgl einer möglichen Besteuerung und erhielt die Information, dass diese Einmalzahlung in Ö nicht besteuert wird. Nachdem das FA später durch den internationalen Informationsaustausch von der Höhe der ausländischen Einkünfte erfahren hatte, wurden diese dann aber dennoch in Ö besteuert.
Entscheidung des BFG
Nach innerstaatlichem Recht handelt es sich bei der Auszahlung der Kapitalabfindung um steuerpflichtige Einkünfte aus einem früheren Dienstverhältnis gem § 25 Abs 1 Z 1 lit a Satz 1 iVm § 25 Abs 1 Z 2 lit b EStG 1988. Fraglich ist aber die abkommensrechtliche Beurteilung, somit die Subsumtion unter Art 15 oder 18 DBA-Deutschland, die sich gegenseitig ausschließen. Nach Ansicht des BFG ist Art 18 DBA-Deutschland die einschlägige Verteilungsnorm, sodass die Zahlung nur im Ansässigkeitsstaat (somit in Ö) zu besteuern ist.
Grds ist Art 18 DBA-Deutschland nur anwendbar, wenn eine Person früher als Arbeitnehmer Einkünfte gem Art 15 DBA-Deutschland bezogen hat. Beide Verteilungsnormen setzen einen Kausalzusammenhang zu der früheren Tätigkeit voraus. Für den Bezug eines Ruhegehalts ist jedoch der Übertritt in den Ruhestand erforderlich.
Dabei ist eine Abfindungszahlung unter Art 18 DBA-Deutschland zu subsumieren, wenn sie einen Versorgungscharakter hat. Handelt es sich demgegenüber um eine Nachzahlung von Löhnen oder wird sie für die Auflösung des Arbeitsvertrages gewährt, ist die Besteuerung entsprechend dem Kausalitätsprinzip je nach geleisteter aktiver Tätigkeit auf den Ansässigkeits- und Quellenstaat aufzuteilen. Der Wortlaut „ähnliche Vergütungen“ ermöglicht es, auch nicht periodische Zahlungen unter Art 18 DBA-Deutschland zu subsumieren. Wie der Abfindungsbetrag finanziert wurde, ist genauso irrelevant wie der Zeitpunkt der Auszahlung.
Die Arbeitgeberin räumte der Bf eine betriebliche Altersvorsorge ein. Der Versorgungscharakter ist daher unverkennbar. Für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens der versorgungsberechtigten Angestellten wurde vereinbart, dass der Anspruch nicht verfällt. Zudem handelt es sich um keine Nachzahlung von Löhnen nach Beendigung des Angestelltenverhältnisses. Es besteht daher kein Veranlassungszusammenhang zur früheren aktiven Tätigkeit. Im Ergebnis ist daher die Abfindungszahlung unter Art 18 DBA-Deutschland zu subsumieren.
Die an die deutsche Behörde abgeführte Lohnsteuer einschließlich des Solidaritätszuschlags führt zu keiner Verminderung der steuerpflichtigen Einkünfte gem § 20 Abs 1 Z 6 EStG 1988.
Conclusio
Die Frage nach der Abgrenzung der Art 15, 18 und 21 OECD-MA nachgebildeten DBA-Verteilungsnormen stellt sich immer wieder. Vorliegend geht es um Abgrenzungsfragen in Bezug auf eine Kapitalabfindung aus einer freiwilligen betrieblichen Altersvorsorge durch Entgeltumwandlung. Das BFG schließt sich vorliegend der österr Finanzverwaltung (BMF 5. 8. 1994, EAS 484; 8. 3. 1996, EAS 854; 22. 4. 1996, EAS 863; 10. 2. 1997, EAS 1013; 31. 8. 1998, EAS 1320; 30. 9. 1998, EAS 1342; 12. 10. 1998, EAS 1353; 5. 7. 1999, EAS 1463; 21. 6. 1999, EAS 1476; 2. 7. 1999, EAS 1478; 21. 9. 2001, EAS 1932; 10. 12. 2002, EAS 2173; 20. 4. 2006, EAS 2715; 13. 10. 2011, EAS 3248), der hA in der Lit (vgl die Nachweise bei Schmidjell-Dommes in Aigner/Kofler/Tumpel [Hrsg], DBA2 [2019] Art 18 Rz 26 ff) und der Ansicht der OECD (Art 18 Z 6 OECD-MK) an, indem es die Abfindung mit Blick auf ihren Versorgungscharakter unter Art 18 DBA-Deutschland subsumiert. Dabei kann aber im Einzelfall kritisch sein, dass es nicht immer klar ist, wann überhaupt, wann ausschließlich und wann auch ein Versorgungscharakter vorliegt. Denn je nach Ausgestaltung der Abfindung kann die Zahlung als finanzielle Überbrückung der Arbeitslosigkeit, als Absicherung des Lebensunterhalts des Arbeitnehmers oder der nahen Angehörigen im Falle eines frühen Todes des Arbeitnehmers qualifiziert werden (vgl am Beispiel der multifunktionalen Ausgestaltung der „Abfertigung neu“ insb Knotzer, Die Einzahlungsphase im Rahmen der „Abfertigung neu“ bei deutsch-österreichischen Grenzgängern, SWI 2021, 621 [623]).