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BFG zur abkommensrechtlichen Einordnung einer Abfindung

Bearbeiter: Benjamin Beer

DBA-Deutschland: Art 15, Art 18, Art 21

Abstract

Das BFG hatte zu beurteilen, welche Verteilungsnorm des DBA-Deutschland auf Kapitalabfindungen für Anwartschaften auf Altersvorsorgeleistungen anwendbar ist. Nach Ansicht des BFG ist die Abfindung einer betrieblichen Rentenzusage abkommensrechtlich gleich wie die Rentenzusage selbst zu behandeln. Die Kapitalabfindung fällt daher unter Art 18 DBA-Deutschland.

BFG 24. 10. 2024, RV/7103107/2021

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) war in den Jahren 2000–2014 in Österreich (Ö) ansässig und als Flugbegleiterin für die Deutsche Lufthansa AG (idF Lufthansa) tätig. Nach den in diesem Zeitraum geltenden Tarifverträgen der Lufthansa hatte die Bf eine Anwartschaft auf die besondere Altersversorgung der Versorgungskasse Kabine und auf die Betriebsrente für das Kabinenpersonal. Bei beiden Altersversorgungen bestand jedoch auch die Wahlmöglichkeit einer Kapitalabfindung per Einmalzahlung, welche die Bf im Jahr 2015 – nach Ende des Dienstverhältnisses mit der Lufthansa – wahrnahm. Die Abfindungen wurden jeweils 2015 ausbezahlt, wobei in Deutschland (D) Quellensteuer einbehalten wurde. Nach Ansicht der Bf waren die Abfindungen nach Art 15 DBA-Deutschland in D zu besteuern. Das Finanzamt (FA) war demgegenüber der Ansicht, Ö habe nach Art 18 oder Art 21 DBA-Deutschland (idF DBA-D) ein Besteuerungsrecht daran.

Entscheidung des BFG

Unstrittig handelt es sich bei den Kapitalabfindungen für beide Anwartschaften um steuerpflichtige Einkünfte aus einem früheren Dienstverhältnis nach § 25 Abs 1 iVm § 67 Abs 10 EStG. Strittig ist daher nur die abkommensrechtliche Beurteilung, somit die Subsumtion unter Art 15, Art 18 oder Art 21 DBA-D. Nach Ansicht des BFG ist Art 18 DBA-D die anzuwendende Verteilungsnorm. Denn diese erfasst laufende Rentenleistungen. Sind aber laufende Rentenzahlungen erfasst, muss auch die Abfindung einer solchen Rentenzahlung erfasst sein. Unbeachtlich ist, ob das Pensionsantrittsalter bereits erreicht wurde.

Wird jedoch die Anwendung des Art 18 DBA-D verneint, würden die Kapitalabfindungen unter Art 21 DBA-D und nicht unter Art 15 DBA-D fallen. Die Kapitalabfindungen haben nämlich – entsprechend der Beweiswürdigung – einen Versorgungszweck, sodass diese kein unter Art 15 DBA-D fallendes Entgelt für eine früher ausgeübte Tätigkeit darstellen. Es besteht kein Veranlassungszusammenhang zwischen den Kapitalabfindungen und der bisher ausgeübten Tätigkeit. Die Abgrenzung zwischen Art 18 und Art 21 DBA-D ist nach Ansicht des BFG aber unerheblich, weil die Rechtsfolgen jeweils ident sind.

Im Ergebnis hat nach Ansicht des BFG Ö das ausschließliche Besteuerungsrecht an den Abfindungszahlungen; die in D erhobene Steuer wirkt sich nicht auf die Bemessungsgrundlage aus und kann allenfalls in D rückerstattet werden. Das BFG weist die Beschwerde daher ab. Da der VwGH sich noch nicht mit der abkommensrechtlichen Einordnung von Abfindungen der Anwartschaften auf eine der Altersversorgung dienenden Betriebsrente nach Beendigung des Dienstverhältnisses zu befassen hatte, erklärt das BFG die Revision für zulässig.

Conclusio

Die Abgrenzung der Verteilungsnormen der den Art 15, Art 18 und Art 21 OECD-MA nachgebildeten Bestimmungen ist ein „Dauerbrenner“ des Abkommensrechts. Vorliegend stellen sich die Abgrenzungsfragen in Bezug auf Abfindungen der Anwartschaften auf eine der Altersversorgung dienenden Betriebsrente nach Beendigung des Dienstverhältnisses. Indem das BFG diese unter Art 18 DBA-D subsumiert, schließt es sich der Ansicht der österr Finanzverwaltung (EAS 3400, 3. 8. 2018), der hA in der Lit (mwN Schmidjell-Dommes in Aigner/Kofler/Tumpel (Hrsg), DBA3 [2019] Art 18 Rz 26) und der Ansicht der OECD (Art 18 Z 6 OECD-MK) an.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36315 vom 22.01.2025